Eine unzüchtige Lady
erwartet, dass du das sagst. Du bist doch so prüde. Ich weiß nicht, ob das nun wirklich so primitiv ist, aber es ist auf jeden Fall skandalös, selbst für so gefeierte Filous. Wie auch immer, noch mehr Wetten werden auf die Frage gesetzt, wie schnell sie eine
passende Dame finden, die erprobt, was der Einzelne zu bieten hat. Es ist schrecklich verrucht, aber zwei der bestaussehendsten Männer Englands werden ihr Möglichstes tun, um der Auserwählten Vergnügen zu bereiten. Stell dir nur vor, was der Dame bevorsteht, die einwilligt.«
Nun, sie war sich sehr wohl ihres kühlen und reservierten Leumunds bewusst, aber dennoch fühlte sich Caroline von dem Vorwurf angegriffen, sie sei prüde. »Ich bin nicht gerade eine verwelkte, alte Matrone. Ich kann durchaus verstehen, warum eine Frau einem gutaussehenden, bezaubernden Mann erliegen kann, dem dieVerführung leichtfällt. Bestimmt sind die beiden für diese Aufgabe geeignet, denn sie haben angeblich oft geübt.«
»Das haben sie tatsächlich, und ich habe nie unterstellt, du seist alt oder vertrocknet - ganz im Gegenteil.« Ihre Freundin seufzte voller Mitgefühl. »Aber du bist nicht sonderlich zugänglich, Caroline. Ich weiß, du hast nach deiner Ehe und Edwards Tod einen Schutzwall um dich errichtet, aber du solltest dir auch wieder zugestehen zu leben.Wenn du wolltest, würde sich halb London dir zu Füßen werfen, Liebes. Du bist jung und schön.«
»Danke.«
»Es stimmt. Männer würden reihenweise mit Blumen und Sonetten bei dir vorsprechen. Es gibt für dich keinen Grund, in eheloser Einsamkeit vor sich hin zu siechen.«
»Ich wünsche nun mal nicht, wieder zu heiraten.« Es war die absolute Wahrheit. Einmal war wirklich genug. Einmal war tatsächlich mehr als genug.
»Nicht jeder Mann ist wie Edward.«
Abwesend beobachtete Caroline die Rennpferde, die an der Startlinie Aufstellung nahmen, und sie hörte den Pistolenknall, bei dem die herrlichen Tiere instinktiv nach vorn schossen. Sie hoffte natürlich, dass nicht jeder Mann wie ihr verstorbener Ehemann war, denn schon bald würde der verwegene Duke ihre Nachricht lesen.
Kapitel 1
»Das ist interessant.« Nicholas griff zugleich nach der Brandykaraffe und goss einen großzügigen Schluck in das Glas, das neben seinem Ellbogen stand. Er stellte die Flasche ab und überflog erneut den Pergamentbogen in seiner Hand. Die Rückkehr nach London nach diesem anspruchsvollen, aber durchaus erfolgreichen Tag mit dem Sport der Könige hatte ihn in gute Laune versetzt. Diese wurde durch den Sieg und die sich daraus ergebende Feierlichkeit noch besser. Ein Rückzug in sein Refugium schien ihm jetzt aber angebracht. Dieser Raum war in vielerlei Hinsicht sein Rückzugsort, auch wenn er übermäßig viel Zeit damit zubrachte, hier zu arbeiten.
Das Zimmer erinnerte ihn an seinen Vater. Dies war wohl eine sentimentale Seite an ihm, die er nie jemandem offenbaren würde, aber er hatte nichts darin verändern lassen. Derselbe Teppich bedeckte den polierten Boden und war an der Stelle ausgeblichen, an der die Sonne schon seit vielen Jahren durch das zweiflügelige Fenster fiel. Der Schreibtisch war ebenso unordentlich und übervoll. Bücher standen in den Eichenholzregalen neben der Feuerstelle und verbreiteten den vertrauten Duft von langsam vermoderndem Leder und vergilbendem Papier.
»Was ist interessant? Hat es mit den Rennen zu tun?« Ihm gegenüber hob Derek Drake, der Earl of Manderville, eine dunkelblonde
Braue und rutschte tiefer in seinen Sessel. Wie immer war Derek nach der neuesten Mode gekleidet. Die maßgeschneiderte Kleidung saß perfekt an seinem schlanken Körper. Die glänzenden Reitstiefel gekreuzt, lehnte er sich im Sessel zurück und schien sichtlich entspannt. Sein schmales Gesicht zeigte nur leise Neugier. »Nick, deine Pferde haben sich heute selbst übertroffen. Bestimmt ist das für dich keine schreckliche Überraschung. Nicht, dass ich etwas dagegen habe. Ich habe eine hübsche Summe auf das letzte Rennen gesetzt, weil du mir dein Wort gegeben hast, dass Satan in ausgezeichneter Form ist. Danke für den Hinweis.«
»Immer wieder gern. Aber das ist es nicht, was mich überrascht.« Nicholas verhielt sich nicht so abwertend, weil ihm die Galopprennen nichts ausmachten - seine Rennpferde waren seine Leidenschaft, und er liebte den Wettkampf so sehr, dass es fast schon eine persönliche Schwäche war. Aber die enge Schrift auf dem Papier in seiner Hand fesselte ihn mehr. Er blickte auf und
Weitere Kostenlose Bücher