Eine tollkuehne Lady
erzählt sie es überall in der Stadt herum.“
„Was wirst du ihr sagen?“
„Ich werde lügen“, erwiderte er knapp.
„Gut. Das kannst du ja, wenn du nur willst.“
„Nun, Liebling, ich arbeite für die Regierung“, murmelte er. Damit erhob er sich und lief mit nacktem Oberkörper zur Tür.
Beinahe hätte Georgie dagegen protestiert, dass er dieser Frau halbnackt gegenübertreten wollte, doch dann fiel ihr mit wachsendem Unmut ein, dass die beiden jahrelang ein Liebesverhältnis gehabt hatten. Es war also nicht so, als hätte „Tess“ ihn nicht schon längst so gesehen wie Gott ihn geschaffen hatte.
Kein Wunder, dass diese Frau nicht verschwinden wollte. Welche Frau von Verstand würde einen Mann wie Ian Prescott kampflos aufgeben wollen?
An der Tür wartete Ian, dass Georgie aufstand, um hinter ihm abzuschließen. Zweifellos hätte Lady Faulconer keine Bedenken, in sein Schlafzimmer zu stürmen, wenn sie nur konnte.
Georgie boxte mit einem leisen Fluch ein Kissen beiseite, während sie tat, was er von ihr verlangte.
Er bedeutete ihr, sich an der Seite zu verbergen, sodass sie nicht gesehen werden konnte, verließ dann das Schlafzimmer und zog die Tür hinter sich zu.
„Du bist aber ein böser Junge“, schalt Tess, als er zu ihr trat.
„Komm schon“, murmelte er. „Ich bringe dich zur Tür.“
„Au, ich wäre dir dankbar, wenn du mir nicht den Arm brechen würdest!“
Georgie schloss ab, blieb aber an der Tür stehen, um zutiefst empört zu lauschen. Noch immer hätte sie ihm am liebsten den Hals umgedreht, und Lady Faulconer gleich dazu, daher schloss sie wieder auf, öffnete die Tür einen Spaltbreit und spähte hinaus, als sich die Stimmen ein wenig entfernten.
Obwohl sie außerordentlich wütend war, wollte sie doch gern wissen, mit welcher Art von Frau er sich für gewöhnlich die Zeit vertrieb.
„Tess“ war mit einem beeindruckenden Hut gekommen, den sie abgenommen und auf einen Tisch gelegt hatte, aber Ian nahm ihn jetzt und trug ihn für sie, während er sie nicht besonders sanft am Ellenbogen zum Ausgang schob. Die Frau gab ein leises, empörtes „Oh!“, von sich, als Ian sie in den Gang hinter dem langen, schmalen Salon geleitete. Mr. Tooke folgte ihnen und entschuldigte sich dabei die ganze Zeit über bei seinem Herrn.
„Ist schon gut, Tooke. Wir wissen alle, dass die liebe Lady Faulconer zuweilen deutlich eigensinniger ist als die meisten anderen Frauen“, sagte Ian und stieß die Salontür mit dem Fuß hinter sich zu.
Georgie machte die Schlafzimmertür wieder zu, verschloss sie zur Sicherheit mit dem Schlüssel und lehnte sich dann mit dem Rücken dagegen. Sie verschränkte die Arme und blickte dann kopfschüttelnd ins Zimmer.
Dass er eine Geliebte hatte, damit hätte sie nicht gerechnet. Oder war es nicht nur eine? Und wer zum Teufel war Emily?
Das war alles sehr beunruhigend. Damit drängte sich die Frage auf, was sie sonst noch alles nicht über Ian wusste. Seufzend senkte sie den Kopf und rieb sich die Stirn, während sie daran dachte, wie nahe sie vor wenigen Momenten noch daran gewesen war, entjungfert zu werden.
Wäre das geschehen, hätte sie keine andere Wahl gehabt als ihn zu heiraten - einen Mann, den sie vielleicht doch nicht so gut kannte wie sie geglaubt hatte.
Gütiger Himmel, was mache ich nur?, fragte sie sich, als sie sich an seine Worte zurückerinnerte. „Du wirst mich heiraten.“
Mit neu erwachender Empörung hob sie den Kopf. Sie hatte sich wie eine Närrin benommen und war Seiner Lordschaft direkt in die Hände gefallen - wie ein dummes kleines Mädchen. Es war, als hätte er sie mit einem Zauber belegt, einem Aphrodisiakum, das in ihr den Wunsch weckte, seine Sklavin zu werden. Hatten die Ereignisse in Janpur sie so sehr verändert, dass sie sich plötzlich mit Vergnügen von einem Mann herumkommandieren ließ?
Der Ehestand ist ein Gefängnis ...
Vergiss nicht, ermahnte sie sich selbst und kniff die Augen zusammen, dies war der Mann, der dich unter Hausarrest gestellt hat.
Ja, er hatte ihr und ihren Brüdern das Leben gerettet, und er mochte überaus charmant sein, aber zuweilen konnte Ian Prescott sehr bestimmend sein. Sie sollte der Tatsache ins Auge sehen, dass sie sich vollkommen unter seine rechtmäßige Herrschaft begab, wenn sie ihn heiratete.
Für den Rest ihres Lebens.
Wie Tante Georgiana es so oft warnend in ihren Aufsätzen beschrieben hatte, machte die Ehe vor dem Gesetz aus zwei Personen eine - und diese Person war
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