Einen Stein für Danny Fisher: Roman
starr auf mich gerichtet. "Wieviel mußt du ihr bezahlen für die Nächte, die du mit ihr in Hausfluren und an Straßenecken zubringst? Ein Judenmädchen ist für dich wohl nicht gut genug, was? Nein, denn ein Judenmädchen würde die Dinge nicht treiben, die sie tut. Ein Judenmädchen ließe ihren Jungen nicht boxen, um Geld für sie zu verdienen, und sie ließe es nicht zu, daß der Sohn für seine eigenen Eltern zum Fremden wird. Wieviel mußt du ihr für das bezahlen, Danny, was sie den Männern ihrer eigenen Rasse ganz umsonst schenkt? "
Ich fühlte, wie jetzt an Stelle meines heißen Zorns kalter Haß trat. Ich stand langsam auf und sah auf ihn hinab. Meine Stimme zitterte. "Sprich nicht so, Papa, sag nie wieder etwas Derartiges über sie! Mindestens nicht in meiner Gegenwart!"
Nellies blasses, verängstigtes Gesicht tanzte noch vor meinen Augen so wie sie damals ausgesehen hatte, als ich ihr erzählte, daß ich mir mit dem Boxen etwas Geld verdienen werde. "Sie ist ein anständiges Mädchen", fuhr ich fort -ich war kaum fähig zu sprechen "so gut wie unsre eigenen, ja sogar besser als die meisten von ihnen. Schieb ihr nur nicht deinen eigenen Bankrott im Leben in die Schuhe! Denn es ist nur deine Schuld, daß wir jetzt so dastehen, nicht ihre!"
Ich lehnte mich über den Tisch und starrte ihm wild in die Augen. Einen
Moment hielt er meinem Blick stand, dann schlug er die Augen nieder und hob seine Kaffeetasse an die Lippen.
Mamma legte ihre Hand begütigend auf meinen Arm. "Setz dich und iß dein Frühstück auf, sonst wird alles kalt."
Langsam ließ ich mich auf meinen Sessel zurückfallen. Ich war nicht mehr hungrig. Ich war bloß müde, und meine Augen brannten. Fröstelnd und gefühllos streckte ich die Hand nach meiner Kaffeetasse aus, trank rasch, und die Wärme strömte wohltuend durch meinen Körper.
Mamma setzte sich neben mich. Eine Weile herrschte ein gespannt schwelendes Schweigen in der Küche, dann durchbrach sie die Stille. "Sprich nicht so zornig mit deinem Vater, Danny", sagte sie leise, "er meint's doch nur gut. Er macht sich deinetwegen Sorgen."
Während ich sie ansah, fühlte ich, wie tief ich verletzt worden war. "Aber sie ist doch ein anständiges Mädchen, Mamma", sagte ich erbittert. "Er darf nicht so über sie sprechen!"
"Bedenke, Danny, sie ist ja doch eine Schickse." Mamma bemühte sich, verständnisvoll zu sein.
Ich antwortete nicht. Was würde es auch nützen? Sie würden es ja doch nie verstehen. Ich kannte eine Menge Judenmädchen, die ständig mit Burschen herumzogen. Wieso sollten die denn besser sein als Nellie?
"Vielleicht bekommt Papa wieder einen Job, dann kannst du mit dem Boxen aufhören", fügte Mamma hoffnungsvoll hinzu.
Plötzlich fühlte ich mich alt... uralt. Denn diese Worte waren nichts als Zuckerplätzchen für Kinder - ich hatte sie schon zu oft gehört. Also konnten sie den wahren Sachverhalt ebensogut schon jetzt erfahren. "Dazu ist's zu spät, Mamma", sagte ich müde. "Ich kann damit nicht mehr aufhören."
"Was... was willst du damit sagen?" fragte sie mit zitternder Stimme.
Ich erhob mich. "Ich hab damit Schluß gemacht, in den schäbigen Buden zu boxen. Die Leute vom Boxclub haben mein Talent erkannt, und ich hab mit ihnen einen Vertrag geschlossen." Ich starrte meinen Vater an. "Ich werde Berufsboxer und habe damit begonnen, mir auf diesem Gebiet einen Namen zu machen. Sie zahlen mir derzeit hundert Dollar im Monat, und wenn ich alt genug bin, trete ich als Professional an."
Mamma sah mich entsetzt an. "Aber ..."
Sie tat mir aufrichtig leid, aber dagegen ließ sich nichts machen, wir mußten essen. "Kein aber, Mamma", unterbrach ich sie, "ich hab den Vertrag unterschrieben und kann nicht mehr zurück. Hundert im Monat sind so viel, wie Papa für einen Job bekommen würde. Davon können wir leben."
Tränen traten ihr in die Augen, und sie wandte sich hilflos an Papa. "Harry, was sollen wir denn jetzt tun?" rief sie. "Er ist doch bloß ein Kind. Was sollen wir tun, wenn er verwundet wird?"
Papa starrte mich an, und ein Muskel zuckte in seiner Wange. Er atmete tief ein. "Laß ihn", antwortete er, ohne den Blick von mir abzuwenden, "ich hoffe, daß er verletzt wird, das würde ihm bloß recht geschehen!"
"Harry!" rief Mamma entsetzt. "Er ist doch unser Sohn!"
Seine Augen verengten sich, brannten aber noch immer in den meinen. "Viel eher ein Sohn des Teufels", sagte er leise und voll Bitterkeit, "aber nicht unser Sohn!"
11
Als ich aus dem
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