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Eine zweite Chance

Eine zweite Chance

Titel: Eine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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von jemandem war nur als letzter Test interessant, um zu beurteilen, wie wichtig es ihm eigentlich war. Diesmal hatte er einen Fehler gemacht, als er die Meinung des Experten übergangen hatte. Die Halbschuhe tief im Schneematsch, verfluchte er die Hartnäckigkeit, die ihm zwar eine einzigartige Karriere verschafft, ihn jetzt aber hinaus in den Wald getrieben hatte. Er wusste nicht mehr, was er sich nach seinem Entschluss vorgestellt hatte, wie er sich für fähig gehalten hatte, ein vernünftiges Gespräch zu führen.
    In dem Moment, als er umkehren wollte, hörte er einen Ast knacken. Er stand ganz still, mit dem Blick in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Zwischen den Bäumen erblickte er einen Mann. In der plötzlichen Angst, entdeckt zu werden, stellte sich Anders hinter eine Fichte und schob einen Zweig zur Seite. Der Mann ging vorgebeugt mit einem Reisigbündel auf dem Rücken, hier und da blieb er stehen, um noch einen Ast aufzuheben, den er mit erstaunlicher Gewandtheit auf den Rücken schwang, ehe er weiterging. Anders schätzte ihn auf ein gutes Stück über siebzig. Silbergraue Haare umhüllten seinen Kopf wie eine Wolke, der Bart reichte bis zur Brust, wo er auf einer dunkelblauen Fleecejacke ruhte. Seine dunkelbraunen Hosenbeine steckten in schwarzen Gummistiefeln, die sich geübt über den verräterischen Untergrund bewegten. Anders richtete seinen Blick in die Richtung, in die er ging, und nur etwa fünfzig Meter weit entfernt tauchte ein Häuschen zwischen den Baumstämmen auf. Der Wald war so dicht an die Hausecken gekrochen, dass es schwer zu entdecken war.
    Nun war er wieder ratlos. Schließlich war er schon so weit gekommen, und die Mühen seiner Anstrengung sollten sich auf irgendeine Art bezahlt machen. Die Ruhepause hatte die Übelkeit gedämpft, und vielleicht hatten die Tabletten ein wenig geholfen. Aber ein Gespräch anzufangen, zumal mit einem Fremden, würde seine Kräfte übersteigen. Der Mann näherte sich dem Häuschen. Anders fühlte sich mit einem Mal wie ein Stalker, und so sah er ja auch aus, wie ihm bewusst wurde. Anders ließ den Zweig los und stand ganz still.
    »Hallo, Sie da!«
    Die Stimme war freundlich, aber der Zuruf kam so unerwartet, dass Anders ganz aus dem Konzept geriet. Er starrte auf die Fichte vor sich, still und leise, sehr verlegen aufgrund seiner Lage. Jede Sekunde, die er zögerte, wurde die Situation immer peinlicher. Trotzdem blieb er stehen, unfähig, sich zu bewegen.
    »Was machen Sie da drüben?«
    Als er zu Hause in der Wohnung seine Norrlandreise geplant hatte, war alles so einfach erschienen. Nur die Autofahrt musste organisiert werden, dann würde er einen Blick auf die Gitarre werfen, und wenn sie immer noch interessant war, das Angebot erhöhen, bis sie zu kaufen war. Hinter dem Ast stehend, mit eiskalten Füßen und versunken nicht nur im Schneematsch, sondern auch in einer schwer zu handhabenden Unterlegenheit, erschien die Sache weniger selbstverständlich.
    »Ich dachte nur, wenn Sie es schon bis hierher geschafft haben, könnte ich Ihnen eine Tasse Kaffee anbieten.«
    Anders schluckte. Wieder bog er einen Zweig zur Seite und sah, wie der Mann sich umdrehte und weiter auf das Häuschen zustapfte. Schließlich verließ er sein Versteck und folgte ihm. Mit jedem schleppenden Schritt versuchte er, sein Selbstvertrauen zurückzugewinnen. Er befand sich auf dem Boden des Sonderlings, das stimmte, und möglicherweise war ihm Anders hier im Wald unterlegen. Aber in zivilisierten Verhältnissen, und vor allem in Verhandlungstaktik, war Anders unschlagbar. Zahlreiche Managementkurse hatte er besucht, und jetzt kramte er seine Kenntnisse hervor.
    Verhandeln ist der Prozess, bei dem man von anderen das bekommt, was man haben will, indem man den anderen gibt, was sie haben wollen. Trennen Sie immer den Menschen von seiner beruflichen Rolle.
    Besonders Letzteres nahm er sich zu Herzen. Jetzt ging es um Geschäfte. Er war als Geschäftsmann da, und in dieser Rolle würde er nun auch auftreten.
    Das Häuschen war einmal rot gewesen, so viel konnte man erkennen, war aber ein paarmal geflickt und ausgebessert worden, offenbar mit dem Holz und der Farbe, die gerade zur Hand gewesen waren. Eine kleine Glasveranda nahm die halbe Vorderseite ein. Einige der Fensterscheiben waren durch Pappe ersetzt worden, an den Fensterrahmen war die Farbe abgeblättert, und ein Brett war gegen die mit Pappe versehenen Löcher gelehnt. Wahrscheinlich ein Katzeneingang,

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