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Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
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Uhr. Ich rechnete mir aus, dass ich nicht mehr als acht Minuten brauchte, um mich anzuziehen und zum Schulgebäude zu laufen, und stellte den Wecker auf 8:02 Uhr. Dann duschte ich, legte mich ins Bett und wartete darauf, dass mich der Schlaf vor der Hitze rettete. Gegen elf kam ich auf die Idee, dass der Mini-Ventilator, der am Fußende klemmte, vielleicht mehr Wirkung hatte, wenn ich das T-Shirt auszog, und schließlich schlief ich nur in Boxershorts und ohne Decke ein.
    Eine Entscheidung, die ich ein paar Stunden später bereute, als mich zwei schwitzige dicke Hände brutal aus dem Schlaf rissen. Ich war sofort wach, vollkommen, doch ich verstand nicht, was die Stimmen wollten, verstand nicht, wieso da überhaupt Stimmen waren und was zum Teufel los war. Irgendwann war ich dann wach genug, dass ich hörte: »Komm schon, Alter. Wir wollen dir nicht in den Arsch treten müssen. Raus mit dir.« Und von der oberen Pritsche murmelte es: »Mein Gott, Pummel. Raus mit dir.« Also rappelte ich mich auf und erkannte allmählich drei schemenhafte Gestalten. Zwei von ihnen packten mich an den Armen und schleppten mich aus dem Zimmer raus. Bevor wir draußen waren, rief uns der Colonel hinterher: »Viel Spaß. Und sei gnädig mit ihm, Kevin.«
    Sie zerrten mich im Dauerlauf über das Gelände hinter den Schlafsälen zu den Sportplätzen hinunter. Wir liefen über eine Wiese, die voller Steine war, und ich ärgerte mich, dass mir keiner gesagt hatte, dass ich Schuhe brauchte. Was machte ich überhaupt hier draußen – barfuß, in Unterhosen, die Hühnerbeine bloßgestellt? Eintausend Demütigungen fielen mir ein: Miles Halter, der Neue, mit Handschellen ans Fußballtor gefesselt, nackt bis auf die Unterhose. Dann dachte ich, dass sie mich in den Wald verschleppten, wo es jetzt hinzugehen schien, um mir für den ersten Schultag ein paar Veilchen zu verpassen. Und die ganze Zeit sah ich starr zu Boden, weil ich die Jungs nicht ansehen und nicht stolpern wollte, ich sah runter zu meinen Füßen und versuchte, den spitzesten Steinen auszuweichen. Dann und wann regte sich der alte Instinkt, kämpfe oder flieh, aber ich wusste auch, dass mir weder kämpfen noch fliehen je geholfen hatte. Über einen Umweg näherten wir uns dem Strand, und da dämmerte mir, was mir bevorstand – ein gutes altes nächtliches Bad im See –, und ich atmete auf. Damit konnte ich leben.
    Doch als wir am Strand ankamen, befahlen sie mir, die Arme anzulegen, und der Stämmigste von ihnen griff nach zwei Rollen Tapeband. Während ich stillstand wie ein Soldat, mumifizierten sie mich von den Schultern bis zur Hüfte. Dann warfen sie mich zu Boden. Der künstlich aufgeschüttete Sand pufferte meine Landung zwar, aber den Kopf schlug ich mir trotzdem an. Jetzt packten zwei von ihnen meine Beine, während mir der Anführer – Kevin, wie ich verstanden hatte – seine kantige Visage so nah ins Gesicht hielt, dass mich die gegelten Strähnen seiner Igelfrisur piekten. »Das ist für den Colonel«, zischte er. »Du solltest dich nicht mit dem Arschloch abgeben.« Mit Klebeband fesselten sie mir die Beine. Ich hatte mich in eine silberne Mumie verwandelt.
    »Hey, bitte, Leute, macht das nicht«, sagte ich noch, dann klebten sie mir auch den Mund zu. Anschließend hoben sie mich hoch und warfen mich ins Wasser.
    Ich sank. Und sank. Doch statt in Panik oder Ähnliches zu verfallen, hatte ich nur einen Gedanken, nämlich dass »Hey, bitte, Leute, macht das nicht« echt miese letzte Worte waren. Nachdem ich scheinbar endlos gesunken war, machte sich schließlich das große Wunder der menschlichen Spezies bemerkbar – der Auftrieb. Und als ich zurück zur Oberfläche schwebte, drehte und wendete ich mich, so gut ich konnte, um die Nase hinaus in die warme Nachtluft zu strecken und zu atmen. Ich war nicht tot. Ich würde nicht sterben.
    Na bitte , dachte ich, halb so schlimm.
    Aber da war immer noch ein kleines Problem. Wie sollte ich vor Sonnenaufgang ans Ufer zurückkommen? Zuerst musste ich meine Position feststellen. Doch wenn ich den Kopf nur ein wenig hob, begann sich mein ganzer Körper zu drehen, und auf meiner persönlichen Liste der unangenehmen Todesarten stand »in nassen Boxershorts mit dem Gesicht nach unten« ziemlich weit oben. Also legte ich den Kopf in den Nacken, bis meine Brauen fast unter Wasser waren, und verdrehte die Augen, bis ich erkennen konnte, dass das Ufer – in kaum drei Meter Entfernung – genau hinter mir lag. Ich versuchte zu

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