Eine wundersame Weihnachtsreise: Roman (German Edition)
wenn man selbst nicht besser war? Allerdings frage ich mich wirklich, was ich mit Piet mache, hoffentlich kriege ich den unterwegs wach. Seine Eltern haben sicher kein Verständnis dafür, dass er zugedröhnt bei ihnen abgeliefert wird.«
»Und was machst du mit dem Zeug?«
»Ich werd’s unterwegs in eine Mülltonne werfen. Oder besser noch in einen Container, den man nicht zurückverfolgen kann. Wäre doch blöd, wenn irgendwo eine Omi wegen Drogenbesitz verhaftet würde.
Wo soll ich dich eigentlich hinbringen? Berlin ist ja groß.«
Anna überlegte. Wollte sie Micha und seine Freundesfuhre wirklich durch ganz Berlin bis nach Zehlendorf jagen? An Weihnachten, wo ihre Familien auf sie warteten? Außerdem war der Berliner Stadtverkehr unberechenbar.
»Bring mich einfach zur ersten S-Bahn-Station, die dir über den Weg läuft«, sagte sie also. »Am Messeturm vielleicht. Dann kannst du an der nächsten Biege kehrtmachen und wieder rausfahren nach Oranienburg.«
»Bist du dir sicher?« Micha setzte den Blinker und fuhr ab auf den Abzweig nach Berlin-Reinickendorf.
»Ganz sicher. Ich komme ja von hier und kenne mich aus. Den Rest der Strecke fahre ich mit der Bahn, die schuldet mir nach diesem Abenteuer was.«
21. KAPITEL
M it einem seltsamen Gefühl der Leichtigkeit stieg Anna aus dem Wagen. Und das lag nicht allein an den Joints, deren kalter süßer Rauch Micha und seine Fuhre noch eine Weile begleiten würde.
Irgendwie war es ihr, als hätte sie in dem VW -Bus auch einen Teil der Last zurückgelassen, die sie in den vergangenen Jahren mit sich herumgeschleppt hatte.
Jetzt musste sie nur noch sehen, dass sie nach Zehlendorf kam. In anderthalb Stunden konnte sie zu Hause sein! Auch wenn sie schon lange nicht mehr hier gewesen war, kannte sie die Strecke, denn sie war ja hier aufgewachsen.
»Und, wie geht es jetzt weiter?«, fragte Micha, der nun ebenfalls ausstieg. Jetzt sah Anna, dass er ziemlich athletisch gebaut war. Eben ein richtiger Surferboy.
Anna sah ihn ein wenig verdutzt an. Warum interessierte es ihn, wie es weiterging?
»Na ja, ich werde jetzt versuchen, nach Hause zu kommen, und dann wohl Weihnachten feiern.«
»Mit deiner Mutter, deinem Bruder und dem Stiefvater.«
»Ja, mehr sind es nicht.«
»Keiner zum Lieben?« Sein Lächeln fuhr tief in ihre Seele und kitzelte ihr Herz.
»Nein, schon seit einiger Zeit nicht mehr. Es … waren nicht die Richtigen.«
Micha griff in die rechte Tasche seiner Cargo-Hose, zog einen kleinen Block und einen Stift daraus hervor. Das waren die letzten Dinge, die Anna in seinen Taschen vermutet hätte. Nicht einmal sie selbst trug Schreibzeug mit sich herum. Micha notierte etwas und reichte ihr den Zettel dann.
Anna erkannte eine Anschrift und Telefonnummer, außerdem eine E-Mail-Adresse. »Ich würde dich gern wiedersehen.« Micha reichte ihr den Zettel mit einem weiteren entwaffnenden Lächeln. »Vielleicht magst du mal bei mir anrufen. Oder mit uns fahren. Ich glaube, wir würden uns prima ergänzen.«
Anna schoss das Blut ins Gesicht. So direkt hatte ihr noch kein Typ gesagt, dass er nichts dagegen hätte, von ihr angerufen zu werden. Oder meinte er das alles nur ganz unverbindlich? Brauchten sie lediglich ein fünftes Rad am Wagen, einen Ersatz für die Schlafmütze?
»Ich … werd’s mir überlegen.«
Der Rastamann lächelte. »Wir werden im Frühjahr eine Tour nach Spanien machen, Spring Break, wenn man so will. Du hast da doch sicher auch Semesterferien, oder?«
»Klar hab ich die.«
»Wenn du noch nichts anderes vorhast, komm einfach mit. Es wird lustig, und dann muss sich Clarissa nicht allein mit uns Jungs rumschlagen. Außerdem …« Sein Lächeln veränderte sich nun. Als hätte es Schichten wie eine Zwiebel, wurde es tiefer, als die Außenhülle fiel. »Ich würd mich wirklich freuen, dich wiederzusehen, Schriftstellerin. Du könntest alles, was uns so passiert, aufschreiben.«
Anna versank in seinen Augen. Viele Momente lang, ohne etwas dagegen ausrichten zu können. Gab es so was wie Liebe auf den ersten Blick? Sie wusste es nicht. Genaugenommen war ihr das noch nie passiert. Oder doch? Sie war einfach zu müde und zu benebelt, um sich zu erinnern.
»Also dann«, sagte er schließlich.
Anna erkannte, dass ihm kalt war. Ihr auch, aber das hatte sie ignoriert.
»Also dann«, entgegnete sie lächelnd. »Komm gut an in Oranienburg, und halt dich bloß von George Michael fern!«
»Was das angeht, brauchst du dir keine Gedanken zu
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