Eine Zuflucht aus Rosen
fuhr.
„Madelyne“, flüsterte er und zog sie an seine Brust; nicht um sie zu küssen, sondern um ihr Ohr an seinen Herzschlag zu halten, „habe ich Euch schon gesagt, dass Ihr die schönste Frau seid, die ich je sah?“
Mit seinen Armen um sich, die sie fest gegen ihn drückten, legte sie ihren Kopf unter sein Kinn und ihre eigenen Arme wanderten nach hinten, an seinen muskulösen Rücken. Madelyne empfand da eine Geborgenheit, die sie nie zuvor empfunden hatte. Sie schloss die Augen und lächelte.
Dreiundzwanzig
Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer bei Hofe: Gavin de Mal Verne würde sich wieder vermählen, und das mit der schüchternen, kleinen Nonne, der Tochter seines Erzfeindes.
Reginald D’Orrais ertrug seine Niederlage mit selbstironischer Fassung, was ihm bei den Hofdamen viel Wohlwollen eintrug. Und sein etwas waidwunder Blick – ein Kummer, der einem gebrochenen Herzen zugeschrieben wurde – erhöhte seine Beliebtheit nur noch.
„Er scheint sich recht gut zu erholen“, machte Judith eine Bemerkung zu Madelyne, als sie ihre Freundin – die schon bald eine angeheiratete Kusine sein würde – bei der Kleideranprobe für ihre morgige Hochzeit aufmerksam studierte. „Maddie, Ihr seht atemberaubend aus! Gavin wird die Luft wegbleiben, wenn er Eurer ansichtig wird!“
Madelyne schaute sich prüfend in dem polierten Spiegel an, der in einer Ecke von Judiths Gemachs stand. „Sah Nicola schön aus an ihrem Hochzeitstag?“, fragte sie. Seit Tagen – oder vielmehr Wochen und eigentlich schon seit ihrer Ankunft auf Mal Verne – hatte sie gegen die Neugier angekämpft. Und jetzt hatte sie das Gefühl ein Recht darauf zu haben, zu wissen, was Gavins erster Ehefrau widerfahren war. Judith würde es wissen und würde ihr die ungeschminkte Wahrheit erzählen ... und sie würde damit leben, was auch immer sie über ihren Ehemann erfahren würde.
„Sie war schön, ja, das war sie. Auf eine ins Auge stechende, goldene Art ... während Ihr, Maddie ... Ihr seid der kühle, sinnliche, bezaubernde Mond zu ihrer grellen, harschen Sonne.“
„Was ist mit ihr geschehen, Judith? Jetzt da ich mich mit Gavin vermählen werde, habe ich ein Recht darauf, es zu erfahren. Alles, was mir gesagt wurde, war, dass sie sich einen Geliebten nahm ... und dass sie starb – am Abend, bevor sie zu ihm gehen wollte.“
Judith lehnte sich da auf ihrem Stuhl zurück und schaute sie überrascht an. „Dann kennt Ihr nicht die ganze Geschichte.“ Ihre grünbraunen Augen schauten Madelyne forschend an und was sie da sah, musste sie davon überzeugt haben, ihr hier die ganze Wahrheit zu erzählen. „Ihr Geliebter war Euer Vater, Maddie.“
Madelyne entfuhr da ein Keuchen und sie spürte, wie ihr alle Wärme aus dem Gesicht wich, es kalt und bleich hinterließ. „Mein Vater? Aber ... mein Vater ist wahnsinnig!“
Judith nahm Madelynes Hände in ihre eigenen, warmen Hände. „In der Tat. Er ist wahnsinnig. Aber früher war er bei Hofe sehr beliebt – zumindest bei denen, die ihn nicht gut kannten. Ich weiß aus Euren eigenen Erzählungen, dass er Eure Mutter und Euch seine Hand immer wieder spüren ließ ... und dass das Lächeln, das er den Damen schenkte, nur das Gift dahinter verbarg. Er sprach mit solcher Inbrunst von seiner Arbeit, dass er von allen gelobt wurde – sogar von den Priestern.“
„Werk?“ Madelyne spürte da einen Ekel in ihrem Bauch. „Ja ... sein Werk in jener Kammer drunten, ohne Licht ... ich wusste nur, dass es ein dunkler, furchteinflößender Ort war ... aber ich wusste nicht, dass sein Werk Anlass zum Lob seitens der Priester geboten hätte.“
„Aber so war es, Ihr wart zu jung, um zu begreifen... Euer Vater ist ein Alchimist, auf der Suche nach dem Heiligen Gral – dem Stein der Weisen ... von dem er glaubt, dass er ihm ewiges Leben gewähren wird. Er behauptet, dass ihm durch seine Anbetung der Maria Magdalena eine Vision offenbart wurde, in der Gott ihm das Geheimnis des heiligen Grals offenbarte. Er glaubt sogar, das Blut des Heiligen selbst fließt in seinen Adern!“
„Mein Vater? Ein heiliger Mann? Niemals ... nein. Der Gott, den ich den meinen nenne, würde ihn nicht so entlohnen. Es ist nur der Beweis, dass mein Vater wahnsinnig ist. Wie kommt es, dass Ihr so viel über ihn wisst ... und ich hingegen nur so wenig?“ Madelyne versuchte das Gewirr ihrer wirbelnden Gedanken zu ordnen.
„Gregory war mein Verlobter, ich war ihm schon von Geburt an versprochen. Er
Weitere Kostenlose Bücher