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Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Titel: Eine tödliche Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Limar
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Missgeschick widerfahren. Mit noch unsicheren Bewegungen rappelte sie sich hoch. Ich hielt es jedoch für besser, ihr meine Hilfe anzubieten.
    "Geht es wieder? Soll ich einen Krankenwagen rufen?", fragte ich, während dessen bereits nach meinem Handy tastend.
    "Nein, lass das!", wehrte sie ab und stieß schroff meine Hand weg. "Ich komme schon klar." Trotz ihrer abweisenden Haltung zögerte ich, sie einfach ihrem Schicksal zu überlassen.
    "Was willst du jetzt machen?", duzte ich sie nun ebenfalls. Vermutlich hielt sie mich noch für eine Studentin. So total falsch lag sie damit nicht.
    "Ich gehe nach Hause und lege mich vielleicht kurz hin. Weit habe ich es ja nicht. Ich wohne gleich da drüben." Sie deutete auf eine Jugendstilvilla hinter uns. Für eine Studentin war das eine noble Adresse. Wahrscheinlich lebte sie noch bei ihren Eltern. Ich beschloss, sie bis zur Haustür zu begleiten. Da ich ohnehin zu spät zur Arbeit kommen würde, kam es auf die paar Minuten auch nicht mehr an. Immerhin akzeptierte sie meine Begleitung. Daran, wie schwer sie sich auf meinen Arm stützte, merkte ich, wie dringend sie diese auch noch brauchte. An der Tür angekommen, atmete sie erleichtert auf und entspannte sich etwas. Dann schaute sie mich zum ersten Mal richtig an.
    "Vielen, vielen Dank für Deine Hilfe. Das war wirklich sehr lieb von Dir. Ich bin übrigens Melissa." Sie lächelte erwartungsvoll, und ihr hübsches Gesicht wirkte plötzlich weich und kindlich.
    "Ich bin Iris, Iris Forster", erwiderte ich durch ihren Stimmungsumschwung regelrecht überrumpelt. Aus einem plötzlichen Impuls heraus reichte ich ihr meine Visitenkarte. "Falls du wieder mal Hilfe brauchst ... Es ist nicht weit von hier." Sie studierte die Visitenkarte gründlich und schaute mich dann mit einer Mischung aus Überraschung und Skepsis an. "Du bist also Psychologin?" Ich nickte. Ihr Blick drückte immer noch Zweifel aus, doch dann lächelte sie wieder. "Ich glaube, ich werde darauf zurückkommen."
    Beschwingt machte ich mich auf den Weg in die Praxis. Zwar würde ich mich verspäten, doch ich hatte eine neue Patientin gewonnen. Hätte ich geahnt, was dadurch in den darauffolgenden Wochen und Monaten auf mich zukommen sollte, hätte ich wohl nicht so euphorisch reagiert. Es war der Beginn eines sehr realen Alptraumes, aus dem es leider so bald kein gnädiges Erwachen geben sollte.

2.
    Zehn Minuten später kam ich in der Praxis an. Sie befand sich im Erdgeschoss eines geräumigen Hauses aus der Gründerzeit und war mit zwei Therapieräumen, einem Gruppenraum, einem Wartezimmer sowie Küche, Bad und Patiententoilette sehr großzügig dimensioniert. Bei meiner finanziellen Situation hätte ich mir derart luxuriöse Räumlichkeiten niemals leisten können. Vermutlich wäre ich sogar noch auf Stellensuche gewesen, wenn mir Ruth nicht zu wirklich günstigen Konditionen eine Praxisgemeinschaft angeboten hätte. Ihr gehörten Praxis und Haus, sie lebte mit ihrem Ehemann in der oberen Etage.
    Ich konnte mein Glück über diese Chance kaum fassen. Nicht einmal die ätzenden Bemerkungen meines Freundes Marko vermochten meine Laune zu trüben. "Die will dich doch nur, weil sie keine Götter neben sich duldet! Dich kann sie klein halten. Vermutlich wird sie demnächst die Putzfrau entlassen und du darfst dann vor lauter Dankbarkeit jeden Tag die Praxis schrubben", meinte er hämisch. Die Putzfrau ist immer noch da, Marko nicht mehr. Mein Umzug nach Berlin besiegelte das längst fällige Ende unserer Beziehung.
    Kennengelernt hatte ich Ruth vor neun Monaten bei einem von ihr geleiteten Weiterbildungskurs zur klinischen Hypnose. Einen Platz in diesem Kurs zu ergattern, war nicht leicht gewesen, da er schon lange vor Beginn ausgebucht gewesen war. Ich hatte auch bald begriffen, warum das so war: Ruth brannte für das, was sie den Teilnehmern vermittelte und riss sie so unweigerlich mit. Zwar hatte ich zuvor bereits ihre Bücher gelesen, doch sie nun persönlich zu erleben, war noch einmal etwas ganz Anderes gewesen. In einer Pause hatte Ruth beiläufig erwähnt, dass sie nach einer Kollegin oder einem Kollegen für ihre Praxis suchen würde. Sie wollte sich stärker auf ihre wissenschaftliche Arbeit konzentrieren und eine halbe Praxisstelle abgeben. Amüsiert hatte ich beobachtet, wie viele der Kursteilnehmer plötzlich heftig mit den Hufen zu scharren begannen. Ich hatte mir nicht die geringsten Chancen ausgerechnet, da Ruth sicher nicht mit einer Berufsanfängerin

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