Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
Kreise auf meinem Rücken zogen. Ich wünschte, er würde nicht damit aufhören.
»Versuch es doch.«
»Es ist nur ...« Ich atmete tief aus. »Ich habe einfach alles so satt. Ich fange schon an, die Leute zu hassen.«
»Na, nicht alle Leute, wie ich hoffe.«
»Na ja, dich natürlich nicht«, gab ich zu. »Und auch nicht Piper oder meine Eltern.« Ich versuchte, an andere Ausnahmen zu denken, doch ohne Erfolg. »Aber so ziemlich alle anderen.«
»Da bin ich aber froh, auf der Ausnahmeliste zu stehen!«
»Und ich werde heilfroh sein, wenn Mindys Hochzeit nächste Woche vorbei ist. Ich habe richtig Angst davor.«
»Warum?«
War das nicht offensichtlich? »Weil es da nur um Mindy geht und wie hübsch sie ist und wie verliebt sie und Chad sind und seit Ewigkeiten zusammen. Und dann, das genaue Gegenteil: ich.« Ich brach ab, um zu schniefen, und Hubert reichte mir ein Papiertuch. »Ich, die ältere, unverheiratete Schwester, dick und hässlich.«
»Ach, hör auf. Du machst Witze. Das denkst du doch nicht wirklich, oder?«
»Mindy wird hinreißend aussehen. Mein Kleid dagegen ...« Tatsächlich hatte ich mein Kleid noch gar nicht gesehen. Sie hatte es zusammen mit Jessica ausgesucht und ich sollte es am folgenden Tag abholen. »Mein Kleid wird bestimmt potthässlich sein. Oder zumindest unschmeichelhaft.« Ich schnäuzte mich in das Papiertuch. »Und mein Hintern wird aussehen wie ein Alien.«
Ich wartete darauf, dass Hubert widersprach und sagte, mein Hintern könne unmöglich wie ein Alien aussehen. Stattdessen sagte er: »Mach dir keine Sorgen, Lola. Mindy hat dir nichts voraus. Und jeder, der das nicht sehen kann, ist ein Idiot.«
Na gut, das war schön gesagt. »Erinnere mich beim Empfang noch mal daran, okay?«
»Das würde ich, wenn ich da wäre.«
Ich hob den Kopf. »Du kommst nicht mit zur Hochzeit?«
»Nein, Lola. Erstens bin ich nicht eingeladen und zweitens helfe ich an dem Tag beim Nachbarschaftsfest.«
Schon wieder dieses blöde Nachbarschaftsfest! »Kannst du das nicht absagen? Erzähl doch einfach, es sei etwas dazwischengekommen.«
»Ich habe Brother Jasper versprochen, den ganzen Tag mitzuhelfen. Die Einnahmen sollen diesmal an eine Familie gehen,
deren kleiner Sohn Leukämie hat. Die Mutter muss sich bei der Arbeit oft frei nehmen und sie kommen kaum über die Runden.«
»Oh, aber ich wünschte, du könntest bei der Hochzeit dabei sein.« Wenn Hubert dabei wäre, würde ich es schaffen.
Er runzelte die Stirn. »Piper hat mir gesagt, dass du mit Ryan zur Hochzeit gehst.«
»Vielleicht doch nicht.«
»Ich verstehe.« Er massierte mir die Schultern. »Tja, normalerweise würde ich ja gern für Ryan einspringen, aber am siebten kann ich leider nicht. Tut mir leid.«
Ich seufzte. »Ich hätte viel lieber dich dabei gehabt als Ryan.« Erst als ich es aussprach, merkte ich, dass es stimmte.
»Na, aber zumindest hast du mich doch immer hier, oder? Ich weiß, das ist nur ein kleiner Trost, aber wenigstens etwas.«
»Das ist kein kleiner Trost, Hubert. Das ist riesig.«
Wir blieben noch einen Moment so sitzen und er massierte weiter meine Schultern, als müsste ich in den Boxring gehen. Ich fühlte mich immer besser. Nach ein paar Minuten sagte er: »Lola, du solltest jetzt besser aufstehen. Meine Beine schlafen ein.«
Ich kam seiner Bitte nach, doch wir beide wussten, dass nicht seine Beine das Problem waren. Ein anderer Teil von ihm war hellwach geworden und bat merklich um Aufmerksamkeit.
Was ich Piper erzählt hatte, stimmte natürlich: Ich war nach Hause gekommen, hatte mit Hubert gesprochen und mich ins Bett gelegt. Nur diesen kleinen, erotisch aufgeladenen Moment hatte ich ausgelassen. Es war nicht typisch für mich,
Piper etwas vorzuenthalten, doch ich wusste, dass sie mir sonst Fragen stellen würde – bohrende Fragen, zu denen ich im Moment noch keine Antwort suchen wollte. Irgendwann würde ich es ihr erzählen, aber eben nicht jetzt, auf dieser Bank im Einkaufszentrum.
»Dann ist deine Verabredung also schlecht verlaufen«, riss Piper mich aus meinen Gedanken. »Heißt das, dass Ryan nicht mehr als dein Verlobter bei der Hochzeit auftritt?«
»Ich verlasse mich nicht mehr darauf«, antwortete ich.
»Aber wenn er es noch machen will, lässt du ihn, oder? Dann verkündest du eure Verlobung?«
»Ich schätze, ja.« Zumindest würde Ryan an meinem Arm ein Augenschmaus sein. Wir hatten unsere Verlobungsgeschichte parat und der Ring war beeindruckend. Vielleicht
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