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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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dich hierhin. Ich hole uns etwas zu trinken, ja?«
    Nach einer Minute kam er zurück, mit einer Flasche Champagner und zwei Gläsern aus so feinem Glas, dass sie aus Seifenblasen zu bestehen schienen.
    »Leben wir beide in diesem Haus?«, fragte er nach dem ersten Schluck, den sie getrunken hatten ohne anzustoßen, sich einfach nur in die Augen sehend.
    »Ja. Tagsüber sind wir ein altes Ehepaar. Cristòfol Peyró und Anna Saladriga.«
    »Woher weißt du das?« Die Panik überwältigte ihn mühelos. Wenn sie diese Dinge wusste, dann musste sie Zugang zum Geist der anderen Frau haben. Er dagegen wusste nicht das Geringste von seinen Tagen, weder von sich selbst noch von dem anderen Mann. Sie schien seine Furcht zu erraten und lächelte wieder.
    »Anna führt ein Tagebuch. Ich lese es jede Nacht. Daher weiß ich auch, dass sie Millionäre sind. Der Ehemann – du«, sie lächelte wieder, »besitzt alle möglichen Unternehmen. Sie haben zwei erwachsene Kinder, mehrere Enkel und sogar zwei Urenkel. Sie hat manchmal ein schlechtes Gewissen uns gegenüber, aber sie ist so glücklich, seit sie wieder jung ist, dass die Skrupel langsam verschwinden. Sie tröstet sich mit dem Gedanken, vielen unbekannten Menschen etwas Gutes getan zu haben. Unseren Familien.«
    Ein Knoten schnürte ihm die Kehle zu, und er richtete den Blick auf die Schatten im Garten. Sie sprach weiter:
    »Weißt du, wie viel sie für die … Operation gezahlt haben?«
    Er verneinte mit einem Kopfschütteln.
    »Eine Million Euro pro Person.«
    Er saß da und starrte sie mit aufgerissenen Augen und halb offenem Mund an, bis er endlich in der Lage war zu reagieren:
    »Meiner Familie haben sie zehntausend Euro versprochen, wenn der Transfer erfolgreich durchgeführt wird!«
    Sie lächelte wieder. Ein angespanntes, bitteres Lächeln.
    »Meiner auch. Und ich tat es. Ich tat es für zehntausend Euro. Um ihnen eine Zukunft zu geben. Und wenn sie uns nicht genommen hätten, hätte ich es sowieso schon für die tausend Euro, die sie uns gleich gaben, getan. Begreifst du? Tausend Euro, ein Leben.«
    Er zerschmetterte das Glas auf den Fliesen und sprang wütend auf.
    »Das ist ein Verbrechen.«
    »Ja. Aber wir können nichts tun.«
    »Ist alles in Ordnung?«, ertönte eine Männerstimme aus den Schatten.
    »Alles in Ordnung, Ricard«, antwortete sie auf Katalanisch. »Machen Sie sich keine Sorgen. Der Señor ist sehr temperamentvoll, das wissen Sie ja.«
    »Warum verstehe ich ihre Sprache?«, fragte er niedergeschlagen und ließ sich wieder auf den Liegestuhl fallen.
    »Ich weiß es nicht. Ich nehme an, das funktioniert genauso, wie sie unsere Fähigkeiten bekommen haben. Wenn Anna wollte, könnte sie jetzt Teppiche knüpfen, und ich kann jetzt Klavier spielen wie sie, wenn ich will. Was ist los mit dir?«
    Er hatte sich auf der Liege zurückgelegt und atmete mit offenem Mund.
    »Ich glaube, ich muss wieder nach oben. Es ist sicher schon spät.«
    »Ich begleite dich.«
    »Kommst du morgen?«, fragte er und ergriff voller Verzweiflung ihre Hand, während das Schwindelgefühl des nächsten Bewusstseinsverlusts ihn überwältigte.
    »Morgen, genau hier, sobald ich aufwache.«
    Sie gingen Arm in Arm die Treppe hinauf und stützten sich gegenseitig. Auf dem Treppenabsatz des ersten Stocks trennten sie sich:
    »Mein Zimmer ist hier links«, flüsterte sie. Und bevor er seine Türschwelle überquerte, fragte sie:
    »Wie heißt du?«
    »Abraham. Und du?«
    »Sarah.«
    Er hätte gerne noch gesagt, was für ein schöner Zufall das war, aber seine Beine verwandelten sich in Gummi, und er schaffte es kaum, sie weiter anzusehen.
    »Bonne nuit, Abraham. Gott segne dich«, hörte er sie noch sagen, bevor er im Nichts versank.
    Cristòfol Peyró war ein außergewöhnlicher Geschäftsmann: ehrgeizig, zielstrebig, innovativ, ein geborener Kämpfer. Doch trotz seines neuen Körpers, den er nunmehr seit mehr als drei Monaten bewohnte, war sein Gehirn nach wie vor zweiundachtzig Jahre alt. Manche Dinge verschwammen in seinem Denken, und er schaffte es nicht immer, das zu tun, was er sich vorgenommen hatte. Aus diesem Grund hatte er sich fast fünf Wochen nach dem Gartenfest immer noch nicht mit Doktor Mendoza in Verbindung gesetzt. Hin und wieder dachte er vage daran, dass er es tun musste, konnte sich aber nie genau erinnern, aus welchem Grund. Er hakte das Thema ab, indem er sich sagte, das sei nur eine in seiner Situation ganz natürliche Unruhe und dass ihm alle anstehenden Fragen

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