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Eine unzüchtige Lady

Eine unzüchtige Lady

Titel: Eine unzüchtige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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jemandem gegenüber, den sie liebte.
    Ein langes Schweigen legte sich zwischen sie. Das einzige Geräusch war das Rattern der Räder auf der Straße und das Rufen der fliegenden Händler an den Straßenecken. Dann nickte Margaret, lehnte sich zurück. Ihre Miene war ernst. »Wenn du dir dieser Sache sicher bist, dann weißt du, dass ich mein Bestes tun werde, um diese Feier zu einem wunderbaren Ereignis zu machen, an das du dich immer erinnern wirst.«
    Daran hegte Annabel keinen Zweifel. Jetzt fühlte sie sich
doppelt schuldig, weil sie ihre Ziehmutter täuschte. »Alfred ist freundlich, großzügig und höflich. Außerdem ist es sogar möglich, dass er mir treu ist. Das ist nicht gerade etwas, worauf die meisten Ehefrauen hoffen dürfen. Warum sollte ich diese Hochzeit nicht wollen?«
    »Fragst du mich das allen Ernstes? Falls es so ist, sei vorsichtig. Ich könnte darauf antworten.«
    Jetzt war es an Annabel, ihre Augen zusammenzukneifen und ihr Gegenüber anzustarren. »Was soll das bedeuten?«
    »Es bedeutet, dass ich mir Sorgen um dich mache. Ich glaube, dass du - aus welchem Grund auch immer - nicht vollkommen glücklich mit der bevorstehenden Hochzeit bist. Auch wenn du vorgibst, es sei anders. Sogar Thomas hat etwas zu dem Thema gesagt, und wenn ein Mann etwas bemerkt, Liebes, und sich zu den Gefühlen einer Frau äußert, ist es ziemlich offensichtlich. Männer sind nicht gerade Wesen, die für ihre Beobachtungsgabe bekannt sind.«
    Sie wäre nicht so verunsichert und so offensichtlich unglücklich, wenn nicht Derek plötzlich überall auftauchte. Im Laufe des letzten Jahres hatte sie ihn kaum gesehen, aber in den letzten fünf Tagen war er dreimal zum Dinner gekommen und zweimal zum Tee. Er war sogar bei der kleinen musikalischen Darbietung erschienen, die die Tochter einer Freundin von Margaret ausrichtete. Sein beispielloses Verhalten lenkte die Aufmerksamkeit aller im Raum auf ihn, so manche Augenbraue hob sich fragend, während die arme, junge Frau ob der Anwesenheit des berüchtigten Earls so aufgeregt wurde, dass sie durch ihre Interpretation von Bach und Mozart derart stolperte und holperte, dass beide Komponisten sich im Grab umgedreht hätten. Annabel hatte den Nachmittag mit zusammengebissenen Zähnen über sich ergehen lassen. Es war nicht der disharmonische Vortrag, der sie plagte, sondern vielmehr Dereks unwiderstehliche
Anwesenheit bei einem so kleinen, unbedeutenden Anlass. Die begehrlichen Blicke der Frauen waren unmissverständlich. Sein blondes Haar glänzte im Kerzenschein, er trug elegante Abendgarderobe, und seine Miene war undurchdringlich, während er dasaß und lauschte. Er schien den Unglauben aller ob seiner Anwesenheit zu ignorieren.
    Niemand war so überrascht oder unangenehm berührt wie Annabel. Sie fürchtete, sogar Alfred könnte ihr Unwohlsein bemerkt haben.
    Dereks Fehlen in ihrem Leben hatte alles leichter gemacht. Doch sein plötzliches Auftauchen erschütterte ihre Welt.
    Es erschütterte ihren Entschluss, ihn zu vergessen. Und sie verachtete sich und noch viel mehr ihn, weil er in ihr Zweifel säte.
    Es war zum Gutteil auch dieser verfluchte Brief, den er ihr geschrieben hatte. Dieser lag gut versteckt in einer Schublade tief unten in ihrem Kleiderschrank verborgen. Den Inhalt hatte sie nicht gelesen. Es hätte kaum ein deutlicheres Zeichen ihrer inneren Zerrissenheit geben können.
    Aber mit jedem einzelnen Tag fragte sie sich immer wieder, was in dem Brief stand. Und im Moment war es verführerischer als je zuvor, ihn aufzureißen und zu lesen.
    »Sicher wird mir zugestanden, ob der Hochzeit ein kleines bisschen nervös zu werden.« Sie rückte ihre Röcke mit der Hand zurecht. Es kostete sie Mühe, sich ungezwungen zu geben. »Ich glaube, die meisten zukünftigen Bräute verspüren hier und da leise Zweifel.«
    »Vermutlich. Ich werde dir dies zuguteschreiben, solange du mir versicherst, dass es das Einzige ist, was dich bedrückt. Wir wollen dich so gern glücklich sehen.«
    Glücklich? Wann hatte sie sich zuletzt so gefühlt?
    Die Kutsche fuhr um eine Ecke, und Annabel griff Halt suchend nach dem Riemen. Ein Bild stieg vor ihrem inneren Auge
auf. Ungebeten und ungewollt. Ein warmer, herrlicher Sommernachmittag, die stille Bibliothek von Manderville Hall, die sie fast als ihren privaten Rückzugsort betrachtete. Und ein zauberhafter Kuss. Derek, so unglaublich attraktiv mit seinem hellen Haar, das nur ein wenig zerzaust war. Und einem Blick in seinen azurblauen

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