Eine tollkuehne Lady
gesagt hatte über die gegenwärtige Auseinandersetzung ihres Gemahls mit den Briten auf der einen Seite und Baji Rao auf der anderen. Vermutlich sehr wenig.
Dann folgte sie den Freundinnen in den eigentlichen Harem, einen Ort des Staunens.
Von den prachtvollen Gärten bis zu den lotusförmigen Becken, die mit Wasserlilien bestreut waren, von den verspielten Pavillons bis zu den geschwungenen Kolonnaden war der königliche Harem ein luftiger Ort, der dem Nichtstun, dem Luxus und der Entspannung gewidmet war.
Es gab Räume für Kunst und Musik, Malerei und Tanz sowie Höfe zum Reiten, Bogenschießen und für ein lebhaftes Ballspiel, das dem Tennis sehr ähnlich war. Es gab einen Tempel für die Damen, klein, aber sehr schön, der der Göttin Parvati gewidmet war, und wunderschöne Kinderzimmer voller glücklicher Kinder. Es war sogar ein Gerichtssaal eingerichtet worden, wo die Maharani sich Fälle anhörte, die von den weiblichen Bewohnern ihres Reiches vorgebracht wurden.
Außerdem wimmelte es nur so von zahllosen Schoßtieren - kleine Affen, zahme Hirsche, bunte Papageien in Käfigen. Die Damen hatten die Vögel allerlei komische Tricks gelehrt, aber es fiel Georgie schwer, darüber zu lächeln.
Wie schön es auch sein mochte, wie friedlich und sicher, dieser Ort war dennoch ein Gefängnis.
Georgie erwähnte ihre Gedanken jedoch nicht und war gewillt, nicht zu vergessen, dass dies nur ihre englische Sichtweise der Dinge war. Es war offensichtlich, dass Meena vor Glück strahlte, und Lakshmi schien überwältigt von der Schönheit dieses paradiesischen Reiches. Und zweifellos war es das Paradies im Vergleich zu dem strengen Regiment bei dem alten Balaram.
Die Mädchen sahen immer noch zu, wie die Konkubinen die Papageien ihre Tricks vorführen ließen, als plötzlich eine große schlanke Frau um die Vierzig aus dem Tempel kam, gefolgt von einer Schar Dienerinnen und Hofdamen.
„Oh nein“, flüsterte Meena und erbleichte. „Das ist Königin Sujana. “
„Tatsächlich? “, fragte Georgie interessiert und blickte genauer hin.
Die elegant wirkende Maharani trug einen dunklen indigofarbenen Sari, der durchsetzt war mit goldenen und silbernen Fäden wie der nächtliche Sternenhimmel. Sie war eine schöne Frau mit einem Edelstein als bindi auf der Stirn, besaß glattes nachtschwarzes Haar, auffallend blasse Haut und ernste Augen, die sie mit Khol umrandet hatte. In dem Moment jedoch, da sie erschien legte sich ein Schatten über die Heiterkeit im Harem.
Alle in Sichtweite hielten inne bei dem, was sie gerade taten, hörten auf zu spielen, zu tanzen, etwas vorzuführen, um sich vor der Königin zu verneigen, als fürchteten sie sich vor ihr. Die Musik verstummte. Selbst die Kinder unterbrachen ihr Spiel, als sie mit schnellen, entschlossenen Schritten die Gärten durchquerte.
„Verflixt, sie hat uns gesehen“, sagte Meena leise, als Königin Sujana stehen blieb und ihre dunklen Augen auf die Gruppe der Freundinnen richtete. „Ich fürchte, meine Lieben, dass ihre Majestät einen Gruß auf die alte Weise erwartet. “
„Von mir auch? “, meinte Georgie, doch da ein gewisser Diplomat sie beschuldigt hatten, Schwierigkeiten zu bereiten, war sie entschlossen, genau das zu vermeiden, vor allem wegen ihrer Freundin. Nein, es war leichter, die Sitte der mujira zu befolgen als ihre Majestät mit einem schlichten europäischen Knicks zu beleidigen.
„Aber ich werde nicht ihre Füße anfassen“, fügte Georgie leise hinzu.
„Und runter! “, befahl Lakshmi ebenso leise.
Neben ihren Freundinnen sank Georgie auf die Knie, als sich die Maharani ihnen näherte, und Meena zuliebe vollführte sie pflichtgemäß die traditionelle Verbeugung, bei der die Stirn beinahe den Boden berührte.
„Meena, wer sind diese Damen? “, erkundigte sich Königin Sujana, als sie vor ihnen verharrte. Ihr knapper Tonfall verriet, dass sie über die dargebrachte Ehrerbietung eine Spur geschmeichelt war.
„Majestät, dies sind meine Freundinnen aus Kalkutta“, antwortete Meena scheu.
„Ich wurde nicht um Erlaubnis gefragt. “
„Seine - Seine Majestät erlaubte es mir. “
„Hast du keine Erziehung genossen? Es spielt keine Rolle, was Johar sagt. Zuerst musst du mich fragen. So lautet das Protokoll hier. “
„J-ja, meine Königin. “
Georgie runzelte die Stirn, wagte aber nicht aufzusehen. Sie spürte den Zorn der Königin.
Arme Meena. Georgie bedauerte sie. Sie selbst hätte Königin Sujana nicht gern zur Feindin
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