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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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bei der nächsten Kontrolluntersuchung am 5. September einfallen und beantwortet werden würden.
    Als er am Morgen des 3. beim Aufwachen sein langes Bein in Richtung Bettrand streckte, stieß er gegen den schlafenden Körper Annas. Er erschrak ein wenig. Er konnte sich nicht erinnern, mit ihr gemeinsam schlafen gegangen zu sein. Immer häufiger lag seine Frau neben ihm, wenn er die Augen öffnete, manchmal in seinem Schlafzimmer und manchmal in ihrem. Und das konnte nur bedeuten, dass ihre Wirte sich in den nächtlichen Stunden kennen gelernt hatten und die Situation, die sie in dasselbe Haus geführt hatte, ausnutzten.
    Es war beunruhigend. Es war beunruhigend, und es hatte einen erniedrigenden Beigeschmack, dass sein Körper mehrere Stunden lang durch einen fremden Willen gesteuert wurde, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Auf einen Ellbogen gestützt, beugte er sich über Anna und sah sie lange an. Er dachte darüber nach, wie es wohl wäre, wenn nicht Anna, sondern das afrikanische Mädchen mit dem unbekannten Namen vor ihm läge. Wie wäre dann ihr Lächeln? Wie würden ihre Augen glänzen, wenn sie ihn sähe und er nicht er selbst wäre, sondern der andere – der Mann aus Mali, der sie nachts liebte, wie er es mit Anna tat. Oder auf andere Weise? Auf wie viele unterschiedliche Arten konnte man Liebe machen?
    Er strich mit der Hand über die Rundung ihrer Hüfte, und Anna bewegte sich leicht, bis sie schließlich ihre Augen halb öffnete und ihm ihr weißes Lächeln schenkte.
    »Es gefällt mir, neben dir aufzuwachen«, flüsterte sie ihm zu.
    »Mir nicht.« Tòfol sprang aus dem Bett und ging wie immer als Erstes zum Spiegel.
    »Himmel, Tòfol! Nach so vielen Jahren fängst du an, dein gutes Benehmen zu verlieren.« Ihr Lächeln war verschwunden.
    »Ist dir denn nicht klar, was es bedeutet, dass wir im selben Bett aufwachen?«
    Sie starrte ihn an, ohne zu verstehen.
    »Es bedeutet«, fuhr er mit immer lauter werdender Stimme fort, »dass diese zwei Schwarzen, die uns während der Nacht besetzen, sich die Zeit damit vertreiben zu vögeln, während du und ich schlafen. Aus diesem Grund habe ich dich schon mehrmals gebeten, dich in deinem Schlafzimmer einzuschließen, wenn du ins Bett gehst.«
    »Aber … aber das nützt doch nichts, begreifst du das nicht? Wenn die andere aufwacht, muss sie doch nur den Schlüssel herumdrehen, und das war’s.«
    »Wenn du ihn gut versteckst, kann das nicht passieren.«
    »Ich verstecke ihn sehr gut, Tòfol. Nicht einmal du würdest ihn finden. Aber sie anscheinend schon. Und außerdem«, fügte sie hinzu und kam näher, um ihm den Rücken zu streicheln, »was interessiert es dich, Liebling? Wir haben ihre Körper, ihre Leben … im Grunde ist es doch ein Glück, dass sie sich gut verstehen, dass sie sich vielleicht sogar ineinander verliebt haben. Stell dir vor, sie würden sich hassen und er würde sie nachts schlagen …«
    »Wir müssen dem Wachdienst sagen, dass sie sie nicht zusammen lassen dürfen.«
    Sie seufzte, dann setzte sie sich an den Toilettentisch und ließ schweigend einige Minuten verstreichen. Sie wusste aus Erfahrung, dass das ihren Mann beruhigen würde und sie danach ein zivilisiertes Gespräch führen könnten. Tòfol zündete sich eine Havanna an und öffnete die Glastüren, um auf die Terrasse zu gehen und aufs Meer zu schauen.
    »Du hältst das nicht für eine gute Idee, stimmt’s?«, fragte er, ihr immer noch den Rücken zugewandt.
    »Es erscheint mir unnötig grausam, und außerdem können die Männer vom Wachdienst nicht unterscheiden, ob sie es sind oder wir.«
    »Das fehlte noch!« Tòfols altes Gesicht wäre jetzt rot angelaufen, und die Venen an seinem Hals hätten begonnen hervorzutreten. Sein jetziges Gesicht hatte kaum die Farbe verändert, nur seine Augen waren weit aufgerissen.
    »Werde nicht wütend, Tòfol, aber die Männer haben mir gesagt, dass sie uns schon oft nachts gesehen haben, wie wir auf der Terrasse etwas getrunken und uns auf Katalanisch unterhalten haben, wie immer. Woher sollen sie wissen, wer wer ist?«
    Überwältigt von dieser Neuigkeit ließ Tòfol sich in einen Korbsessel fallen.
    »Seit wann sprechen sie Katalanisch?«
    »Ich weiß es nicht. Von Anfang an, vermute ich. Du hast ja neulich auch entdeckt, dass du laufen kannst wie eine Antilope.«
    »Das liegt daran, dass ich wieder jung bin.«
    »Und weil es anscheinend etwas ist, das dieser Junge kann.« Es folgte eine lange Pause, die Anna dazu nutzte, sich die

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