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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia
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rutschte an die Kante und ließ die Beine baumeln. »Meine Mutter hat Bilder von alten Wassertürmen gesammelt.«
    »Echt?«
    »Ja, die drei alten Schwestern sammeln Löffel und meine Mutter sammelte eben Wasserturm-Fotos und Postkarten von der Weltausstellung.«
    »Ich dachte, alle Wassertürme sind gleich und sehen aus wie eine große weiße Spinne.«
    »In Illinois gibt es einen, der aussieht wie eine Ketchup-Flasche.«
    Sie lachte.
    »Und einer sieht aus wie ein kleines Häuschen in luftiger Höhe.«
    »Da möchte ich wohnen. Einmal oben, würde ich nie mehr runterkommen.« Sie legte sich auf das warme weiße Dach. »Ich finde, in Gatlin müsste es ein Pfirsich sein. Ein großer, alter Gatlin-Pfirsich.«
    Ich beugte mich zu ihr. »So einen gibt es. Nicht in Gatlin, aber drüben in Gaffney. Die sind dir zuvorgekommen.«
    »Wie wär’s mit einem Kuchen? Wir könnten den Wasserturm doch so anstreichen, dass er aussieht wie einer von Ammas Kuchen. Das würde ihr bestimmt gefallen.«
    »Stimmt, so einen hab ich noch nie gesehen. Aber meine Mutter hatte ein Bild von einem Wasserturm, der aussah wie ein Maiskolben.«
    »Mir wäre trotzdem das Haus lieber.« Lena blickte zum Himmel, an dem kein einziges Wölkchen zu sehen war.
    »Von mir aus kann er aussehen wie ein Maiskolben oder eine Ketchup-Flasche, Hauptsache, du bist dort.«
    Lena nahm meine Hand und dann saßen wir am Rand des leuchtend weißen Wasserturms von Summerville und ließen den Blick über die Umgebung von Gatlin schweifen wie über ein Spielzeugland mit Spielzeugfiguren. So klein wie die Miniaturstadt aus Pappe, die meine Mutter immer unter den Weihnachtsbaum gestellt hatte.
    Konnten so winzige Menschen überhaupt Probleme haben?
    »Hey, ich hab dir was mitgebracht.« Ich betrachtete Lena, wie sie sich erwartungsvoll aufsetzte und mich wie ein neugieriges kleines Kind ansah.
    »Was denn?«
    Ich spähte über die Dachkante in die Tiefe. »Vielleicht sollten wir lieber warten, bis wir nicht mehr runterfallen und uns den Hals brechen können.«
    »Niemand bricht sich den Hals. Sei nicht so ein Feigling.«
    Ich griff in meine Hosentasche. Es war nichts Besonderes, aber ich trug das Geschenk schon eine ganze Weile mit mir herum und hoffte, es könnte ihr vielleicht helfen, zu sich selbst zurückzufinden.
    Ich zog einen Minifilzstift mit einem kleinen Karabinerhaken aus der Tasche.
    »Siehst du? Passt an deine Halskette …« Ich versuchte, ohne abzurutschen, nach Lenas Kette zu greifen, die sie niemals abnahm. Ein Sammelsurium von Glücksbringern, die alle eine Bedeutung für sie hatten, baumelte daran. Der gestanzte Penny aus der Maschine im Cineplex, wo wir uns zum ersten Mal verabredet hatten. Ein silberner Mond, den Macon ihr am Abend vor dem Winterball geschenkt hatte. Ein Knopf der Jacke, die sie in jener Regennacht anhatte. Es waren Lenas Erinnerungen, und sie hatte sie ständig bei sich, vielleicht aus Angst, sie zu verlieren, wenn sie den Beweis jener vollkommenen Glücksmomente nicht immer am Körper trug.
    Ich klinkte den Filzstift an die Kette. »Jetzt kannst du schreiben, egal wo du bist.«
    »Sogar an Zimmerdecken?« Sie sah mich an und lächelte, ein bisschen schelmisch, ein bisschen traurig.
    »Sogar auf Wassertürmen.«
    »Ich freu mich«, sagte sie leise.
    Sie zog die Kappe des Filzstifts ab, und ehe ich richtig begriff, hatte sie schon ein Herz gemalt. Schwarz auf weiß, ein Herz, hoch oben auf dem Dach des Wasserturms von Summerville.
    Einen Augenblick lang war ich glücklich, aber gleich darauf hatte ich das Gefühl, als stürzte ich in die Tiefe. Sie dachte nicht an uns beide. Sie dachte an ihren nächsten Geburtstag, den Siebzehnten Mond. Sie zählte die Tage bis dahin.
    In dem Herz standen nicht unsere Namen.
    Dort stand eine Zahl.

Der Ruf

16.5.
    Ich hatte Lena nicht auf das angesprochen, was sie auf dem Wasserturm in das Herz geschrieben hatte, aber ich bekam es trotzdem nicht mehr aus dem Kopf. Wie auch, wir hatten ja im letzten Jahr nichts anderes gemacht, als rückwärts zu zählen bis zu jenem unausweichlichen Datum. Als ich sie dann schließlich doch fragte, warum sie die Tage zählte, gab sie mir keine Antwort. Ich hatte den Verdacht, sie wusste es selbst nicht genau.
    Das war jetzt schon zwei Wochen her, und soweit ich wusste, hatte Lena seither nichts in ihren Notizblock geschrieben. Sie trug den kleinen Filzstift zwar an der Kette, aber er sah genauso neu und unbenutzt aus wie an dem Tag, als ich ihn im Stop&Steal gekauft

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