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Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen

Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen

Titel: Eine Urwaldgöttin darf nicht weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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an deiner Neugier. Hast du noch nie einen Menschen gesehen? Da hast du nichts verpaßt. Aber jetzt wirst du einen kennenlernen. Der Mensch ist ein größeres Raubtier als du, mein Lieber. Deine ganze Schönheit hilft dir nichts … für mich bist du nur ein Zentner Fleisch. Los, greif an!«
    Schritt um Schritt kam Peters näher. Der schwarze Panther starrte ihn kalt an, duckte sich dann und zog die Lefzen hoch. Ein prächtiges Gebiß kam zum Vorschein, lange, spitze Reißzähne, eine Doppelreihe von Dolchen. Der Kopf streckte sich vor, die Nasenhaare sträubten sich, ein leises, gefährliches Zischen warnte das ihm unbekannte Wesen, näher zu kommen.
    Paß auf, hieß dieses Zischen. Du trittst in meine Gefahrenzone. Bleib stehen! Es gibt eine bestimmte Entfernung, überschreitest du sie, muß ich springen. Bleib stehen!
    Hellmut Peters ging weiter. Tief im Inneren begann er zu zittern. Und der schwarze Panther duckte sich, bis sein herrlicher Körper fast flach auf dem Boden lag.
    Sie standen sich auf fünf Meter gegenüber und starrten sich an. Sie belauerten sich und warteten, daß der andere angriff. Noch einen Schritt weiter, und der Panther würde springen. Aber an diesem einen Schritt hing es – hing aller Mut, hing das Leben oder der Tod.
    »Was ist?« sagte Peters leise. Der schwarze Panther spitzte die Ohren. Er stellte sich hoch und angelte nach den neuen fremden Tönen. »Kommst du, oder soll ich kommen? Ich weiß, daß du fünf Meter weit springen kannst, aus dem Stand sogar, und es wäre gut, wenn du springst, denn dann halte ich die Lanze hoch und stemme sie in den Boden, und wenn du in das Messer springst, schlage ich dir das Beil mitten in den Schädel. Das müßte genügen, auch bei dir, du Kraftprotz von einem Panther. Nun komm schon, alter Junge!«
    Fast eine Minute standen sie sich so gegenüber. Der Mensch sprach auf das Tier ein, in sein Verderben zu rennen, weil er selbst zu ängstlich war, den letzten Schritt vorwärts zu tun, das Tier fauchte das unbekannte Wesen an und wartete mutig darauf, daß er die Gefahrenzone überschritt. Es wußte nicht, was es von diesem neuen Wesen zu halten hatte. Es wußte nur eines: Es stank bestialisch für den feinen Geruchssinn eines Panthers. Ein Geruch, der tief im Herzen wütend machte.
    »Du willst also nicht!« sagte Peters heiser. »Du willst mich unbedingt zum Helden machen?! Ich bin keiner, du schönes Vieh, aber du bist ein Zentner Fleisch, und da muß ich eben. Paß auf, nimm mich genau ins Visier. Spring geradeaus, da ist mein Speer.«
    Er machte den letzten, gefährlichen, tödlichen Schritt nach vorn und rammte gleichzeitig die Lanze in den Boden. Spring.
    Der Panther schien tief zu seufzen. Sein Schweif schlug einen Kreis, die grünen Augen glitzerten.
    Es stinkt, dieses Wesen, dachte er. Es stinkt widerlich. Der Wind kommt von ihm, er macht einem übel, dieser Gestank. Was soll ich mit ihm …
    Der schwarze Panther knurrte tief, stieß die Pranken in die Erde und schob sich nach rückwärts weg. Ganz langsam. Das war keine Flucht, das war deutlicher Widerwille.
    Hellmut Peters stand wie erstarrt. Er hatte das Beil erhoben und die Beine gespreizt, um dem Anprall standzuhalten.
    »Das gibt es doch nicht!« sagte er laut. »Du feiger Hund, bleib hier! Hörst du, bleib hier.« Er riß die Lanze aus dem Boden, wog sie in der Hand und ging auf den Panther zu.
    Das Tier fauchte böse, hieb einmal in den Boden, drehte sich dann um und trottete in den Urwald zurück.
    »Bleib stehen!« schrie Peters. »Verdammt! Bleib stehen! Ich brauche dich! Du feiges Aas! Du läufst vor einem Feigling weg, begreifst du das?!«
    Er rannte dem Panther hinterher. Das Tier sah sich kurz um und schlug eine schnellere Gangart an. Nur weg von diesem stinkenden Wesen, nur weg, dachte es.
    Hellmut Peters begann zu rennen. Den Speer vorgestreckt, stürzte er dem Panther nach. »Bleib stehen!« brüllte er dabei. »Verdammt, benimm dich wie ein Raubtier! Ich brauche dich. Einen Zentner Fleisch! Bleib stehen!«
    Der Panther war schneller. Mit einem Satz sprang er in das Dickicht, das für Peters eine grüne, federnde Mauer war.
    »Du Feigling«, schrie Peters. »Du erbärmlicher Feigling!« Alle Verkrampfung, alle Angst in ihm löste sich wie eine Explosion. Er begann vor Wut und Enttäuschung laut zu heulen, schleuderte die Lanze in die grüne Wand und hieb mit dem Beil auf die gummiähnlichen Lianen.
    Ein Zentner Fleisch. Ein ganzer Zentner Fleisch. Das Weiterleben! Keine

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