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Eine Zuflucht aus Rosen

Eine Zuflucht aus Rosen

Titel: Eine Zuflucht aus Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason
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wäre ihm auch weiter zu Diensten gewesen, hätte er das so gewünscht, aber Gavin lehnte ab, weil er es vorzog, mit sich selbst alleine zu sein. Er stand an dem schmalen Fenster, gekleidet in seine Beinkleider mit gelockerten Kreuzbandschnüren und beobachtete, wie der Blitz den Himmel erhellte, als wäre es die Mittagsstunde. Die Mauer unter seiner Hand erbebte, als der Donner über ihm einschlug.
    Vielleicht hätte er doch von Rosas Angebot Gebrauch machen sollen, denn dann hätte er sich dort oben auf der Mauer mit Lady Madelyne nicht zu solch einem Narren gemacht ... und sehr wahrscheinlich würde er jetzt fest schlafen, anstatt dem Regen zuzusehen, wie er bei seinem raschen, ungestümen Niederfall die Burgwand hinunter rann.
    Frische Nässe erfüllte die Luft, stieg ihm in die Nase und kühlte ihm die entblößte Brust, als er sich an den Fensterschlitz lehnte und über seine Ländereien da draußen blickte. Aber in der Dunkelheit vermochte er lediglich das perfekte Oval von dem schönen Gesicht der Nonne zu sehen, die mit großen Augen zu ihm hochschaute. Augen, dunkler gemacht von den Schatten der Nacht. Und ihre Lippen ... Jesù ... sie waren voll und rund – wie geschaffen für Küsse, hatte er kurz gedacht, einen absurden Augenblick lang, bevor er sich daran erinnerte, wer sie war.
    Selbst jetzt verzog sich sein Mund angewidert. Madelyne war die Tochter seines liebsten Feindes und auch eine Frau, die sich anschickte ein Leben des Glaubens anzutreten. Sie konnte nicht ahnen, dass ihre unschuldige Schönheit ausreichte, um einen Mann heiß vor Lust werden zu lassen ... selbst einen Mann, der seit sieben Jahren keine Frau angerührt hatte, bis auf die gelegentliche Hure oder ein Weib aus dem Schankraum dann und wann.
    Gavin schob sich von dem Fenster weg und verschränkte die Arme vor der Brust, ging auf den Kamin zu, um das heruntergebrannte Feuer wieder zu schüren. Je eher er Heinrich das Frauenzimmer aushändigte, desto besser würde es ihm gehen.
    Er stocherte in den verkohlten Holzscheiten, deren orangene Glut hell glühte und wo Funken stoben und winzige Feuerzünglein leckten. Der kurze Sturm und der Regen hatten die Sommernacht kühl werden lassen und in seiner Kammer war es nun etwas frisch, und dennoch war er noch nicht so weit, die Wärme seines Bettes aufzusuchen.
    Wenn er Nachricht erhielt, wo sich der königliche Hof in den nächsten paar Monaten aufhalten würde, würde er seinen Gast – samt ihrer improvisierten Zofe – einpacken, und sie höchstselbst zu Heinrich schaffen. Und dann würde er die Frau mit ihren ruhigen, grauen Augen nie wieder sehen müssen.
    Der König würde sie höchstwahrscheinlich zu einem königlichen Mündel machen und sie unter seinem Schutz da behalten oder unter dem der Königin, um auf diese Weise Fantin de Belgrume unter Kontrolle zu bekommen. Alle Welt wusste, dass de Belgrume den Verlust seiner Tochter und seiner Frau tief betrauert hatte, und fürwahr: Er würde um vieles leichter zu Raison gebracht werden, wenn er wusste, dass seine Tochter noch lebte. Vielleicht fand der König gar Mittel und Wege, wie er de Belgrume um sein Lehen erleichtern könnte, womit er dann den Geldquellen des Wahnsinnigen ein Ende bereitet hätte.
    Gavin nickte zu sich selbst und stellte den langen Metallstab, mit dem er im Feuer gestochert hatte, wieder neben dem Kamin ab. Sie wäre besser dran am Hofe, sagte er sich und ignorierte dabei den Widerhall ihrer eigenen Erklärung, warum ihr das Leben im Kloster mehr Freiheit gab. Eine Frau wie sie – wunderschön, die dank ihres Vaters viele Ländereien besaß – war nicht dazu bestimmt, ihr Leben in einem Kloster zu vergeuden.
    Peste! Er schritt wieder energisch zu dem Fenster hin. Was kümmerte ihn schon ihre Zukunft? Er hatte eine Aufgabe zu erledigen – ihren Vater zur Raison zu bringen – und der König erwartete nichts weniger, als dass er das tat. Wenn er Gewissensbisse empfand, weil er sie aus ihrer selbsterwählten Zufluchtsstätte im Kloster Lock Rose und dem friedlichen Leben dort herausgerissen hatte, so war das lediglich ein Zeichen seiner eigenen Schwäche und ein Faktor, den er bei der Erledigung seiner Aufgabe nicht kontrollieren konnte.
    Ohne etwas wahrzunehmen, starrte er über die Welt da unten. In seinen Augenwinkeln erhaschte er den Eindruck von Dämmerung, die allmählich den Himmel erhellte. Der kühle Strom der regenschweren Luft war verflogen, um von der kratzigen Bitterkeit von Rauch ersetzt zu werden.

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