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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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ich. Du musst nur in den nächstbesten Spiegel schauen.«
    Sie fasste ihn grob bei der Hand und zog ihn ins Schlafzimmer.
    »Siehst du? Aber das ist nicht wichtig, Tòfol, wichtig ist das, was drin steckt. Du. Ich. Er. Oder sie«, fügte sie mit einem kleinen Lächeln hinzu. »Aber ich glaube, es wird ein Junge. Das fühle ich hier.« Sie legte die Hand auf ihren flachen Bauch.
    »Anna, lass mich darüber nachdenken, um Himmels willen. Gib mir ein bisschen Zeit. Bitte.«
    Anna umarmte ihn, und sie ließen sich zusammen auf das Bett fallen, ihre Augen waren feucht.
    Abraham sprang wütend auf, lief zur Wohnzimmertür und schaltete auf einen Schlag alle Lampen ein. Das Zimmer wurde erleuchtet, als wäre es helllichter Tag.
    »Auf gar keinen Fall!«, schrie er außer sich. »Niemals! Hörst du? Niemals! Eher töte ich dich, und danach mich selbst.«
    Sarah war es gewöhnt, wütende Männer zu sehen. Im Laufe ihrer Kindheit und Jugend hatte sie unzählige Male erlebt, dass Männer auf Ohnmacht, auf ausweglose Situationen mit Wut reagierten, mit zerstörerischem Zorn und blinden Schlägen, ohne nachzudenken, ohne die Schäden einzukalkulieren. Sie erschreckte sich ein wenig, aber mehr wegen des Kindes als wegen sich selbst. Ihr Vater hatte sie auch manchmal geschlagen, aber nie sehr schlimm: einige blaue Flecken oder ein paar Kratzer vielleicht, nichts von Bedeutung. Aber jetzt war sie zum ersten Mal schwanger, und sie wusste nicht, welchen Schaden eine Tracht Prügel ihrem Kind zufügen konnte. Deshalb zog sie sich auf das Sofa zurück und wartete, bis er so lange geschrieen und Dinge kaputtgeschlagen hatte, dass er sich beruhigen und wieder mit ihr reden konnte.
    »Nicht nur, dass sie uns gekauft haben wie Vieh auf einem Markt, jetzt wollen sie uns auch noch unsere Kinder wegnehmen! Sie glauben, sie haben alle Rechte, weil sie Geld haben. Der Euro ist ihr einziger Gott. Aber damit werden sie nicht durchkommen! Das lasse ich nicht zu!«
    Er machte ein paar große Sätze auf das Sofa zu, ergriff ihre Hand und zerrte sie auf die Füße.
    »Gehen wir! Gehen wir ins Meer und schwimmen hinaus! Es heißt, das sei ein süßer Tod. Wir werden nichts spüren.«
    Sie klammerte sich mit aller Kraft am Sofa fest, weinte und schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein, nein! Bitte, Abraham, um Gottes willen, ich bitte dich. Das ist Selbstmord, das ist Mord, das kannst du uns nicht antun! Du darfst dein Kind nicht töten!«
    »Es ist nicht mein Kind, verstehst du das nicht? Es ist das Kind dieser Weißen, die uns für eine Hand voll Euro gekauft und uns und unsere Familien betrogen haben. Es ist ein Kind des Teufels.«
    »Alle Kinder kommen von Gott.«
    Er gab ein grausames Lachen von sich:
    »Ja, genau. Das echte afrikanische Denken. ›Alle Kinder kommen von Gott.‹ Und wofür? Damit sie sterben wie die Tiere, noch bevor sie zwei Jahre alt sind. Entweder verhungern sie, oder sie verrecken an irgendeiner Krankheit.«
    »Dieses Kind wird sicher nicht verhungern, Abraham. Es wird aufwachsen wie ein Prinz – in einer europäischen Millionärsfamilie. Unser Kind wird all das bekommen, was wir niemals hatten. Und wenn es größer wird, kann es vielleicht unseren Leuten helfen.«
    »Wenn es größer wird, wird es außen schwarz sein, aber weiß im Inneren, Sarah, mach dir nichts vor. Es wird sein wie sie, und es wird sich einen neuen Körper kaufen, wenn sein eigener nicht mehr gut genug ist. Aber bis dahin wird es Gesetze geben, die es erlauben, die ursprüngliche Persönlichkeit völlig zu unterdrücken.«
    »Glaubst du?«, fragte Sarah sehr leise.
    »Ich bin nicht so naiv wie du.«
    Ein Räuspern an der Terrassentür ließ sie herumfahren:
    »Entschuldigen Sie, ist etwas passiert?«, fragte der Mann vom Sicherheitsdienst, der mit jeder Nacht, die verging, unsicherer wurde.
    »Lassen Sie sich nicht einfallen, noch einmal zu stören, oder sie können sich einen anderen Job suchen!«, schrie Abraham auf Spanisch.
    »Entschuldigen Sie, Don Cristòfol. Ich habe nur versucht, Ihre Anordnungen zu befolgen, aber es ist … es wird immer schwieriger.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Ricard. Mein Mann und ich haben einen ganz gewöhnlichen Ehestreit. Nichts Schlimmes. Drehen Sie nur beruhigt Ihre Runde«, intervenierte Sarah.
    »Ja, Señora. Entschuldigung noch einmal.«
    Erschöpft und verwirrt ließ Abraham sich vor ihr in einen Sessel fallen.
    »Vier Stunden pro Tag werden wir das Kind erziehen, Abraham. Das ist nicht viel, ich weiß, aber die

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