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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia
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Leben lang kannte ich nur entweder oder, Dunkel oder Licht. Es ist seltsam, keines von beidem zu sein.« Sie warf sich auf den Rücken. »Was, wenn ich gar nichts bin?«
    »Was, wenn das die falsche Frage ist?«
    Sie lächelte. »Und wie lautet die richtige Frage?«
    »Du bist du. Wer bist du? Was willst du sein? Und wie bringe ich dich dazu, mir einen Kuss zu geben?«
    Sie stützte sich auf den Ellenbogen und beugte sich über mich. Ihre Haare kitzelten mich im Gesicht. Ihre Lippen berührten meine, und da war sie wieder – die Spannung, der Strom, der zwischen uns floss. Er hatte mir gefehlt, auch wenn ich mir damit den Mund verbrannte.
    Aber es fehlte noch etwas anderes.
    Ich beugte mich zu meinem Nachttisch, zog die Schublade auf und griff hinein. »Ich glaube, das gehört dir.« Ich ließ die Kette in ihre Hand fallen. Lenas Erinnerungen baumelten von ihren Fingern – der silberne Knopf, den ich ihr als Glücksbringer geschenkt hatte, der rote Faden von dem Pulli, den sie bei unserer ersten Verabredung getragen hatte, der kleine Filzstift, den ich ihr auf dem Wasserturm überreicht hatte.
    Verblüfft starrte sie auf die Kette in ihrer Hand.
    »Ich hab ein paar Sachen dazugetan.« Ich ordnete die Anhänger, damit Lena den silbernen Sperling von Macons Beerdigung sah. Jetzt hatte er eine ganz andere Bedeutung. »Amma sagt, Sperlinge können sehr weit wegfliegen und finden immer wieder zurück. Genau wie du.«
    »Nur weil du mich zurückgebracht hast.«
    »Ich hatte ja auch Hilfe. Deshalb habe ich dir das geschenkt.«
    Ich hielt Lucilles Erkennungsmarke hoch, die ich bei unserer Suchaktion in meiner Hosentasche gehabt hatte und mit deren Hilfe ich Lena mit Lucilles Augen gesehen hatte. Lucille gähnte in ihrer Zimmerecke und blickte mich gelassen an.
    »Damit können Sterbliche mit einem Caster-Tier in Verbindung treten. Macon hat es mir heute Morgen erklärt.«
    »Hattest du die Marke immer dabei?«
    »Ja. Tante Prue hat sie mir gegeben. Solange man die Marke hat, kann man mit den Augen des Tieres sehen.«
    »Moment mal. Wie ist deine Tante zu einer Caster-Katze gekommen?«
    »Arelia hat Lucille meiner Tante geschenkt, damit sie sich in den Tunneln nicht verläuft.«
    Lena begann, die Kette zu entwirren und die teilweise verhakten Anhänger voneinander zu lösen. »Ich kann es gar nicht fassen, dass du sie gefunden hast. Als ich sie abgelegt habe, dachte ich nicht, dass ich sie je wieder in der Hand halten würde.«
    Sie hatte sie nicht verloren. Sie hatte sie abgenommen. Ich unterdrückte meinen Wunsch, sie nach dem Grund zu fragen. »Natürlich habe ich sie gefunden. An der Kette hängt alles, was ich dir jemals geschenkt habe.«
    Lena umschloss die Kette mit der Hand und wich meinem Blick aus. »Nicht alles.«
    Ich wusste, woran sie dachte – an den Ring meiner Mutter. Sie hatte die Kette, an der er hing, ebenfalls abgenommen, aber ihn hatte ich nicht gefunden.
    Bis zu diesem Morgen. Da lag er plötzlich auf meinem Schreibtisch, als wäre er schon immer da gewesen. Ich griff wieder in die Schublade, öffnete Lenas Hand und drückte ihn hinein. Als sie das kalte Metall spürte, sah sie zu mir auf.
    Du hast ihn gefunden?
    Nein, meine Mutter muss ihn gefunden haben. Als ich aufgewacht bin, lag er auf meinem Schreibtisch.
    Sie hasst mich nicht?
    Diese Frage konnte nur ein Caster-Mädchen stellen. Hatte der Geist meiner toten Mutter ihr verziehen? Ich kannte die Antwort. Der Ring hatte auf einem Buch gelegen, das Lena mir einmal geliehen hatte. Es war Pablo Nerudas Buch der Fragen , und die Kette hatte als Lesezeichen gedient, sie markierte die Zeile mit dem Satz: »Ist es wahr, dass im Bernstein die Tränen der Sirenen eingeschlossen sind?«
    Meine Mutter hatte eigentlich immer für Emily Dickinson geschwärmt, aber Lena liebte Neruda. Es war so ähnlich wie mit dem Rosmarinzweig, den ich letztes Jahr zu Weihnachten im Lieblingskochbuch meiner Mutter gefunden hatte. Es war etwas, das zu meiner Mutter und zu Lena gehörte, so als wäre das schon immer so gewesen.
    Statt einer Antwort legte ich ihr die Kette um den Hals. Lena berührte sie und ihre grün-goldenen Augen trafen meine braunen. Sie war immer noch das Mädchen, das ich liebte, egal welche Augenfarbe sie hatte. Es gab keine Farbe, mit der man Lena Duchannes hätte malen können. Sie war wie ein roter Pullover und ein blauer Himmel, wie ein grauer Wind und ein silberner Sperling, wie eine schwarze Locke, die sich hinter ihrem Ohr hervorstahl.
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