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Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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doch mehr waren als Gerüchte: dass beim Start eine Gruppe illegaler Kolonisten an Bord gelangt war, die sich seither in einem Unterschlupf im Maschinensektor versteckt hielt. Wenn die damals Kinder dabeigehabt hatten – und eine Menge Leute hatten versucht, mit ihren Kindern von der Erde zu entkommen –, dann waren diese Kinder inzwischen über zwanzig, und Pavlovs Geschichte konnte stimmen.
    Freese lag auf seinem Bett, die oberste Koje zum Glück, hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt und die Zimmerdecke dicht vor dem Gesicht und versuchte nachzudenken, wenn es schon mit dem Schlafen nicht klappen wollte. Die Luft war mal wieder zum Schneiden dick, und der dicke Pete unten hatte die Decke über den Kopf gezogen, rubbelte sich einen herunter und stöhnte so vernehmlich dabei, dass es doch jeder mitbekam.
    Was natürlich sorgfaltig bedacht sein wollte, war, wie er mit einer solchen Entdeckung umgehen würde, gesetzt den Fall, er stieß auf etwas Derartiges. Zweifellos würde das etwas sein, das einen dazu verpflichtete, dem Kommandanten Meldung zu erstatten. Was wiederum die Gefahr unangenehmer Fragen heraufbeschwor, die er so beantworten zu wissen musste, dass seine halblegalen Praktiken und Tauschgeschäfte nicht ruchbar wurden. Alles nicht so einfach.
    Pete stieß endlich seinen finalen Quieklaut aus und wurde still. Der Duft von Sperma breitete sich aus. Einen Moment lang war nichts zu hören als das immerwährende, alles durchdringende Summen derMaschinen, jener dunkle, leise Ton von weit her, der vor zwanzig Jahren begonnen hatte und seither nicht verklungen war.
    »Du solltest es mal mit ’ner Frau versuchen, Pete«, sagte Ricardo, der das Mittelbett gegenüber bewohnte. »Hat echt was.«
    Pete schlug schnaubend die Decke zurück. »Wenn ich deine Ratschläge hören will, werd ich’s dich wissen lassen, okay?«
    Es gab eigentlich nur zwei denkbare Bereiche, in denen sich eventuelle blinde Passagiere aufhalten konnten: die Maschinensektion oder die Materialgondeln. Letztere enthielten alles, was dereinst für den Aufbau der Kolonie an Geräten und Grundausstattung erforderlich sein würde, doch während des Fluges waren sie vom Wohntrakt aus unzugänglich. Man hätte einen Raumanzug anziehen und etwa zweihundert Meter Kletterpartie über dünnes, nicht für Kletterpartien gedachtes Rohrgestänge hinter sich bringen müssen, und das scheiterte schon daran, dass die wenigen Raumanzüge vom stellvertretenden Kommandanten höchstpersönlich verwaltet wurden. Abgesehen davon, dass die Materialgondeln bis auf den letzten Kubikzentimeter gefüllt waren. Um darin zwanzig Jahre zu überleben, hätten die blinden Passagiere etliche Mähdrescher, Sägemaschinen und Saatguttonnen über Bord werden müssen, und dass man ihnen das dereinst nicht verzeihen würde, konnten sie sich ja wohl ausrechnen.
    »Wisst ihr«, begann Pete mit jammervoller Stimme, »ich wünschte wirklich, ich wäre auf der Erde geblieben.«
    »Geht das wieder los«, knurrte Ricardo.
    »Ich werde vierundsechzig sein, wenn ich meinen Fuß wieder auf den Boden eines Planeten setze. Vierundsechzig! Was hat mich bloß getrieben, in dieses verdammte Raumschiff zu steigen? Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Darf ich deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen?«, bot Ricardo an. »Könnte es etwas mit der Kriegsgefahr zu tun gehabt haben? Mit Umweltverschmutzung und Übervölkerung? Hast du dich möglicherweise sogar um diesen Platz beworben, eine Million Auswahltests absolviert und Luftsprünge gemacht, als die Zulassung kam?«
    Leonhard, der das Bett gegenüber Wim hatte, wälzte sich herumund knurrte unüberhörbar: »Verdammt, könnt ihr das bitte bei Tag diskutieren? Es gibt Leute hier, die schlafen wollen. Und vergesst nicht, ich bin in dem Team, das die Kundschaftersonden einfangen muss. Hängt einiges ab davon, dass ich ausgeschlafen bin, okay?«
    Die anderen murrten trotzdem, und die Luft war noch immer zum Schneiden dick. Wim Freese erwog, eine seiner Ruhetagsmarken gleich morgen einzulösen, einfach um in Ruhe nachdenken zu können.
     
    Natürlich durfte man vor lauter Hirngespinsten nicht die Grundlagenarbeit vernachlässigen. War die Frau, deren Gesichtsskizze er in einem verborgenen Winkel seines Memopads abgelegt hatte, im Verwaltungssystem gespeichert oder nicht? Was ließ sich aus der Information machen, dass ihre Chipnarbe praktisch unsichtbar war? Alles Fragen, die sich einfach beantworten ließen, wenn man Zugriff auf das System

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