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Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
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sie fingen an zu streiten, so leise, dass ich nicht verstehen konnte, worum es ging, nur, dass sie einander annervten, und schließlich fragte ich Takumi, wo der Weg hinführte.
    »Die Straße ist eine Sackgasse, die zu einer alten Scheune führt. Aber ich schätze, dass wir zur Rauchergrotte gehen. Wirst schon sehen.«
    Hier draußen war der Wald ein ganz anderes Wesen als von Dr. Hydes Klassenzimmer aus betrachtet. Der Boden war von einer Schicht Zweige, modernder Kiefernnadeln und dornigem Unterholz bedeckt. Der Weg wand sich durch ein Gewirr von Kiefernstämmen, die rank und schlank über uns in die Höhe schossen und deren filigrane Nadeln an diesem sengend heißen Tag einen zarten Schleier von Schatten woben. Die kleineren Eichen und Ahornbäume, die von Dr. Hydes Klassenzimmer aus unter den majestätischen Kiefern verschwanden, zeigten bereits erste Spuren des Herbstes, von dem thermisch noch nichts zu erahnen war. Die noch grünen Blätter begannen, schlaffer zu werden.
    Über eine wackelige Holzbrücke – blanke Sperrholzplatten auf einem Betonfundament – überquerten wir den Culver Creek, das verschlungene Bächlein, das in endlosen Schleifen durch die Ausläufer des Schulgeländes mäanderte. Auf der anderen Seite der Brücke führte ein fast unsichtbarer Pfad die steile Böschung hinunter. Eigentlich war es weniger ein Pfad als eine Reihe von Spuren – ein abgebrochener Zweig hier, ein Stück niedergetretenes Gras da –, die belegten, dass hier Menschen gewesen waren. Hintereinander kletterten wir hinab, Alaska, der Colonel und Takumi hielten jeweils für den Nachfolgenden einen Ahornzweig zur Seite, den ich als letzter hinter mir zurücksausen ließ. Und dort unten, unter der Brücke: eine schattige Oase. Eine Betonplatte am Wasser, ein mal drei Meter, darauf drei blaue Plastikstühle, die jemand vor langer Zeit aus der Schule geklaut und hier runter geschleppt hatte. Hier unten, in der Kühle des Schattens und des Wassers, war mir zum ersten Mal seit Wochen nicht zu heiß.
    Der Colonel verteilte Zigaretten. Takumi verzichtete; wir anderen zündeten uns eine an.
    »Er hat nicht das Recht, so herablassend zu sein, das ist alles, was ich sage«, sagte Alaska zum Colonel und setzte das Streitgespräch fort. »Pummel wird nicht mehr aus dem Fenster sehen und ich werde mich nicht mehr echauffieren, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er ein schrecklicher Lehrer ist, und du kannst mich nicht vom Gegenteil überzeugen.«
    »Na schön«, sagte der Colonel. »Aber mach nicht noch mal so eine Szene. Verdammt, du hast den armen Teufel fast umgebracht.«
    »Im Ernst, du kannst nicht gewinnen, wenn du dich gegen Hyde stellst«, warf Takumi ein. »Er frisst dich bei lebendigem Leib, dann scheißt er dich aus und pisst auf den Haufen. Genau das, was wir mit dem Arschloch tun sollten, das Marya verpfiffen hat. Hat jemand was Neues rausgekriegt?«
    »Es muss ein Tagestäter gewesen sein«, sagte Alaska. »Aber offensichtlich glauben die, der Colonel war’s. Wer weiß. Vielleicht hatte der Adler einfach Glück. Sie war dumm, sie ist erwischt worden, sie ist geflogen, Schluss aus vorbei. Das passiert eben, wenn man dumm ist und sich erwischen lässt.« Alaska formte mit den Lippen ein O, dann machte sie mit dem Mund Bewegungen wie ein Goldfisch beim Fressen und versuchte erfolglos, Rauchringe zu blasen.
    »Puh«, sagte Takumi, »wenn ich mal rausfliege, erinner mich dran, dass ich mich selber räche, denn auf dich kann ich wohl nicht zählen.«
    »Sei nicht kindisch«, gab sie abschätzig zurück. »Ich verstehe nicht, warum ihr so besessen davon seid, alles aufzuklären, was hier passiert. Als würde sich jedes Rätsel lösen lassen. Mein Gott, es ist vorbei. Takumi, hör auf, anderer Leute Probleme zu klauen. Besorg dir lieber ein paar eigene.« Takumi wollte noch etwas sagen, doch Alaska hob die Hand und beendete die Unterhaltung.
    Ich schwieg – ich kannte Marya gar nicht, und außerdem war »schweigend zuhören« für mich die bewährte Gesprächsstrategie.
    »Also«, sagte Alaska zu mir. »Ich fand es scheußlich, wie er dich behandelt hat. Ich hätte am liebsten geheult. Ich hätte dir am liebsten einen Kuss gegeben und dich getröstet.«
    »Zu schade«, sagte ich melancholisch, und alle lachten.
    »Du bist niedlich«, sagte sie. Ich spürte die Intensität ihrer Augen und sah nervös weg. »Zu schade, dass ich meinen Freund liebe.« Ich starrte auf die knotigen Wurzeln der Bäume am Ufer und

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