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Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
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lag. Dass Sport in Culver Creek kein Pflichtfach war, wie mein Dad mir versichert hatte, war eins der Dinge, die mir Culver Creek sympathisch gemacht hatten.
     
    »Es gibt nur ein Ereignis, an dem ich meinen blinden Hass auf alle Tagestäter und ihr Country-Club-Gedöns kurzfristig ablege«, erklärte der Colonel. »Und zwar, wenn in der Turnhalle von Culver Creek die Klimaanlage aufgedreht wird für ein nettes, kleines Basketballspielchen. Das erste Spiel im Jahr darf man auf keinen Fall verpassen.«
    Als wir auf die Hangar-artige Turnhalle zuliefen, die ich zwar von Weitem kannte, aber nie hatte betreten wollen, erklärte mir der Colonel das Wichtigste, was es über unsere Basketballmannschaft zu wissen gab: Sie war nicht sehr gut. Der »Star« der Mannschaft, erklärte der Colonel weiter, war ein Senior namens Hank Walsten, der mit voller Kraft nach vorn spielte, obwohl er nur eins fünfundsiebzig groß war. Auf dem Schulgelände war Hank vor allem deswegen beliebt, soviel wusste ich bereits, weil er immer Gras da hatte, und der Colonel erzählte, dass Hank seit vier Jahren bei jedem einzelnen Anpfiff high gewesen war.
    »Für ihn ist Gras das, was für Alaska Sex ist«, sagte der Colonel. »Der Typ hat sogar mal aus einem Luftgewehr, einer reifen Birne und einem großformatigen Hochglanzfoto von Anna Kournikova eine Wasserpfeife gebaut. Nicht der hellste Stein beim Juwelier, aber für die bedingungslose Hingabe, mit der er seinen Drogenmissbrauch betreibt, muss man ihn bewundern.«
    Nach Hank, fuhr der Colonel fort, kam erst mal niemand, und dann kam Wilson Carbod, der Center, der eins achtzig maß. »Wir sind so mies«, sagte der Colonel, »dass wir nicht mal ein Maskottchen haben. Ich hab uns die Culver-Creek-Nullen getauft.«
    »Sie spielen einfach scheiße?«, fragte ich. Ich hatte immer noch nicht verstanden, warum man sehen wollte, wie das eigene schlechte Team eins auf die Mütze kriegte. Nur die Aussicht auf die Klimaanlage hatte mich überzeugt.
    »Oh ja, sie spielen scheiße«, antwortete der Colonel. »Aber gegen die Tauben- und Blindenschule gewinnen wir immer noch.« Auf der staatlichen Schule für Taube und Blinde machten sie sich anscheinend nicht viel aus Basketball, und so kamen die Culver-Creek-Nullen für gewöhnlich doch noch mit einem Sieg pro Saison davon.
    Als wir ankamen, war die Turnhalle bereits gerammelt voll. Fast jeder einzelne Culver-Creekler war da – ich entdeckte sogar die drei Goth-Chicks, die ganz oben auf der Tribüne saßen und sich den Eyeliner nachzogen. Zu Hause hatte ich mir nie ein Basketballspiel angesehen, aber ich glaube nicht, dass das Publikum dort auch so gemischt war. Und doch war ich überrascht, als sich niemand anderes als Kevin Richman vor uns auf die Bank setzte, während die Cheerleader der gegnerischen Mannschaft (in den unglücklichen Schulfarben Kackbraun und Pissgelb) ihre kleine Fangemeinde anfeuerten. Kevin drehte sich um und starrte den Colonel an.
    Wie die meisten Tagestäter war Kevin ein geschniegelter Typ, der jetzt schon aussah wie ein Golf spielender Rechtsanwalt in spe. Und er klatschte sich so viel Gel in sein blondes, an den Seiten kurzes und oben stacheliges Haar, dass es immer nass aussah. Natürlich hasste ich ihn nicht so abgrundtief wie der Colonel, weil der Colonel ihn schon aus Prinzip hasste und prinzipieller Hass tausendmal abgrundtiefer ist als mein »Ich fand’s echt doof, dass ihr mich gefesselt und in den See geworfen habt«-Hass. Trotzdem versuchte ich, ihn Furcht einflößend anzufunkeln, als er den Colonel anstarrte, auch wenn es mir schwer fiel zu verdrängen, dass er vor ein paar Wochen meinen dürren Hintern in Unterhosen gesehen hatte.
    »Du hast Paul und Marya verpfiffen. Wir haben uns gerächt. Frieden?«, sagte Kevin.
    »Ich hab sie nicht verpfiffen. Pummel hier erst recht nicht, aber an ihm habt ihr euch vergriffen. Du willst Frieden? Lass mich mal eine kurze Umfrage starten.« Die Cheerleader setzten sich, die Pompons an die Brust gedrückt, als würden sie beten. »Hey Pummel«, fragte der Colonel mich. »Was hältst du von Frieden?«
    »Erinnert mich an die Geschichte in den Ardennen, als die Deutschen von den Amerikanern verlangten sich zu ergeben«, sagte ich. »Wie General MacAuliffe damals meinte: ›Die sind wohl komplett verrückt geworden.‹«
    »Warum wolltest du den umbringen, Kevin? Der Typ ist genial. Dein Angebot ist komplett verrückt.«
    »Komm schon, Mann. Ich weiß, dass du sie verpfiffen hast.

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