Eine Zuflucht aus Rosen

weithin hallende Ton der Glocke polterte durch das Kloster und verhallte in dem schweigenden Wald ringsum.
    Wenig später näherte sich die vermummte Gestalt einer alten Frau, gebückt und langsam, von drinnen dem Tor. „Ja?“
    „Ich bringe Anne de Belgrume die Kunde, dass Ihr Gemahl tot ist.“
    Daraufhin folgte kurz Stille, dann öffnete sich das Tor lautlos, ganz im Widerspruch zu seinem Alter und den von Rost bedeckten Gitterstäben. „Wartet hier.“
    Nachdem er sein Reittier an einer Eiche angebunden hatte, nahm er auf einer Bank inmitten eines Rosengartens Platz.
    Als Anne de Belgrume nur wenig später in sein Gesichtsfeld trat, blieb ihm das Herz stehen. Sie war so schön wie in seiner Erinnerung – noch schöner sogar, denn die Jahre waren sanft zu ihr gewesen. Er konnte immer noch nicht glauben, dass sie am Leben war ... nachdem er die Geschichte von ihrem Tod erfahren hatte, als Madelyne an den Hof gekommen war.
    „Anne.“ Er erhob sich und streckte die Arme nach ihr aus.
    „Seton?“ Freude raubte ihr die Stimme und sie eilte zu ihm.
    Nichts hatte sich je so gut angefühlt wie dieser Moment, da er sie fest in die Arme nahm, gleichgültig ob sein Kettenhemd sich in ihre Haut eingrub. „Anne ... oh, meine Schönste ... ich wusste nicht, ob ich Euch je wieder so halten würde.“
    Sie löste sich, um ihm in die Augen zu schauen. „Ist Fantin wirklich tot? Bin ich frei?“
    Er nickte. „Ja, niedergestreckt vom Schwert des Mannes, den Eure Tochter geheiratet hat. Unsere Tochter.“ Er betrachtete sie forschend. „Ihr habt ihr nichts davon gesagt.“
    „Nein. Ich wollte sie mit diesem Wissen nicht auch noch belasten. Vielleicht war es falsch, aber ich glaubte, dass – sollte Fantin davon erfahren – er sie getötet hätte. Zumindest solange er glaubte, dass sie seine Tochter sei, würde er ihr nichts antun.“ Sie berührte sein Gesicht mit ihrer Hand und die Wärme ihrer Hand machte, dass ihm das Herz stehen blieb.
    „Ja. Unser Kind ... vermählt mit einem aufrechten Mann, nunmehr in Sicherheit vor Eurem Gemahl ... und Ihr seid frei, diese ... Zuflucht ... zu verlassen. Sollte das Euer Wunsch sein.“ Seine Worte waren eine Frage, auf deren Antwort er ein Leben lang gewartet hatte.
    „Gehen? Mit Euch?“, hauchte Anne. „Ja, Seton. Jederzeit. Für immer.“
     
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