Eine Unheilvolle Liebe
geschieht, weiß ich nicht.« Sie hatte gestört gesagt und damit allen klargemacht, dass das für eine Ordnung eben gerade nicht in Ordnung war.
»Ich verstehe nicht. Ihr seid alle am Leben, aber Hunting und Abraham auch. Wie ist das möglich? Der Fluch …« Lena brach ab.
»Du verfügst sowohl über Licht als auch über Dunkelheit. Damit hat keiner von uns gerechnet. Es war ganz gewiss nicht vorgesehen.« In Grammas Stimme schwang Schmerz mit. Sie verheimlichte uns etwas, und ich ahnte, dass alles viel verworrener war, als sie zugeben wollte. »Ich bin nur froh, dass es dir gut geht.«
Man hörte, wie etwas im Wasser platschte. Ich drehte mich um und sah Ridleys blondes Haar mit den pinkfarbenen Strähnchen wehen. Hinter ihr kam Link.
»Ich glaube, ich bin jetzt wirklich eine Sterbliche.« Ridley sagte es in ihrem üblichen sarkastischen Ton, aber sie wirkte erleichtert. »Aber du musstest mal wieder alles ganz anders machen, stimmt’s, Cousinchen? Langweilig wird es mit dir jedenfalls nie.«
Lenas Atem stockte und einen Moment lang stand sie reglos da.
Das alles war zu viel für sie. Sie hatte geglaubt, sie hätte Macon getötet, aber Macon lebte. Sie hatte sich selbst berufen und war jetzt Dunkel und Licht zugleich. Sogar den Mond hatte sie gespalten, davon musste man zumindest ausgehen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Lena unter diesen Eindrücken zusammenbrechen würde. Doch dann würde ich da sein und sie nach Hause bringen.
Lena zog Ridley und Macon an sich, dass den beiden fast die Luft wegblieb. Sie bildeten ihren eigenen kleinen Caster-Kreis, der weder Licht noch Dunkel war. Sie waren nicht mehr allein, sie waren nur sehr, sehr müde.
Der Weg nach Hause
22.6.
Ich konnte nicht mehr schlafen. In der Nacht zuvor war ich erschöpft auf den Kiefernholzboden in Lenas Zimmer gesunken. Wir waren beide wie tot umgefallen, ohne uns erst groß die Mühe zu machen, die schmutzigen Sachen auszuziehen. Es war ein seltsames Gefühl, jetzt, vierundzwanzig Stunden später, wieder in meinem Zimmer zu liegen, in meinem eigenen Bett, und nicht zwischen Baumwurzeln oder auf nassen Waldböden. Ich hatte viel gesehen, mehr, als mir lieb war. Trotz der Hitze stand ich auf und schloss das Fenster. Draußen waren viel zu viele Dinge, vor denen man sich fürchten und gegen die man kämpfen musste.
Es war ein Wunder, dass in Gatlin überhaupt jemand schlafen konnte.
Lucille hatte dieses Problem nicht. Sie tretelte auf einem Stapel Schmutzwäsche in der Ecke und machte sich ihr Nachtlager zurecht. Diese Katze konnte überall schlafen.
Aber ich nicht. Ich wälzte mich im Bett herum. Ich konnte es mir in der Bequemlichkeit nicht so richtig bequem machen.
Ich auch nicht .
Die Dielen knarrten und meine Tür ging auf. Lena kam herein, in meinem alten Silver-Surfer -T-Shirt. Darunter sah ihre kurze Schlafanzughose hervor. Ihre Haare waren nass, und sie trug sie offen, so wie es mir am besten gefiel.
»Das ist ein Traum, oder?«
Lena schloss die Tür hinter sich, ihre gold-grünen Augen funkelten schelmisch. »Meinst du meinen oder deinen Traum?« Sie schlug die Decke zurück und legte sich neben mich. Sie roch nach Zitronen und Rosmarin und Seife. Es war ein weiter Weg für uns beide gewesen von den Zitronenbäumen in Greenbrier bis hierher.
Sie legte ihren Kopf unter mein Kinn und schmiegte sich an mich. Ich spürte ihre Fragen und ihre Angst, die zusammen mit uns unter der Bettdecke lagen.
Was ist mit dir, L?
Sie drückte sich noch enger an meine Brust.
Meinst du, du kannst mir je verzeihen? Ich weiß, es wird nicht mehr wie früher sein …
Ich schlang die Arme fester um sie und dachte an die vielen Male, als ich glaubte, ich hätte sie für immer verloren. Diese Augenblicke machten mir Angst, schnürten mir die Kehle zu. Ich konnte nicht ohne Lena leben. Wie sollte ich ihr da nicht verzeihen?
Es wird anders sein. Besser.
Aber ich bin nicht Licht, Ethan. Ich bin etwas anderes. Ich bin … kompliziert .
Ich griff unter die Bettdecke, führte ihre Hand an meinen Mund und küsste sie. Die verschlungenen schwarzen Muster waren immer noch da. Sie sahen aus wie mit Filzstift gemalt, doch ich wusste, sie würden niemals verblassen.
»Ich weiß, was du bist, und ich liebe dich. Nichts kann das ändern.«
»Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Ich wünschte …«
Ich legte meine Stirn an ihre. »Nein. Du bist du. Du hast dich entschieden, du selbst zu sein.«
»Das ist doch verrückt. Mein ganzes
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