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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia
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weshalb mein Vater so völlig neben der Spur gewesen war. Ich konnte mir nicht vorstellen, ohne Lena zu leben, dabei kannte ich sie noch gar nicht so lange. Mein Vater hatte meine Mutter mehr als achtzehn Jahre lang geliebt.
    Er tat mir leid und trotzdem schmerzte es noch.
    Mein Vater fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und trat noch einen Schritt näher. »Ich wollte dir sagen, wie leid es mir tut.« Er hielt inne, starrte auf seine Schuhspitzen. »Ich weiß nicht, was passiert ist. An einem Tag saß ich noch dort drinnen und habe geschrieben, und am nächsten Tag konnte ich nur noch an deine Mutter denken, auf ihrem Stuhl sitzen, den Geruch ihrer Bücher einatmen, mir vorstellen, wie sie mir über die Schulter schaute …« Er betrachtete seine Hände, als würde er mit ihnen reden und nicht mit mir. Vielleicht hatten sie ihm das im Blue Horizons beigebracht. »Es war der einzige Ort, an dem ich mich ihr nahe gefühlt habe. Ich habe es nicht über mich gebracht, sie gehen zu lassen.«
    Er blickte hoch zu der alten Stuckdecke und aus seinen Augenwinkeln rollten Tränen. Mein Vater trauerte um die Liebe seines Lebens. Kein Wunder, dass er völlig die Fassung verloren hatte. Und ich hatte tatenlos zugesehen und nichts dagegen unternommen. Vielleicht war er nicht der Einzige, der sich entschuldigen musste.
    Natürlich hätte ich jetzt eigentlich lächeln sollen, aber mir war nicht danach zumute. Stattdessen sagte ich: »Verstehe, Dad. Hättest du doch was gesagt. Mir fehlt sie auch, weißt du?«
    Seine Stimme war leise, als er endlich sprach. »Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.«
    »Schon gut.« Keine Ahnung, ob ich das ernst meinte, aber es war ihm deutlich anzusehen, wie erleichtert er war. Er schloss mich in die Arme und drückte mir einen Moment lang die Fäuste in den Rücken.
    »Jetzt bin ich aber da. Wollen wir miteinander reden?«
    »Worüber?«
    »Über alles, was man wissen muss, wenn man eine Freundin hat.«
    Es gab nichts, worüber ich weniger reden wollte. »Dad, wir brauchen nicht …«
    »Ich habe eine ganze Menge Erfahrungen, weißt du. Deine Mutter hat mir über die Jahre ein, zwei Dinge über Frauen beigebracht.«
    Ich überlegte, wie ich mich am besten aus dem Staub machen konnte.
    »Wenn du mal darüber reden willst, weißt du …«
    Ich könnte zum Beispiel aus dem Fenster des Arbeitszimmers springen und mich zwischen der Hecke und dem Haus hindurchzwängen.
    »… über Gefühle und so.«
    Ich hätte ihm beinahe ins Gesicht gelacht. »Über Gefühle?«
    »Amma sagt, dass Lena es nicht einfach hat, jetzt wo ihr Onkel gestorben ist. Sie hat sich wohl ziemlich verändert.«
    An der Zimmerdecke hängen. Nicht in die Schule gehen. Verschlossen sein wie sonst noch was. Auf Wassertürme klettern. Ja, man konnte wohl mit Fug und Recht sagen, dass sie sich verändert hatte. »Nein, ihr geht’s gut.«
    »Nun ja, Frauen sind eine andere Gattung als wir.«
    Ich nickte und versuchte, seinem Blick auszuweichen. Wenn er wüsste, wie recht er hatte.
    »Sosehr ich deine Mutter auch geliebt habe, meistens hätte ich nicht sagen können, was in ihr vorgeht. Beziehungen sind schwierig. Du kannst mich alles fragen, was du möchtest.«
    Was, bitte, hätte ich ihn fragen sollen? Was man tun soll, wenn das Herz beinahe stillsteht beim Küssen? Ob man die Gedanken des anderen lesen soll oder nicht? Woran man rechtzeitig erkennt, ob die Freundin sich für alle Zeiten für die Dunkle oder die Lichte Seite entscheiden wird?
    Er drückte meine Schulter ein letztes Mal. Ich überlegte gerade, was ich ihm erwidern konnte, als er mich losließ. Sein Blick wurde von etwas anderem gefangen genommen.
    In der Diele hing das gerahmte Porträt von Ethan Carter Wate. Ich hatte mich noch immer nicht an den Anblick gewöhnt, obwohl ich das Bild nach Macons Beerdigung selbst dort aufgehängt hatte. Mein ganzes Leben lang war das Gemälde mit einem Tuch verhüllt gewesen. Ich fand das irgendwie ungerecht. Ethan Carter Wate war vor einem Krieg geflohen, von dem er nicht überzeugt war, und er war gestorben, weil er versucht hatte, ein Caster-Mädchen zu beschützen, das er liebte.
    Also hatte ich mir einen Nagel gesucht und das Bild aufgehängt. Und es hatte sich richtig angefühlt. Danach war ich ins Arbeitszimmer meines Vaters gegangen und hatte die Blätter aufgehoben, die im ganzen Raum verstreut lagen. Ich hatte die Kreise und das Gekritzel betrachtet, die davon erzählten, wie tief eine Liebe sein und wie lange Schmerz

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