Eine ungewöhnliche Begegnung - Fforde, K: Eine ungewöhnliche Begegnung - Stately Pursuits
ohne dass er von ihrem Versuch etwas erfahren musste.
So beschwingt war sie von der Genialität dieses taktischen und methodischen Meisterstücks, dass sie freudestrahlend bis sieben Uhr abwusch. Sieben, hatte sie beschlossen, war der beste Zeitpunkt für ihren Aufbruch. Früher loszufahren hätte bedeutet, dass sie stundenlang warten müsste, bis die Bank öffnete, und wenn sie sich später aufmachte, würde sie möglicherweise Connor begegnen.
Hetty war wild entschlossen, sich zu konzentrieren und keinen fatalen Fehler zu machen, wie etwa die Schecks zu vergessen. Sie legte ein bisschen Make-up auf, bürstete sich die Haare, vergewisserte sich, dass sie die Korrespondenz von den Kredithaien ebenso wie die Schecks eingesteckt hatte, und schlich auf Zehenspitzen aus dem Haus. Sie hinterließ eine Nachricht, sie sei zu Caroline gefahren. Es war wichtig, dass niemand sie vermisste, ehe der Wagen vermisst wurde. Und der war gestern an einem so entlegenen Winkel geparkt worden, um Platz für die Autos der Gäste zu machen, dass sein Verschwinden erst auffallen würde, wenn der potenzielle Käufer erschien.
Es war ziemlich nervenaufreibend, durchs Tor zu fahren und sich vorzustellen, dass Connor jeden Moment ans Fenster treten und sein geliebtes Auto entschwinden sehen könnte. Und der Wagen fuhr sich höchst merkwürdig. Sie wagte nicht, anzuhalten und das Gatter zu schließen, ehe sie nicht ein gutes Stück den Feldweg entlanggefahren war.
Selbst nach geglückter Flucht musste Hetty feststellen, dass sie sich nicht entspannen konnte. Der Wagen war nicht nur merkwürdig, sondern auch äußerst schwierig zu fahren. Er schien ungeheuer schwerfällig und zog nach links. Als Hetty in die Stadt kam, schmerzten ihre Arme vor Anstrengung. Nur gut, dass sie so früh hier war. Es bedeutete, dass es noch reichlich freie Parkplätze gab und sie sich eine breite Lücke aussuchen konnte. Bei dieser tückischen Lenkung hätte sie keine Lust gehabt zu rangieren.
Sie kaufte sich eine Zeitung und setzte sich in das Café, wohin Phyllis sie nach ihrem ersten Besuch bei der Bank geführt hatte. Dort gönnte sie sich eine Kanne Tee und ein Scone, das noch ganz warm war. Dann nahm sie sich einen Kuli und eine Papierserviette und machte sich daran auszurechnen, auf welche Höhe sich die Schulden von Courtbridge House beliefen und wie hoch seine Außenstände waren.
Sie stand vor der Tür, als die Bank öffnete, und brauchte daher nicht lange zu warten, ehe sie zu dem jungen Sachbearbeiter vorgelassen wurde.
»Ich brauche Geld!«, verkündete sie. Selbst in ihren Ohren klang es ein wenig melodramatisch.
Der Angestellte zog die Brauen in die Höhe und wünschte, Hetty hätte den angebotenen Kaffee nicht abgelehnt. Er hatte ihn selber so bitter nötig.
Hetty fand sich in ihre Bittstellerrolle. »Sie haben doch gesagt, Sie könnten uns einen Überziehungskredit gewähren, sobald das Haus anfängt, Geld abzuwerfen.« Sie holte die beiden Schecks hervor. »Wir wären längst in den schwarzen Zahlen, wenn wir für Samuels Kredit nicht einen so unverschämten Wucherzins zahlen müssten.«
»Ah ja?« Er nahm die Schecks. »Was ist das?«
»Einer ist eine Anzahlung für die Ausrichtung einer Hochzeitsfeier. Die endgültige Summe wird gewaltig sein.« Das wusste sie zwar noch gar nicht, aber es schien eine nahe liegende Vermutung. »Der andere ist eine Teilzahlung für eine Party, die gestern Abend stattgefunden hat. Das restliche Geld wird auch bald eintreffen. Hier steht, wie viel wir noch zu bekommen haben.« Sie reichte ihm die Serviette mit ihren Kalkulationen.
»Und wann erwarten Sie die Restzahlung?«
»In Kürze. Mr Makepiece, der Gastgeber der Party, hat mir den Akontoscheck gegeben, weil er weiß, wie schwierig es für kleine Betriebe ist, wenn Kunden nicht pünktlich zahlen.«
»Das ist wahr.«
»Also glaube ich nicht, dass er uns auf den Rest lange warten lässt.«
»Nein. Und aus Ihrer Aufstellung hier«, er blickte auf die Serviette hinab, »geht hervor, dass Ihre Außenstände weitaus höher sind als die Rückzahlungssumme dieses Kredits. Also, wozu brauchen Sie unsere Hilfe?«
Sie zeigte ihm den Brief der Kredithaie. »Ich muss heute zahlen. Wir haben den dritten Juni.«
»Verstehe. Sie wollen einen Überziehungskredit, bis die Schecks eingelöst sind.«
Hetty nickte. »In bar.«
»Und was ist, wenn die Schecks platzen?«
»Werden sie nicht.«
Der Bankangestellte überdachte ihr Ansinnen und die möglichen Folgen
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