Eine ungewöhnliche Begegnung - Fforde, K: Eine ungewöhnliche Begegnung - Stately Pursuits
fahr in die Stadt zum Frisör, und Caroline wartet unten.« Er äußerte sich nicht über ihren Gesang. Vermutlich war er vollkommen unmusikalisch.
»O Schande!« Hettys Triumphgefühl verpuffte, als ihr die Dinnerparty einfiel, die sie erfolgreich verdrängt hatte. »Ich sollte bei ihr vorbeikommen, um mir für heute Abend etwas zum Anziehen zu borgen. Weißt du schon, was du anziehst?«
»Lästige kleine Cousinen«, brummte Connor und machte kehrt.
Er hätte das Zimmer wenigstens eines Blickes würdigen können, dachte sie ärgerlich, jetzt da es fast fertig ist. Es war frisch gestrichen, der Großteil der Möbel war fortgeschafft worden, die Bettvorhänge von Hand gewaschen, mühevoll gebügelt und wieder aufgehängt. Der Fußboden war mit einer Politur bearbeitet worden, deren Rezeptur Phyllis Hempstead in einem antiquarischen Buch mit Haushaltstipps entdeckt hatte. Es war das perfekte Jungmädchenzimmer von Anno dazumal. Vor dem Eröffnungstag wollte Hetty noch ein Nachthemd aufs Bett legen, eine Vase mit Blumen auf die Fensterbank stellen und einen Gedichtband finden, der in die Epoche passte. Irgendwo würde sie schon eine Herrick-Ausgabe aufspüren.
»Hetty!«, rief Caroline von unten. »Willst du in deiner Latzhose zu dieser Party gehen?«
Zögernd verließ Hetty das Zimmer und schärfte sich ein, dass sie nicht vergessen durfte zu überprüfen, ob die Bilder an den Wänden auch wirklich aus der richtigen Zeit stammten. Sie wollte nicht von Phyllis belehrt werden, dass Schattenschnitte erst viel später aufkamen, Kind.
Hetty war furchtbar beschäftigt gewesen, und so hatte die Tatsache, dass sie nichts als Jeans und Pullis im Gepäck hatte, sehr weit unten auf ihrer Sorgenliste rangiert. Jetzt musste sie sich mit dem Problem befassen. Sie hatte eine heiße Verabredung, nichts anzuziehen, und Caroline war wild entschlossen, ihr einen »ganz neuen Look« zu verpassen. Sie schauderte, und ihre Gedanken schweiften wieder zurück zu all dem, was sie in den letzten Tagen zustande gebracht hatte.
Sie hatte einen Plan aufgestellt, der genau bezeichnete, was alles vor dem großen Eröffnungstag am kommenden Wochenende erledigt werden musste. Mrs Hempstead hatte die Aufgaben an all ihre Freundinnen verteilt, die ihre Hilfe angeboten hatten. Hetty kümmerte sich darum, dass jede, die an der Vorder- oder Hintertür erschien, die Farbe, Reinigungsmittel oder Werkzeuge zur Verfügung hatte, die benötigt wurden. Sie verbrachte viel Zeit im Auto, borgte Bohrmaschinen und Schleifhexen und so weiter oder kaufte neue Vorräte an Abbeize und Wandfarbe. Aber da das Haus jedes Mal ein bisschen besser aussah, wenn sie zurückkam, war sie durchaus zufrieden mit ihrer Laufburschenrolle.
Wenn sie nicht unterwegs war, hatte sie ihren Teil der Arbeiten zu erledigen - hauptsächlich solche Aufgaben, die man niemandem sonst zumuten konnte. Die Leute mochten Spaß daran haben, eine alte Molkerei wieder funktionstüchtig zu machen und zu renovieren (jedenfalls die beiden Leute, die dafür eingeteilt worden waren), aber niemand riss sich um undankbare Putzaufgaben mit minimalem sichtbaren Erfolg, wie etwa die Holztäfelung in den Fluren abzuwaschen. Hetty fing an der Eingangstür an und schrubbte sie entlang der vorgesehenen Führungsstrecke ab. Die Zimmer, die dem Publikum verschlossen blieben, ließ sie aus. Sie sang bei der Arbeit und hatte bald ihr gesamtes Repertoire wiedererlangt. Sie hatte gerade versucht, sich an diese Arie zu erinnern, die in letzter Zeit andauernd in der Fernsehwerbung vorkam, während sie dem Schmutz in der Schnitzerei mit einer alten Zahnbürste zu Leibe rückte, als Connor heraufkam, um ihr zu sagen, der Versicherungsgutachter sei gekommen. Hetty hörte mitten im Vers auf zu singen und fand es furchtbar peinlich, dass er sie sozusagen in flagranti erwischt hatte.
»Das Kleine Schwarze ist ein furchtbares Klischee, aber es erfüllt seinen Zweck«, sagte Caroline. »Möchtest du eher distinguiert-elegant oder unschuldig-hübsch aussehen?«
Hetty stand in Carolines Bademantel vor dem Kleiderschrank. Sie hatte noch niemals so viele Kleidungsstücke auf einmal gesehen, höchstens beim Schlussverkauf. Carolines Garderobe befand sich nicht im Schlafzimmer. Sie hatte ein eigenes Zimmer dafür - ein ziemlich großes Zimmer - aber es war trotzdem voll gestopft.
»Ich weiß nicht. Was meinst du?«
»Lass uns nach unten gehen und was trinken und darüber nachdenken.«
»Es ist erst fünf Uhr.«
»Schon?
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