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Eine Vielzahl von Sünden

Eine Vielzahl von Sünden

Titel: Eine Vielzahl von Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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plötzliche Stille hinein. »Ich habe ihnen schon Häuser verkauft. Sie sind ziemlich nett. Sie gehen pfleglich mit ihren Sachen um.«
    »Wie Lesben«, sagte er. »Lesben sind gute Hausbesitzer.«
    Frances saugte ihre Unterlippe nach innen, blinzelte, knüllte ihr Gesicht zu einer Grimasse zusammen und schaute zu Howard hinüber. Ihre Imitation von einer Japanerin. »Ai-Gen-Haim«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Wil wollen Ai-Gen-Haim kaufen schon lange«, sagte Howard, und sie lachten beide. Sie war witzig – diese Seite von ihr hatte er noch nicht gesehen. »Du bist klasse«, sagte er. Dann sagte er: »Du bist ganz toll.«
    »Männel manchmal suuu anspluchs-voll«, sagte sie mit derselben japanischen Stimme. »Suu schwielig.«
    »Ja, aber es lohnt sich doch. Oder? Odanüch? « Das war das Einzige, was er nachmachen konnte – die Hasenscharte. Da schmissen sich die Leute immer weg.
    »Nicht wissen«, sagte Frances. »Su flüh. Spätel bessel wissen.«
    Er glitt mit seiner Hand nach oben zu ihrer festen, kleinen, spitzen Brust, war dann aber unsicher, was er als Nächstes tun sollte, schließlich saß sie am Steuer und wirkte nicht so, als wollte sie gleich anhalten und drauf einsteigen. »Wenn du rechts ranfährst, mach ich’s dir sofort, auf dem Vordersitz.« Er drückte den Knopf, um seinen Sitz wieder aufrecht zu stellen, so als wollte er seinen Worten Taten folgen lassen.
    »Jetzt gelade nicht gut Idee«, sagte Frances in ihrem Japanisch. »Halt wilden Dlachen sulück bis spätel. Wer walten kann, wild Gutes elleben. Gloßes Velsplechen.«
    Er streichelte ihre Brust, beugte sich näher zu ihr und roch das Parfüm, das sie in Flagstaff aufgelegt hatte. »Großes Versprechen, worauf du dich verlassen kannst«, sagte er, und wieder wusste er nicht genau, was er als Nächstes tun sollte. Er hielt ihre Brust noch ein Weilchen, dann wurde er verkrampft, klappte seinen Sitz wieder zurück und starrte von neuem nach draußen.
    So ließen sie sich die nächste Zeit, eine Stunde lang vielleicht, vom Schweigen einhüllen – Frances mit Blick voraus in die erleuchtete Nacht, Howard auf den Rand der Wüste starrend, wer wusste schon, was in diesen struppig-stillen Winkeln der Dunkelheit so sein Dasein fristete. Er sinnierte eine Weile darüber, in was für einem Haus Frances wohl lebte. Er hatte es natürlich nie gesehen, nahm aber an, dass es ein kleines Holzcottage mit weißen Schindeln und grünem Dach war, mit Pseudo-Gauben und ohne Garage, ein Haus, das sie selber finanzierte. Dann dachte er finster über Ed nach, der ihm zum ersten Mal eingefallen war, als er gesehen hatte, wie Frances mit ihm telefonierte. Frances war im Grunde ein solider, familienorientierter Mensch, ganz gleich, was sie bei dieser Eskapade mit ihm trieb. Sie war eine fähige Macherin, die die Dinge in die Hand nahm und gut verdiente. Nur konnte sie eben nicht immer erwarten, dass jede Einzelheit zu Eds Wohlergehen passte. Mit ihm zu ficken beispielsweise – das passte nicht. Obwohl, man musste schon ein Talent für das Ungewöhnliche haben – dann war auch für eine verheiratete Frau ein Seitensprung in Ordnung. Selbst wenn man deshalb lügen musste. Es hatte doch keinen Sinn, andere Menschen zu verletzen, für Dinge, die sie ebenso wenig in der Hand hatten wie man selber. Nur weil nicht immer alles ins Zelt passte, schmiss man ja nicht gleich das Zelt weg.
    Er hatte eine ziemlich klare Vorstellung von Ed, obwohl er ihn noch nie gesehen hatte. Für ihn war Ed ein großer heruntergekommener, unrasierter Mann in grauen Klamotten und ungeschnürten Schuhen, der einst körperlich stark, ja sogar einschüchternd gewesen war, aber heute nicht mehr; und deshalb schmollte er ständig und war imstande, unschuldigen Leuten grausame und unfaire Dinge an den Kopf zu werfen, nur weil das Leben nicht perfekt gelaufen war. Was natürlich bei niemandem der Fall war. Der Ausdruck »Holzklotz« und das verwitterte Gesicht des alten Filmschauspielers Lon Chaney Jr. verband sich mit Ed und mit dem nichtexistenten Sex zwischen ihnen, den Frances angedeutet hatte.
    Immer wenn Howard an Ed dachte, stellte er sich irgendeinen Zusammenprall vor, bei dem er – Howard – kühl und kontrolliert, Ed dagegen wutentbrannt, aber verwirrt sein würde. Er würde versuchen, sich großzügig und freundlich zu verhalten, doch Ed würde irgendwann unvermeidlich schneidend und sarkastisch reden. Er würde versuchen, Ed klar zu machen, dass ihn Frances wirklich

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