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Eine undankbare Frau

Eine undankbare Frau

Titel: Eine undankbare Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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wandern, in den kalten Flüssen baden und die klare Luft in seine Lunge füllen. Holzfäller hatten die großen Stämme gefällt und das Haus für sie aufgestellt, ein Stück entfernt von der nächsten Siedlung. Sie hatten das Gefühl, ihr eigenes kleines Land zu besitzen. Hinter dem Haus standen die Stämme in Reih und Glied, wie Soldaten im Regiment.
    Theo spielte an einer Haarsträhne herum. Die Sonne stand tief am Himmel, die Schaukel bewegte sich langsam. Wilma Bosch öffnete den Herd in der Küche und nahm eine feuerfeste Form mit einem Fischauflauf heraus. Im ganzen Haus duftete es nach Muskat.
    »Ruf Theo«, befahl sie ihm. »Und deck den Tisch.«
    Hannes ging zum Regal mit dem Geschirr. Er nahm drei blaue Teller aus dem Fach und Besteck aus der Schublade. Dann schaute er hinaus auf die Veranda.
    »Schläfst du, Theo? Wir essen jetzt. Und danach gehen wir beide in den Wald, nur du und ich.«
    Theo richtete sich in der Hollywoodschaukel auf.
    »Du und ich«, wiederholte er. »Und Optimus Prime.«
    Hannes fing an zu singen, während er den Tisch deckte, denn im Radio lief ein Schlager, der von der Liebe handelte. »Sei doch mein«, grölte Hannes, »mein Herz steht in Flammen.« Wilma kehrte ihm den breiten Hintern zu. Er hörte Flaschen klirren, was bedeutete, dass sie zwei Bier und eine Fanta für Theo geöffnet hatte. Dann setzten sie sich an den Tisch.
    Eine goldene Kruste aus Brotkrümeln bedeckte den Auflauf.
    »Zum Snellevann?«, fragte Theo hoffnungsvoll.
    »Wenn du es so weit schaffst«, sagte Hannes.
    Sie aßen in aller Ruhe.
    Danach halfen sie Wilma beim Abräumen.
    »Und jetzt sind wir Mannsbilder erst mal weg«, sagte Hannes. Sie trugen schon Wandersachen und waren bereit zum Abmarsch. Theo trat vor Aufregung von einem Fuß auf den anderen. Hannes trug einen kleinen Rucksack mit einer Schokoladenreklame.
    »Nehmt euch vor den Schlangen in Acht«, rief Wilma.
    Zuerst mussten sie an der Hauptstraße entlang gehen. Es gab hier viele Forstfahrzeuge und die Straße war schmal und kurvenreich, deshalb sorgte Hannes dafür, dass Theo sich am Straßenrand hielt. Nach fünfzehn Minuten erreichten sie einen Waldweg, den sie die Schneise nannten. Kurz danach hatten sie die Schranke erreicht. Drei Autos standen in einer schrägen Reihe auf dem kleinen Parkplatz.
    »Wir lassen es ganz ruhig angehen«, sagte Hannes. »Wir sind ja noch so vollgestopft. Sei vorsichtig, du hast gehört, was Mama gesagt hat, hier kann es Schlangen geben. Was hast du an den Füßen? Sandalen, wie ich sehe. Na gut. Sandalen sind vielleicht nicht ganz so perfekt, Lars Monsen würde das nicht gefallen. Glaubst du, Lars Monsen durchquert Kanada in Sandalen? Aber egal. Bald geht die Sonne unter«, fügte er hinzu, »dann kommt vielleicht der Elch, wenn wir Glück haben.«
    Theo schaute seinen Vater aus klaren blauen Augen an.
    »Der Elch«, wiederholte er. »Der haut doch bestimmt ab, wenn er uns entdeckt.«
    Er lachte laut auf und sah zu seinem Vater hoch, um sich zu vergewissern, dass sie in Sicherheit waren.
    »Klar haut der ab«, sagte Hannes voller Überzeugung. »Wahrscheinlich steht er jetzt irgendwo hinter den Bäumen und beobachtet uns. Wir sind schließlich in seinem Revier, so sieht er das jedenfalls, richtig? Also müssen wir uns ordentlich benehmen, dürfen nicht herumschreien oder Krach machen. Man muss der Natur mit Respekt begegnen, und wer durch die Schneise geht, muss ehrfurchtsvoll und leise sein.« Plötzlich verließ er den Weg und ging einige Schritte in den Wald hinein. Theo lief vorsichtig hinterher. Er schaute sich um, ehe er die Füße auf den Boden setzte, und hatte das Gefühl, dass es überall raschelte. Dann setzte er sich auf einen umgestürzten Baumstamm und sah zu, wie Hannes das Messer aus dem Gürtel zog.
    »Alle im Wald brauchen einen Wanderstab«, erklärte er dann. »Einen großen für mich und einen kleinen für dich. Einen Stock, auf den wir uns stützen können. Einen zum Fechten, falls verrückte Kühe kommen. Du darfst eine Kuh nie unterschätzen. Sie sind zwar strohdoof, aber schwer wie Lokomotiven.«
    Er brach einen Ast von einem Baum und fing an, ihn von Zweigen und Laub zu befreien. Als er fertig war, hatte der Stock an einem Ende eine weiße Spitze.
    »Damit kannst du einen Barsch aufspießen, wenn wir oben am See angekommen sind«, behauptete er.
    Theo hielt sich den Stock unter die Nase und roch daran. Es roch gut.
    »Alles, was wir zum Leben benötigen, gibt es in diesem Wald«, sagte

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