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Eine Wiener Romanze: Roman (German Edition)

Eine Wiener Romanze: Roman (German Edition)

Titel: Eine Wiener Romanze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vogel
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Rost. »Hm … mit einem Freund, ein sehr wichtiges Treffen.«
    Auf einer wenig begangenen Seitenallee setzten sie sich auf eine freie Bank. Es täte gut, ihm lange, direkt und frei in die Augen zu blicken, die Hand für immer und ewig in seiner zu verstecken, in ihm geborgen zu sein, auf einen kleinen, fernen Punkt reduziert, als Kern seines Wesens – so hatte sie sich dieses Rendezvous unwissentlich, kraft eines Empfindens, vorgestellt, aber die Wirklichkeit erregte ihre Streitsucht, machte sie gereizt, aufgebracht, böse. Sie konnte einen Groll im Herzen nicht unterdrücken. Während sie ihm harte, ätzende Dinge entgegenschleuderte, hätte sie eigentlich den Kopf in seinen Schoß legen und leise weinen mögen, nicht im Schmerz, sondern in einem prickelnden Glücksgefühl: Weil der Tag so schön war, dass man ihn gern mit Küssen überhäufen würde, weil der grüne Strauch gegenüber schon ganz im Schatten lag, weil unter ihm, mal auf dieser, mal auf jener Seite, eine grau-weiße Taube hüpfte, weil eine kleine Ameise ihren weißen Schuh wie eine Brücke erklommen hatte, weil die Reihe der beschnittenen Wipfel wie eine Wand zur Hälfte in der warmen Sonne leuchtete, und weil … bloß so.
    Ein vorübergehendes Paar hinterließ feinen, schwachen Mimosenduft, bis ein unwirklicher Luftzug aufkam und ihn verwehte. Erna folgte dem Paar mit den Augen, bis es in eine Seitenallee abbog.
    »In einem Monat fangen die großen Ferien an«, sagte sie wie zu sich selbst, »gehen Sie gern schwimmen?«
    Ja, er schwimme gern.
    »Wir fahren sicher in die Sommerfrische, wie jedes Jahr.« Nach kurzer Pause: »Sie werden sich so oder so ein anderes Zimmer suchen müssen …«
    »Warum?«
    »Weil es … Sie verstehen … besser ist.« Einen Moment später fügte sie hinzu: »Weil alle wegfahren …« Erna drehte nervös ihre Handtasche hin und her, bis sie ihren Händen entglitt und zu Boden fiel. Rost bückte sich danach und gab sie ihr. »Wenn Sie in ein anderes Zimmer zögen –«
    »Was dann?«
    »Dann …« Erna sprach den Satz nicht zu Ende. Tatsächlich war ihr selbst nicht klar, was dann.
    »Dann«, sagte Rost, »könnte ich Sie nicht so oft sehen, und das wäre nicht gut.«
    »Mich?«
    »Ja, Sie.«
    Sie betrachtete ihn kurz von der Seite, mit feinem, leisem Lächeln. Dann wieder fauchte sie ihn mit einer kindlich sturen Grimasse an: »Mir gefallen echte Männer, keine unreifen Schnösel!«
    »Möchten Sie, dass ich Ihnen ein paar vorstelle?«
    »Ich habe mehr als genug davon.«
    »Oho!«
    »Sie glauben es nicht?«
    »Warum nicht?«
    »Da ist einer, der seine Frau für mich verlassen will. Schwarzhaarig …«
    »Schwarzhaarig sogar! Und Sie?«
    »Mal sehen …«
    »Jedenfalls hat er Geschmack.«
    »Ein berühmter Musiker.«
    »Ah!«
    »Mit tiefen, grauen Augen.«
    »Auch das!«
    »Genau dreißig Jahre alt, nicht mehr und nicht weniger.«
    »Ein wunderbares Alter.«
    »Sie machen sich lustig.«
    »Gott behüte!«
    »Ich liebe ihn sehr.«
    »Herzlichen Glückwunsch!«
    »Als wir vor ein paar Wochen mit seinem Privatwagen eine große Landpartie machten und in einem Dorfgasthaus einkehrten, um Limonade zu trinken, hat er mir geschworen, er werde seinem Leben ein Ende setzen, wenn ich ihn nicht erhörte.«
    »Und hat er sich schon umgebracht?«
    »Noch nicht.«
    »Da hat er Glück gehabt.«
    Erna brach unvermittelt in ausgelassenes, befreiendes Lachen aus. Jetzt war sie wieder das aufgeregte, offenherzige kleine Mädchen.
    Rost verschlang sie mit den Augen, stimmte in ihr Lachen ein. »Wenn ich dreißig wäre, hätte ich also noch Aussichten!«
    »Sie, nicht mal mit hundert!« Dabei fixierte sie ihn mit so liebevollen Augen, dass ihm warm ums Herz wurde.
    »Klar, ich werde mir ein anderes Zimmer suchen …«
    »So ist es richtig«, lobte Erna, »es muss wirklich sein. Das heißt, Sie müssen nicht gleich weg. Es hat noch etwas Zeit, drei bis vier Wochen, meine ich, bis zum Ferienbeginn, nicht wahr?« Sie beugte sich vor, hob ein Steinchen vom Boden auf und warf es in die Luft. »Und in die Sommerfrische fahren Sie nicht?«
    »Vielleicht doch.«
    »Wenn man dort abends ausgeht, schläft schon alles. DasDorf, die Menschen, das Vieh im Stall. Die Nacht schweigt, die Sterne schweigen, die Erde atmet, und das Herz ist zum Bersten voll. Und man kann um diese Stunde brüllen vor Freude und gleich darauf weinen und sich im Sand wälzen wie ein wildes Fohlen, und sich selbst den glühenden Körper streicheln und sich den Arm blutig beißen

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