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Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
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(selbst mit meinem schlechten Orientierungssinn schaffte ich es von Raum3 zu Raum12), war ich den ganzen Tag nervös. Ich kannte niemanden und wusste nicht mal, wen es sich zu kennen lohnte. Und der Unterricht war schwer, bereits am allerersten Tag. Mein Dad hatte mich gewarnt, dass ich mich anstrengen müsste, und jetzt war mir schlagartig klar, wie Recht er hatte. Die Lehrer waren streng und anspruchsvoll – viele von ihnen hatten einen Doktortitel –, und als die letzte Stunde vor dem Mittagessen begann, war ich enorm erleichtert. Der Religionsunterricht war ein Überrest aus der Zeit, als Culver Creek eine christliche Knabenschule gewesen war, ein Pflichtfach in der elften und zwölften Jahrgangsstufe. Vielleicht konnte ich mir wenigstens hier einen leichten Einser holen.
    Es war der erste Kurs, in dem die Tische nicht im Quadrat oder im Kreis angeordnet waren, und weil ich kein Streber sein wollte, setzte ich mich in die dritte Reihe. Ich war sieben Minuten zu früh, einerseits, weil ich ein pünktlicher Mensch war, aber auch, weil ich niemanden kannte, mit dem ich draußen hätte quatschen können. Kurze Zeit später tauchte der Colonel mit Takumi auf, und die beiden setzten sich rechts und links neben mich.
    »Ich hab von gestern Nacht gehört«, sagte Takumi. »Alaska ist stinksauer.«
    »Ach, gestern Nacht ging es ihr am Arsch vorbei«, versetzte ich.
    Takumi schüttelte den Kopf. »Ja, na ja, da kannte sie noch nicht die ganze Geschichte. Die Leute sind eben launisch, Mann. Daran musst du dich gewöhnen, wenn du in einer Gemeinschaft lebst. Du könntest schlimmere Freunde haben –«
    Der Colonel schnitt ihm das Wort ab. »Schluss mit dem Psycho-Gequatsche, MC Dr. phil. Reden wir lieber von der Gegenrevolution.« In der Zwischenzeit strömten immer mehr Schüler ins Klassenzimmer. Der Colonel beugte sich zu mir und raunte: »Wenn du einen von den Typen siehst, sagst du mir Bescheid, okay? Hier, mach einfach ein Kreuz an die Stelle, wo sie sitzen.« Er riss eine Seite aus dem Spiralblock und zeichnete ein Rechteck für jeden Tisch. Plötzlich entdeckte ich einen in der Menge – den Großen mit den stacheligen Haaren. Kevin bedachte den Colonel im Vorbeigehen mit einem eiskalten Blick. Darüber vergaß er anscheinend, auf den Weg zu achten, und schlug sich an einem der Tische den Oberschenkel an. Der Colonel lachte gehässig. Hinter Kevin kam der Nächste, ein Typ, der entweder zu dick war oder zu auftrainiert, in Bundfaltenhose und schwarzem Polohemd. Als die beiden sich setzten, kreuzte ich die betreffenden Tische an und schob dem Colonel den Block rüber. Zur gleichen Zeit kam der Alte hereingeschlurft.
    Der Alte bewegte sich in winzigen Schritten und atmete röchelnd und pfeifend mit weit aufgerissenem Mund. Beiläufig stieß mich der Colonel an und zeigte auf seinen Block. Der Alte hat nur eine Lunge, hatte er dorthin gekritzelt, und ich glaubte es sofort. Das laute, fast verzweifelte Keuchen erinnerte mich an meinen Großvater, der an Lungenkrebs gestorben war. Der Alte, mit einer Brust wie ein Fass und scheinbar uralt, hinkte durch den Raum, dass ich fürchtete, er würde sterben, bevor er das Podium erreichte.
    »Ich bin«, ächzte er schließlich, »Dr. Hyde. Auch ich habe natürlich einen Vornamen, doch für Sie ist mein Vorname Doktor. Ihre Eltern zahlen viel Geld dafür, dass Sie hier zur Schule gehen, und ich erwarte, dass Sie ihnen die Investition danken, indem Sie Ihre Hausaufgaben machen und regelmäßig den Unterricht besuchen. Und wenn Sie hier sitzen, hören Sie gut zu, was ich zu sagen habe.« Offensichtlich doch kein leichter Einser.
    »In diesem Jahr sehen wir uns drei der großen Religionen an: den Islam, das Christentum und den Buddhismus. Nächstes Jahr nehmen wir uns drei weitere Religionen vor. In meinem Unterricht rede ich die meiste Zeit, und Sie hören zu. Denn Sie mögen schlau sein, aber ich bin schon länger schlau gewesen. Bestimmt gibt es manche unter Ihnen, die Vorträge nicht mögen, aber, wie Sie wahrscheinlich festgestellt haben, ich bin nicht mehr der Jüngste. Ich würde zwar gern die mir verbliebene Luft daran vergeuden, mit Ihnen über die Feinheiten der islamischen Geschichte zu plaudern, doch unsere Zeit ist knapp bemessen. Ich muss reden, und Sie müssen zuhören, denn hier haben wir es mit der wichtigsten Frage der Menschheit zu tun: die Suche nach dem Sinn. Was ist das Wesen des Menschseins? Wie stellt man es am besten an, ein Mensch zu sein? Wie sind wir

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