Eine Tiefe Am Himmel
Ein paar Barrieren, ein paar Minen, und wir wären glatt gestoppt worden.«
»Klar. Doch andere Dinge werden sich auch verändern. Das ist das letzte Dunkel, das die Spinnheit im Schlaf verbracht hat. Nächstes Mal werden es nicht nur vier Kupps in Vakuumanzügen sein.
Alle Zivilisationen werden wach bleiben. Wir werden das Dunkel kolonisieren, Hrunkner.«
Unnerbei lachte, offensichtlich glaubte er es nicht. Er winkte Unterberg zu der Felsspalte hin und zu der Tiefe darunter. So erschöpft er war, würde der Feldwebel als letzter nach unten kommen, die letzten Barrieren setzen.
Scherkaner warf einen letzten Blick auf das graue Land und die Bänder unmöglichen Nordlichts, die darüber hingen. So tief, so hoch, so viel zu lernen noch.
NEUN
Ezr Vinhs Kindheit war im Allgemeinen behütet und sicher gewesen. Nur einmal war sein Leben in Gefahr gewesen, und das infolge eines kriminell dummen Zufalls.
Sogar nach Dschöng-Ho-Maßstäben war die Familie Vinh.23 sehr weit verbreitet. Es gab Zweige der Familie, die einander Jahrtausende lang nicht die Hand gereicht hatten. Vinh.23.4 und Vinh.23.4.1 hatten sich den größten Teil dieser Zeit den halben Weg quer durch den Menschenraum entfernt befunden, ihre Vermögen gemacht und ihre eigenen Sitten entwickelt. Vielleicht wäre es besser gewesen, nach all der Zeit keine Synch zu versuchen – außer dass ein glücklicher Zufall so viele Leute von allen drei Zweigen bei Alt-Kielle zusammengeführt hatte, und alle zur selben Zeit. Also hielten sie sich ein paar Jahre auf, bauten Temps, die die meisten ortsansässigen Zivilisationen als Palasthabitate bezeichnet hätten, und versuchten herauszufinden, was aus ihrem gemeinsamen Hintergrund geworden war. Vinh.23.4.1 war eine konsensuelle Demarchie. Das wirkte sich nicht auf ihre Handelsbeziehungen aus, aber Tante Filipa war empört gewesen. »Niemand wird mir die Eigentumsrechte wegstimmen«, hatte der kleine Ezr sie sagen gehört. Vinh.23.4 schien den Zweigen, die Ezrs Eltern kannten, viel näher zu sein, obwohl ihr Dialekt des Nese fast unverständlich war. Die 23.4-Familie hatte sich nicht die Mühe gemacht, die über Funk verbreiteten Standards getreulich zu verfolgen. Aber die Standards waren – sogar in noch stärkerem Maße als die Schwarzen Kundenlisten – wichtige Dinge. Bei einem Picknick überprüfte man die Raumanzüge der Kinder und ließ sie von der Automatik gegenprüfen, aber man rechnete nicht damit, dass ›Atmosphärensekunden‹ für die Luft der Vettern etwas anderes bedeutete als für die eigene. Ezr war um einen kleinen Felsbrocken herumgeklettert, der den Picknick-Planetoiden umkreiste; ihn hatte die Art und Weise verzaubert, wie er seine eigene kleine Welt sich unter seinen Händen und Füßen bewegen lassen konnte, statt umgekehrt. Doch als seine Luft knapp wurde, hatten seine Spielgefährten schon ihre eigenen Welten in der Felswolke gefunden. Der Picknick-Überwacher ignorierte die Hilferufe seines Anzugs, bis das Kind darin nahezu am Ende war.
Ezr erinnerte sich nur daran, dass er auf einer neuen, speziell hergestellten Krankenstation erwacht war. Danach war er ungezählte Kilosekunden lang wie ein König behandelt worden.
Und so war Ezr Vinh immer in froher Stimmung aus dem Kälteschlaf erwacht. Er litt an der üblichen Desorientierung, dem üblichen körperlichen Unwohlsein, doch Kindheitserinnerungen gaben ihm Sicherheit, dass, wo immer es sich befand, alles gut sein würde.
Zunächst war es dieses Mal nicht anders, höchstens vielleicht sanfter als üblich. Er lag fast schwerelos gemütlich in einem warmen Bett. Er hatte den Eindruck von Raum, einer hohen Zimmerdecke. An der Wand bei dem Bett war ein Gemälde… so exakt wiedergegeben, es hätte ein Foto sein können. Trixia hat diese Bilder verabscheut. Der Gedanke sprang ins Bewusstsein, lieferte einen Kontext für sein Erwachen. Trixia. Triland. Die Mission zum Ein-Aus-Stern. Und das war nicht das erste Erwachen dort. Es hatte sehr schlechte Zeiten gegeben, den Überfall der Aufsteiger. Wie hatten sie das überwunden? In einem kaputten Lander durch die Dunkelheit treiben. Parks Flaggschiff zerstört. Trixia …
»Ich denke, das hat ihn herausgeholt, Hülsenmeister.« Eine Frauenstimme.
Äußerst widerwillig wandte er den Kopf der Stimme zu. Anne Reynolt saß an seinem Bett, und neben ihr Tomas Nau.
»Ah, Anwärter Vinh. Es freut mich, Sie wieder unter den Lebenden zu sehen.« Naus Lächeln war besorgt und ernst.
Ezr
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