Eine Vorhaut klagt an
Die Mauer soll mit drauf.
Dann machte das erste Paar ein Foto vom zweiten. Ein drittes Paar ging vorbei und machte ein Foto von den ersten beiden Paaren zusammen.
– Echt süß, sagte das dritte Paar.
– Kriegt ihr die Wand mit drauf?
Ich stieg in den Bus, stieg in den zweiten Bus, sprang in ein Taxi, ging den Berg hinauf, nahm ein paar Züge Kamelscheiße und schlief ein.
Gleich am nächsten Morgen rief ich in New York an. Babas Fieber war zurückgegangen. Die Ärzte waren bezüglich ihres Zustands vorsichtig optimistisch. Ich atmete auf und gestattete mir, bezüglich meines Gottes vorsichtig optimistisch zu sein. Später fuhr ich noch einmal nach Jerusalem und kaufte mir eine neue Kipa. Dann kaufte ich mir eine fünfbändige Ausgabe der Fünf Bücher Mose und ein Buch mit dem Titel The Gates of Repentance . Danach ging ich zu dem großen offenen Markt in der Ben-Jehuda-Straße, wo Gott mich Naomi über den Weg laufen ließ; sie kaufte dort Gebäck für Sabbat. Wir setzten uns in ein Café in der Nähe, und ich erzählte ihr von meiner Großmutter und der Klagemauer. Sie lächelte, als sie meine neue Kipa sah. Wir merkten kaum, wie spät es geworden war, und ich begleitete sie zum Bus, wo ich sie fragte, ob sie Samstagabend schon etwas vorhabe. Sie sagte, sie glaube nicht, bat mich aber, sie später noch einmal anzurufen. Ich versprach es, sah ihrem Bus nach und dachte: Vielleicht . Ich war vorsichtig optimistisch.
An einem Zeitungskiosk in der Nähe kaufte ich mir einen Kuli, fuhr mit dem Bus zurück in die Stadt, mit einem zweiten zum Jaffa-Tor und eilte durch die engen, dunkler werdenden Gassen der Altstadt zur Klagemauer.
– Bitte , schrieb ich und darunter, nur um eine Verwechslung zu vermeiden: (Naomi) .
Ich knüllte das Papier zu einer winzigen festen Kugel zusammen. Ich überlegte einen Augenblick, faltete das Papier wieder auseinander und setzte ein Gott hinzu: obendrauf. Dann unterschrieb ich mit meinem Namen und setzte noch ein New York darunter, weil es sonst ein wenig herrisch klang, so wie man einem Untergebenen Befehle erteilen würde, und setzte noch ein Lieber vor das Gott , da ich kurz fürchtete, mein ansonsten lässiger Ton könne falsch verstanden werden. Ich drückte meinen Zettel in die Mauer, bestieg den Bus, bestieg den zweiten Bus, sprang in ein Taxi, lief den Berg hinauf, gab Gott eine Stunde, um Sein Ding klarzumachen, und rief Naomi in ihrer Jeschiwe an.
– Sie ist in der Dusche, sagte das Mädchen, das abnahm. – Macht sich für Schabbes fertig.
Ich versuchte, so gut ich konnte, mir Naomi nicht unter der Dusche vorzustellen, ein Akt moralischer Schwäche, der, da war ich mir sicher, meinen Zettel ungültig gemacht hätte. Ich bat das Mädchen, ihr einen guten Sabbat von mir zu wünschen und ihr auszurichten, ich würde sie anrufen, wenn er vorbei sei, und dass ich mich auf Samstagabend freute.
– Mmm-hmm, sagte das Mädchen.
Ich ging zurück auf mein Zimmer, erfüllt von den ersten Regungen der Liebe. Ich bügelte mein Schabbes -Hemd, strich meine neue Kipa glatt, nahm das Poster mit Cindy Crawford ab, ersetzte es durch ein Bild von Maimonides, sprang unter die Dusche und machte meinen Zettel ungültig.
– Das wird nie was, sagte Tzvi beim Mittagessen einen Tag später. – Die mischt sich hier nur unters Volk.
Tzvi kannte Naomi von New York. Auch Tzvi war religiös und kam, wie Naomi, aus einer religiösen Familie auf Long Island. Naomi war eine FFB , eine » frum from birth« (von Geburt an fromm) – ein regelkonformer Mensch, der in eine regelkonforme Familie geboren war und seitdem regelkonform. Ich war eher ein BT , ein Ba ’ al tschuwa , »reuig zurückkehrend«, was bedeutete, dass ich erst seit kurzem regelkonform war, nachdem ich es vorher nicht gewesen war. FFB s gehen nie mit BT s, weil BT s und FFB s fast nie heiraten. Die Familie eines FFB würde das niemals zulassen, außer in dem seltenen Fall, dass der Vater des FFB -Mädchens selbst ein BT gewesen war, allerdings hat niemand so große Zweifel am Eifer eines BT wie ein anderer BT .
– Ihr Vater bringt dich um, sagte Tzvi und schüttelte den Kopf, während er sich noch ein Schnitzel nahm. – Und dann bringt er sie um.
Ich kaufte Zizijot . Ich aß koscher. Von koscherem Essen nahm ich immer ein paar Pfund zu, aber ich glaubte, Naomi stand über solch weltlichen Belangen wie Bauchmuskeln.
Naomi und ich trafen uns am Nachmittag und gingen zusammen durch die Straßen Jerusalems; da wir
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