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Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
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versuchte, dabei nicht so auszusehen, als hätte sie mich gerade niedlich genannt.
    Takumi konnte es anscheinend auch nicht glauben. Er trat auf mich zu, wuschelte mir durchs Haar und begann zu rappen. »Ja, Pummel, der Neue, der ist niedlich/ doch Alaska denkt täglich unterschiedlich/nur deshalb ist sie bei Jake so friedlich/ denn er ist so … verdammt – verdammt. Fast hätte ich vier Reime auf niedlich gehabt. Aber mir ist nur liedlich eingefallen, und das ist nicht mal ein Wort.«
    Alaska lachte. »Du hast es geschafft, ich bin nicht mehr sauer. Gott, ist Rap sexy. Pummel, wusstest du überhaupt, dass du hier den fettesten MC von ganz Alabama vor dir hast?«
    »Äh, nein.«
    »Gib mir einen Beat, Colonel Catastrophe«, raunte Takumi, und ich musste lachen bei der Vorstellung, dass ein so uncooler Wicht wie der Colonel einen Rapnamen hatte. Doch der Colonel legte die Hände an den Mund und begann, absurde Geräusche von sich zu geben, die, wie ich annahm, den Beat vorgeben sollten. Bum-tsch. Bum-baba-bum-tsch. Takumi lachte.
    »Hier unten am Wasser soll ich es kicken?/ Wären Kippen Lutscher, ich würd’ sie abnicken/ Ich reime klassisch wie der alte Schiller/ Die Beats vom Colonel sind traurig wie Arthur Miller/ Die Leute meinen manchmal, ich werde immer schriller/ MalReimIchSchnell, mal langsam wie Godzilla.«
    Er hielt inne, holte Luft, und dann kam er zum Schluss.
    »Emily Dickinson zu Ehren reim’ ich freie Verse/ Euer MC macht jetzt Schluss, ich lauf schon auf Reserve.«
    Ich kannte Emily Dickinsons Gedichte zwar nicht, aber ich war ziemlich beeindruckt. Wir schenkten Takumi eine Runde Applaus. Alaska rauchte ihre Zigarette fertig und warf sie in den Bach.
    »Wie kannst du nur so verdammt schnell rauchen?«, fragte ich.
    Sie sah mich an und lächelte breit, so breit, dass das Grinsen auf ihrem schmalen Gesicht vielleicht dämlich ausgesehen hätte, wäre da nicht das unantastbar vornehme Grün ihrer Augen. Strahlend wie ein Kind unter dem Weihnachtsbaum sagte sie: »Ihr raucht zum Spaß, ich rauche, um zu sterben.«
Einhundertneun Tage vorher
    Am nächsten Abend gab es Hackbraten im Speisesaal, eins der wenigen Gerichte, die nicht aus der Friteuse kamen, und Hackbraten war, vielleicht deswegen, Maureens größte Pleite – ein faseriger, soßengetränkter Klumpen, der weder nach Braten aussah noch nach Fleisch schmeckte. Alaska hatte ein Auto, auch wenn ich noch nie mitgefahren war, und sie schlug vor, mit mir und dem Colonel zu McDonald’s zu fahren, aber der Colonel hatte kein Geld, und ich hatte auch nicht viel, seit ich ständig für seine extravagante Nikotinsucht aufkommen musste.
    Also machten der Colonel und ich uns ein paar alte Bufritos warm, die, anders als Pommes frites, in der Mikrowelle weder ihren exquisiten Geschmack noch ihre köstliche Knusprigkeit einbüßen. Danach überredete mich der Colonel, das erste Basketballspiel des Schuljahrs anzusehen.
    »Basketballsaison im Herbst?«, fragte ich zweifelnd. »Ich verstehe ja nicht viel von Sport, aber ist im Herbst nicht Football dran?«
    »Die Schulen in unserer Liga sind zu klein für eine Footballmannschaft. Deshalb spielt man bei uns Basketball im Herbst. Auch wenn eine Footballmannschaft von Culver Creek ein schöner Anblick wäre, Mann. Dein knochiger Hintern würde bestimmt einen spitzenmäßigen Verteidiger abgeben. Die Basketballspiele hier sind jedenfalls ein Mordsspaß.«
     
    Ich hasste Sport. Ich hasste Sport, und ich hasste Sportler, und ich hasste Leute, die sich Sport ansahen, und ich hasste Leute, die Leute, die sich Sport ansahen, nicht hassten. In der dritten Klasse – dem letzten Jahr, in dem man zum Kinder-Baseball zugelassen war – wollte meine Mutter, dass ich Freunde fand und steckte mich in die Kinder-Baseball-Mannschaft der »Orlando Pirates«. Ich fand auch Freunde – ein paar Zwerge aus dem Kindergarten, was mein gesellschaftliches Ansehen in meiner Grundschulklasse nicht gerade steigerte. Dabei hätte ich es in jenem Jahr sogar fast in die Kinder-Baseball-Champions-League geschafft, hauptsächlich weil ich die anderen Jungs um mehrere Köpfe überragte. Der Typ, der mich schlug, Clay Wurtzel, hatte nur einen Arm. Ich war ein überdurchschnittlich großer Drittklässler mit zwei Armen und wurde vom einarmigen Clay Wurtzel aus dem Kindergarten geschlagen. Und das hatte nichts mit Mitleid zu tun. Clay Wurtzel traf den Ball, während ich ständig daneben schlug, selbst wenn der Ball reglos an der Abschlagstelle

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