Eine wie Alaska
verstehe Morsecode nicht. Das hat sie anscheinend nicht gewusst. Jedenfalls dachte ich, dass ihr das wissen solltet.«
»Danke«, sagte ich kurz. Sie stand noch eine Weile rum und starrte uns mit offenem Mund an, als wollte sie noch was sagen, aber der Colonel funkelte mit halb geschlossenen Lidern zurück und mahlte mit den Kiefern, ohne seine Verachtung zu verbergen. Ich konnte ihn gut verstehen: Ich glaube auch nicht an Geister, die Morsecode benutzen, um mit Leuten in Kontakt zu treten, die sie nicht ausstehen können. Außerdem gefiel mir die Vorstellung nicht, dass Alaska jemand anderem Frieden schenken könnte und nicht mir.
»Herrgott, so was müsste verboten sein«, knurrte der Colonel, als sie weg war.
»Das war ziemlich dämlich.«
»Das ist nicht nur dämlich, Pummel. Ich meine, als würde Alaska ausgerechnet mit Holly Moser reden. Gott! Ich kann diese heuchelnden Trauerklöße nicht ausstehen. Was für eine dämliche Ziege.«
Fast wollte ich sagen, dass Alaska es nicht gut gefunden hätte, wenn er irgendeine Frau dämliche Ziege nannte, doch es war sinnlos, mit dem Colonel zu streiten.
Zwanzig Tage danach
Es war Sonntagabend, und der Colonel und ich beschlossen, nicht im Speisesaal zu essen, sondern uns ein ausgewogenes Mahl bestehend aus je zwei Vollkornsahnetörtchen im Sunny Kiosk auf der anderen Seite des Highway reinzuziehen. Siebenhundert Kalorien. Genug Energie, um einen Mann einen halben Tag lang am Laufen zu halten. Wir setzen uns auf den Bürgersteig vor dem Laden, und ich hatte meine Törtchen mit vier Bissen verputzt.
»Morgen rufe ich Jake an, nur damit du es weißt. Ich hab seine Nummer von Takumi.«
»Von mir aus«, sagte ich.
Hinter mir läutete die Türglocke, und ich drehte mich um.
»Rumhängen verboten«, meckerte die Frau, bei der wir eben noch Kunden waren.
»Wir essen«, gab der Colonel zurück.
Die Frau schüttelte den Kopf und verscheuchte uns wie streunende Hunde: »Weg da.«
Also gingen wir hinter den Laden und setzten uns neben die stinkenden Mülltonnen.
»Langsam reicht’s mir mit deinem Von mir aus , Pummel. Das ist doch lächerlich. Ich rufe Jake an und schreibe mit, was er sagt. Dann setzen wir uns zusammen und versuchen rauszufinden, was passiert ist.«
»Nein. Das kannst du allein rausfinden. Ich will nicht wissen, was zwischen ihr und Jake passiert ist.«
Der Colonel seufzte und holte eine Schachtel Miles-Halter-Zigaretten aus der Hosentasche. »Warum nicht?«
»Weil ich nicht will! Muss ich bei jeder Entscheidung, die ich treffe, eine tiefenpsychologische Analyse mitliefern?«
Mit einem Feuerzeug, das ich bezahlt hatte, zündete er sich eine Zigarette an und nahm einen Zug. »Egal. Der Sache muss auf den Grund gegangen werden, und ich brauche deine Hilfe, schon weil wir beide zusammen sie ziemlich gut kannten. So ist das.«
Ich stand auf und starrte auf ihn hinab, wie er so selbstgerecht dasaß und mir seine dünne Rauchfahne ins Gesicht blies, und da platzte mir der Kragen. »Ich hab die Nase voll, mich von dir rumkommandieren zu lassen, du Arschloch! Ich setze mich nicht mit dir hin und diskutiere über die Feinheiten ihrer Beziehung mit Jake, verdammt noch mal. Klarer kann ich es nicht ausdrücken: Ich will es nicht wissen . Ich weiß , was sie mir gesagt hat, und mehr brauche ich nicht zu wissen, und du kannst mich von oben herab behandeln, so lange du willst, du Wichser, aber ich sitze nicht rum und bequatsche mit dir, wie sehr sie Jake geliebt hat! Jetzt gib mir meine Zigaretten.«
Der Colonel warf das Päckchen hin, sprang auf und packte mich mit der Faust am Pullover, doch er schaffte es nicht, mich auf seine Höhe runter zu zerren.
»Sie ist dir scheißegal!«, schrie er. »Dir geht es doch nur um dich und deine beschissene Wahnvorstellung, du und Alaska, ihr hättet eine gottverdammte geheime Liebesaffäre gehabt, und sie würde Jake wegen dir verlassen, und dann lebt ihr glücklich bis an euer Lebensende. Sie hat eine Menge Typen geküsst, Pummel. Und wenn sie noch hier wäre, das wissen wir doch beide, dann wäre sie immer noch Jakes Freundin, und zwischen euch beiden gäbe es nichts als ein kleines Drama – keine Liebe, keinen Sex, nur dich, wie du hinter ihr herläufst, und sie mit ihrem: ›Du bist niedlich, Pummel, aber ich liebe Jake.‹ Wenn sie dich so geliebt hat, warum hat sie dich in der Nacht verlassen? Und wenn du sie so geliebt hast, warum hast du sie gehen lassen? Ich war betrunken. Was ist deine Entschuldigung?«
Der
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