Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eines Greifen Ei

Eines Greifen Ei

Titel: Eines Greifen Ei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
Vom Netzwerk:
sollten es als eine besondere Gunst erachten, daß Sie die Gelegenheit bekommen, mit einer davon zu arbeiten.«
    Gunther spürte, wie sein Fleisch zu Eis erstarrte. »Jesus Maria«, sagte er. »Sie haben mich mit einer Aktentaschen-Atombombe umgehen lassen.«
    »Daran sollten Sie sich besser gewöhnen. Westinghouse Lunar beginnt mit der Massenproduktion dieser kleinen Dinger. Wir werden mit ihnen Berge zum Bersten bringen, Straßen durchs Hochland sprengen und die Kraterwände des Mondes niederreißen, um zu sehen, was im Innern ist.« Ihre Stimme nahm einen prophetischen Tonfall an. »Und das ist erst der Anfang. Es gibt Pläne für Anreicherungsanlagen in Sinus Aestum. Man bringe ein paar Bomben über dem Verwitterungsboden zur Explosion, dann entnehme man dem Boden das Plutonium. Wir werden die Brennstoffdeponie für das ganze Sonnensystem sein.«
    Sein Abscheu mußte sich in seiner Miene widergespiegelt haben, denn die Ismailowa lachte. »Stellen Sie sich das Ganze als Friedenswaffe vor.«

    »IHR HÄTTET DABEISEIN SOLLEN!« sagte Gunther. »Es war einfach unglaublich. Die eine Seite des Kraters verschwand mir nichts, dir nichts. Sie löste sich schlichtweg in nichts auf. Zerstob zu Staub. Und eine beträchtliche Zeitlang glühte alles! Der Krater, die Maschinen, alles. Mein Visier war so dicht an einer Überladung, daß er anfing zu flackern. Ich dachte, er würde durchbrennen. Ich geriet völlig aus dem Häuschen.« Er nahm seine Karten auf. »Wer hat diesen Mist ausgegeben?«
    Krishna grinste schüchtern und zog den Kopf ein. »Ich war mit Austeilen dran.«
    Hiro runzelte finster die Stirn und betrachtete seine Karten. »Ich bin gerade gestorben und zur Hölle gefahren.«
    »Ich tausche mit dir«, bot Anya an.
    »Nein, ich habe es verdient zu leiden.«
    Sie befanden sich im Noguchi-Park am Ufer des Mittelsees und saßen auf geschmackvoll verteilten Steinbrocken, die so behauen waren, daß sie wie von Wasser ausgewaschen wirkten. Auf der einen Seite wuchs ein kniehoher Wald von Baby-Birken, und jemandes Spielzeug-Segelboot schwamm in der Nähe des Druckkegels in der Mitte des Sees. Bienen flogen kreuz und quer und naschten am Klee.
    »Und dann, genau in dem Moment, als die Wand zerbröselte, kommt diese verrückte russische Ziege und ...«
    Anya warf eine Drei ab. »Paß auf, was du sagst, von wegen verrückten russischen Ziegen!«
    »... und schießt auf ihrem Springer hoch ...«
    »Ich habe es im Fernsehen beobachtet«, sagte Hiro. »Wir alle haben es gesehen. Es kam in den Nachrichten. Dieser Bursche, der für Nissan arbeitet, hat mir erzählt, daß die BBC dem Ereignis dreißig Sekunden gewidmet hat.« Er hatte sich die Nase beim Karate-Üben gebrochen, als er beim Zurückzucken direkt gegen die Rammfaust des Lehrers geprallt war, und der Kontrast zwischen dem wuchtigen weißen Verband und den struppigen schwarzen Augenbrauen verlieh ihm ein mürrisches und piratenhaftes Aussehen.
    Gunther warf eine Eins ab. »Du hast mich geschlagen. Mann, du hast gar nichts gesehen. Du hast nicht gespürt, wie der Boden hinterher bebte.«
    »Worin genau bestand Ismailowas Verbindung zum Aktentaschen-Krieg?« fragte Hiro. »Offenkundig war sie kein Kurier. War sie in der Versorgungs- oder Strategie-Abteilung?«
    Gunther zuckte die Achseln.
    »Ihr erinnert euch doch an den Aktentaschen-Krieg?« sagte Hiro höhnisch. »Als die Hälfte der Militärelite der Erde innerhalb eines einzigen Tages mobilisiert wurde? Die Welt vom Abgrund des Kriegs durch kühne Tatkraft zurückgerissen! Mutmaßliche Terroristen als Helden der Welt entlarvt!«
    Gunther erinnerte sich sehr gut an den Aktentaschen-Krieg. Er war damals neunzehn Jahre alt gewesen und hatte an einem finnischen Geothermik-Projekt gearbeitet, als die ganze Welt in Zuckungen geriet und sich beinah selbst vernichtet hätte. Das war einer der ausschlaggebenden Faktoren für seine Entscheidung gewesen, auf einen anderen Planeten auszuwandern. »Können wir denn niemals über etwas anderes als über Politik reden? Mir hängt es zum Hals raus, und ich bin es leid, ständig etwas über geschichtsbestimmende Schlachten zu hören.«
    »He, sag mal, bist du nicht eigentlich mit der Hamilton verabredet?« fragte Anya plötzlich.
    Er blickte zur Erde hinauf. Die Ostküste von Südamerika kreuzte soeben den Abenddämmerungs-Terminator. »Ach, zum Teufel, es ist noch genügend Zeit, um die Hand auszuspielen.«
    Krishna gewann die drei Damen. Hira war mit Geben an der Reihe. Er mischte

Weitere Kostenlose Bücher