Eine tollkuehne Lady
der Mann.
Georgie war ihrer Tante nie in ihrem Leben begegnet, aber in der Stille glaubte sie beinahe zu hören, was sie ihr jetzt raten würde: Du solltest lieber noch einmal darüber nachdenken, mein Mädchen. Du musst sicher, vollkommen sicher sein, ehe du etwas tust, das du nicht rückgängig machen kannst. Begehe nicht denselben Fehler wie ich und verschenke dich an einen herrischen Lord ...
Georgie seufzte und starrte ins Leere. Warum konnte niemals etwas einfach sein? Doch wie Ian selbst vorhin! gesagt hatte, kam dieser Heiratsantrag außerordentlich überraschend. Es stimmte, sie hatte davon geträumt, mit ihm zusammen zu sein, doch als sie vom Schiff gegangen war, hatte sie geglaubt, er würde sie verachten, und jetzt, wenige Stunden später, waren sie verlobt.
Dies war gewiss nicht der richtige Zeitpunkt, um unüberlegt zu handeln. Vielleicht sollte sie ein wenig gründlicher darüber nachdenken und sich nicht rückhaltlos in ein Abenteuer stürzen, so wie sie es bisher immer getan hatte. Jetzt ging es um eine Ehe. Das bedeutete, es ging um den Rest ihres Lebens. Wenn Ian wirklich etwas an ihr lag, dann würde er ihr zumindest soviel Zeit gewähren, bis sie in Bezug auf ihre Entscheidung sicher sein konnte.
Nachdem sie diesen Entschluss gefasst hatte, machte sie sich auf die Suche nach ihren Kleidern, um sich anzuziehen.
Matthew Prescott, der 16. Earl of Aylesworth, wurde von dem Streit, der von unten zu ihm hinauf tönte, geweckt. Er setzte sich in seinem gemütlichen Bett im Kinderzimmer auf und rieb sich verschlafen die Augen.
Er wusste nicht, wovon gesprochen wurde, aber beim Klang der Stimme seines Vaters fiel die Schläfrigkeit von ihm ab. Aufgeregt stieß er mit dem Fuß seine blaue Lieblingsdecke weg. Papa war wach!
Der Junge kletterte aus dem Bett und tappte auf bloßen Füßen zur Tür. Dann stellte er sich auf die Zehen, reckte sich, um die Türklinke zu erreichen und huschte lautlos hinaus, damit die Kindermädchen ihn nicht bemerkten.
Die Treppe führte hinunter zu dem langen, schmalen Salon, aber Papa war nicht da. Matthew hatte gehört, wie wütend die Tür zugeschlagen worden war, daher wusste er, dass sein Vater sich in der Halle befand.
Als er Stufe um Stufe die Treppe hinunterschlich und sich dabei am Geländer festhielt, erkannte er am Tonfall seines Vaters, dass die Person, mit der er sprach, die Dame mit dem Hut sein musste.
Matthew zog eine Grimasse.
Die Dame mit dem Hut kam häufiger zu Besuch, aber sie war nicht sehr nett. Matthew hatte immer gefunden, dass ihre Augen hart waren und glänzten wie die Kiesel im Fluss. Sie war nicht der Meinung, dass Kinder mit am Tisch essen sollten, und sie warf ihm kühle Blicke zu, wenn Papa gerade nicht hinsah.
Sie redete mit seinem Vater in einem klagenden Tonfall, der Matthew von dem Kindermädchen Schelte eingetragen hätte, hätte er so gesprochen. Beim Näherkommen hörte er ihre Worte, auch wenn er deren Inhalt nicht verstand.
„Tess, jetzt spiel nicht die Beleidigte“, schimpfte Papa. „Ich habe dich im Theater mit deinem neuen Freund gesehen.“
„Ach, der! Komm, Liebling, warst du eifersüchtig? Hat dich das heute Abend in die Arme einer anderen Frau getrieben?“
„Nein.“
„Verflixt, Griffith, ich habe monatelang darauf gewartet, dass du endlich von diesem scheußlichen Kontinent zurückkehrst, und jetzt beachtest du mich überhaupt nicht!“
„Tess, hast du mich nicht verstanden - es ist vorbei.“
In der Halle brach die Dame mit dem Hut in eine schrille Tirade aus, aber Matthew wurde abgelenkt, als die Tür zum Schlafzimmer seines Vaters geöffnet wurde und ein Mädchen herauskam.
Sie schloss die Tür leise wieder und ging zum Kamin. Die zierlichen Fäuste fest geballt, schritt sie auf und ab, wobei die Röcke ihres Kleides um ihre Fersen schwangen. Dann setzte sie sich ohne jede Vorwarnung plötzlich auf das Sofa.
Sie beugte sich vor, stützte die Ellenbogen auf die Knie und legte den Kopf einen Moment lang in die Hände, dann presste sie die Handballen auf die Ohren, als könnte sie es nicht mehr ertragen, wie Papa mit der anderen Frau stritt.
Was für eine seltsame Person!
Matthew zögerte, war unsicher, was diesen Neuankömmling betraf, und hielt sich daher weiter im Schatten der Treppe verborgen. Doch er war sehr neugierig auf diese seltsame, hübsche Dame, die da auf dem Sofa saß. Ihr langes Haar war so schwarz wie Ruß, und ihr Kleid war ganz schlicht und blau.
Er stellte fest,
Weitere Kostenlose Bücher