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Eine Vielzahl von Sünden

Eine Vielzahl von Sünden

Titel: Eine Vielzahl von Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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darunter eine große zusammengerollte Klapperschlange aus Neon, kurz vorm Zuschlagen. Neben der Schlange war zu lesen SCHLAG ZU, WERD REICH . Das Kasino selbst war nur ein niedriger, fensterloser Würfel mit einer Tür, und davor, Schnauze an Schnauze, eine Menge Schrottkisten und Pick-ups und ein paar Polizeistreifen. »Flauen manchmal suuu anspluchs-voll«, sagte Howard auf Japanisch, einfach um die trübe Stimmung zu durchbrechen.
    »Mir wär lieber, du würdest tun, was ich dir sage«, sagte Frances entnervt und kurvte auf den Kiesparkplatz des Motels. In dem beleuchteten Bürogebäude neben dem Highway war ein Mann hinter einem Tresen zu sehen, der gerade telefonierte. Die Einheiten waren weiße Stuck-Tipis mit Pseudo-Holzstämmen, die aus Pseudo-Rauchlöchern hervorstaken. Zehn Stück standen in einer Reihe, jedes mit einem kleinen runden Fenster links und rechts von der Eingangstür. Zwei weitere Autos parkten vor Tipis, deren Fenster erleuchtet waren.
    »Wenn du einen Herzanfall hast«, sagte er, »verspreche ich, deine Leiche nach Willamantic zu bringen. Genau wie, wer war’s noch gleich. Präsident Kennedy.«
    »Dann bist du ein Idiot«, sagte Frances, bremste vor dem Büro und starrte angewidert geradeaus.
    »Aber ich bin dein Idiot. Zumindest heute Nacht«, sagte Howard.
    Schnell war er ausgestiegen, die Turnschuhe auf dem Kies, der Himmel ringsum plötzlich blendend hell mit seinen vielen bleichen Sternen, aber ein starker Geruch nach Desinfektionsmittel schwebte überall auf dem kleinen Parkplatz, und aus dem Kasino kam Country-Musik. Frances im Auto redete weiter – immer noch darüber, dass er sie zurücklassen sollte –, aber er hörte es nicht. Er schaute hoch und atmete den beißenden Geruch ein, bis tief in seine Lungen hinein. Das war eine Erleichterung. Sie waren viel zu weit gefahren. In der ganzen Idee war von Anfang an der Wurm drin gewesen. Und jetzt wollte er sie nur von diesem dämlichen Thema abbringen – Herzanfälle, Tode usw. – und zurück zu dem Grund, warum sie zusammen hergekommen waren. Immer redeten und redeten die Leute, und nichts davon änderte etwas am Großen und Ganzen. Es war wie das Rücktrittsrecht des Käufers – morgen würde es schon wieder anders sein, egal was man sich heute für Sorgen machte. Man konnte es aussitzen. Bald war es vorbei. Kurz dachte er daran, dass er zum Makler des Jahres ernannt worden war. Einen Moment lang machte es ihn glücklich.
    Vom Fahrersitz aus beobachtete Frances eine große langschwänzige Ratte, die eine Schlange ärgerte. Die Schlange versuchte, über den Kies vor der Tipi-Reihe auf die Gestrüppbrache, wo die Wüste begann, zu entkommen. Durch das summende Motelschild wirkte der Parkplatz im Flutlicht wie elektrisch aufgeladen, und der kleine Kampf war komplett sichtbar. Sie hatte nicht gewusst, dass solche Dinge geschahen. Die Schlange war, wie sie glaubte, der natürliche Feind der Ratte und ihr körperlich überlegen. Die Ratte musste sich in Acht nehmen. Doch die überraschende Wahrheit sah anders aus. Wie Frances durchs Autofenster sehen konnte, hielt die Schlange mehrere Male inne, rollte sich zusammen und griff die Ratte an, diese aber erhob sich auf ihre Hinterbeine wie ein winziger Hengst und tänzelte herum. Dann entrollte sich die Schlange wieder, schließlich hatte sie danebengetroffen, und machte sich auf Richtung Vegetation und Dunkelheit. Die Ratte blieb dran, träge fast, stupste die Schlange und hüpfte zurück und stupste sie wieder, als wären die beiden persönlich miteinander bekannt. Nach einer Weile ließ Frances die Scheibe herunter, um zu hören, ob sie Geräusche von sich gaben – ob Klappern klapperten oder eine von ihnen zischte oder knurrte. Aber die Country-Musik vom Kasino war zu laut. Irgendwann erreichte die Schlange den Rand der Kiesfläche und glitt davon, die Ratte huschte nach vollendeter Arbeit zurück über den Parkplatz und verschwand unter einem der dunklen Tipis – hoffentlich nicht unter dem, wo sie schlafen würden.
    Frances war nun komisch zu Mute. Passte eigentlich nicht zu ihr, der kleinen Maklerin aus Nirgendwo in Connecticut – spezialisiert auf »das erste Eigenheim« und umgewandelte Eigentumswohnungen. Tochter. Ehefrau. Stolze Besitzerin eines BWL -Abschlusses nach Kurzstudium an einem zugelassenen Community College. In gewisser Hinsicht war dieser Typ aber genau richtig für sie, so falsch er auch war. Ist man nicht eigentlich immer man selbst? Ist einer, den man begehrt,

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