Eine undankbare Frau
hallte über den ganzen See. Lange betrachteten sie abwechselnd das orange Schaf. Sie reichten sich das Fernglas hin und her, und immer wenn Theo an der Reihe war, war er total außer sich von diesem ungewöhnlichen Anblick. Plötzlich sprang er auf und lief hin und her, wobei er eifrig mit den Armen fuchtelte. Hannes machte sich Sorgen um das Fernglas, denn es war eines der teuersten Zeiss-Modelle, und er wollte nicht, dass es auf dem Felsen zerschellte.
»Setz dich«, befahl er. »Pass auf unsere Sachen auf.«
Brav setzte Theo sich hin und reichte das Fernglas dem Vater.
»Irgendjemand hat sich mit einer Spraydose über das arme Vieh hergemacht«, stellte Hannes fest. »Ein Schafstagger. Oder was?«
Er sah das Schaf noch einmal an, er konnte sich daran nicht satt sehen. Hob das Fernglas, ließ es wieder sinken. Schüttelte seinen großen niederländischen Kopf.
»Ist das nicht die Farbe, die beim Straßenbau benutzt wird?,« überlegte er. »Wenn sie Markierungen auf der Straßendecke anbringen? So eine Farbe, die auch im Dunkeln leuchtet? Ich frage ja nur.«
»Den anderen Schafen ist das egal«, kommentierte Theo. »Die essen einfach weiter.«
»Das liegt daran, dass Schafe ziemlich dumm sind«, erklärte Hannes. »Deren Gehirn ist so groß wie eine Kaffeebohne.«
Er stand auf, um besser sehen zu können, und Theo stand ebenfalls auf. Beide sahen sich das ungewöhnliche Schaf noch eine ganze Weile lang an. Dann griff Hannes nach seinem Telefon. Er wollte die Lokalzeitung anrufen und von ihrer seltsamen Entdeckung berichten. Während der Vater telefonierte, hob Theo die Limoflasche an den Mund und trank und fühlte sich so richtig wohl.
»Bosch ist meine Name«, sagte der Vater. »Hannes Bosch. Wir sind hier beim Snellevann, mein Sohn und ich, und wir haben etwas ganz Ungewöhnliches und Seltsames gefunden. Schicken Sie mal einen Journalisten her. Und er soll einen Fotoapparat mitbringen. Wohlgemerkt, mit einem Farbfilm, sonst entgeht Ihnen die Pointe.«
Er telefonierte noch eine ganze Weile, nickte mehrmals und zwinkerte Theo dabei zu.
»Es ist wirklich sehr witzig«, sagte er. »Sie werden es auch erst glauben, wenn sie es mit eigenen Augen sehen.«
Theo trank noch mehr von der süßen Limo. Er griff nach seinem Wanderstab und wedelte damit in der Luft herum, während der Vater mit den Zeitungsleuten redete.
»Sie sollten wohl auch den Schafzüchter informieren und ihm sagen, er soll eine Schermaschine mitbringen«, sagte Hannes. »Das muss bis auf die Haut abrasiert werden. Aber machen Sie um Gottes willen vorher ein paar Fotos. Ha, ha. Nein, ich weiß nicht, wem die Herde gehört, aber wie gesagt, die grasen am Hang über dem Snellevann. Etwa fünfzig Stück. Vielleicht ist das die Herde von Sverre Skarning, Sie können ja bei ihm anfangen. Ich kann durch das Fernglas sehen, dass ein Mutterschaf einen gelbblauen Clip im Ohr hat. Wenn Ihnen das etwas sagt. Oder wenn er fragt. Gelbblau.«
Theo steckte die leere Limoflasche wieder zurück in den Rucksack.
»Wir können uns beim Skillet treffen«, sagte Hannes. »Beim Wegweiser. Wir sind in vierzig Minuten da. Kann ich dem Jungen versprechen, dass er in die Zeitung kommt? Das ist wunderbar, er wird so stolz sein. Ich habe auch gleich einen Arbeitstitel für Sie«, er lachte. »Schafsschock am Snellevann.«
Er steckte das Mobiltelefon in die Tasche.
Dann machten sie sich auf den Weg. Theo hüpfte und tanzte und schwenkte seinen Wanderstab.
»Mama wird uns das niemals glauben«, sagte er.
»Wir können auch gleich behaupten, wir hätten einen bengalischen Tiger gesehen«, meinte Hannes.
Er schlug mit dem Stab auf den Boden, dass der Sand nur so aufstob.
Theo starrte zwischen die Stämme, in das dunkle Laubwerk. Er hatte das Gefühl, dass es überall raschelte und knackte.
»Sind da drinnen Bären, Papa?«
»So weit südlich gibt es keine Bären«, lachte Hannes. »Nur apfelsinengelbe Schafe.«
Dann gingen sie zur Schneise und warteten dort. Theo setzte sich in einen Graben, Hannes wanderte auf dem Forstweg hin und her, wie ein patrouillierender Wachtposten.
»Du kommst in die Zeitung, Theo. Super, was? Mama wird in Ohnmacht fallen.«
Theo nickte. Er bat seinen Vater, Optimus Prime aus dem Rucksack zu nehmen, damit er damit spielen könnte, während sie auf den Mann von der Zeitung warteten, und Hannes reichte ihm den Roboter. Danach streckte er die Arme aus wie Flügel und lief mit gewaltiger Energie auf dem Waldweg hin und her.
»Was
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