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Einfach Abschalten

Einfach Abschalten

Titel: Einfach Abschalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Powers
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und neueste Meldungen aus deren Leben, die ihn nicht interessierten, solche wie »Esse gerade die Reste der Lasagne« und »Bei mir wird eine Darmspiegelung gemacht«. Jetzt, kündigte Persky an, würde er die gesamte Szene verlassen.
    Ich verliere zwar nicht meine Geduld, aber meinen klaren Verstand. Dank der Weisheit, die ich durch Alter und Erfahrung gewonnen habe, habe ich schließlich beschlossen, dass es für all diese Durchbrüche an der Zeit ist, mit dem Durchbrechen zu brechen, da sie die Kommunikation keineswegs mehr verbessern, sondern vielmehr zerstören. Wie? Indem sie den Leuten die Möglichkeit geben, überall schneller und leichter in ständigem Kontakt zu sein – ohne sich etwas zu sagen zu haben. 208
    Ich wusste genau, was er meinte, und ich wusste auch, dass er das Kind mit dem Bade ausschüttete. Wie der Pöbel, der bei Shakespeare die Druckerpresse attackiert, sah er in seiner Frustration nur die beeinträchtigende Kehrseite des neuen Mediums, nicht seine vielen Vorzüge. Es ist eine natürliche Reaktion, wenn man sich in die Enge getrieben fühlt und keinen Ausweg sieht. Doch wie ich auf meinem Fensterplatz an der Milk Street deutlich sehen konnte, gab es Auswege, und sie waren überall um uns herum.
    Als ich ins Gerichtsgebäude ging, trafen auch die anderen berufenen Geschworenen gerade ein. Unmittelbar hinter der Eingangstür gab es eine Kontrollstelle, wo wir bewaffneten Security-Leuten unsere Handys und Computer aushändigen mussten. An dem Tag waren wir fünfundsiebzig in der Geschworenengruppe, aber selbst als der Wartebereich – ein offener Raum mit einem spektakulären Blick über den Hafen – sich füllte, blieb es still und ruhig. Ein Raum voller Menschen ist etwas anderes, wenn der Rest der Welt außer Reichweite ist. Es gab keine der üblichen von einem Klingelton eingeleiteten Quasselarien alle paar Minuten. Einige Leute fingen lockere Unterhaltungen miteinander an, während andere Bücher oder Papierkram lasen oder einfach auf die Boote und die Möwen hinausstarrten. Wir waren in einer Weise präsent, wie man es heute selten mehr ist.
    Viele von uns waren widerwillig hierhergekommen, überzeugt, wir hätten weit Wichtigeres zu tun. Unter normalen Umständen hätten wir zu dieser Zeit in Büros, Schulen, Krankenhäusern, Restaurants und anderen Umgebungen geschuftet, bei Tätigkeiten, die unserer vollen Aufmerksamkeit mindestens so wert schienen wie die Verpflichtung als Geschworener. Aber wenn wir jetzt an diesen Orten gewesen wären, hätten wir dann diesen Aufgaben wirklich unsere volle Aufmerksamkeit gewidmet? Das ist zu bezweifeln. Zu oft diktieren solche Geräte wie jene, die wir unten beim Eingang gelassen hatten, das Geschehen, unterbrechen uns, lenken uns ab und sorgen ganz allgemein dafür, dass unser Geist nie auch nur annähernd zur Ruhe kommt.
    Ich wurde für keine Jury eingeteilt, und gegen Mittag konnte ich gehen. Als ich mein Telefon am Eingang wieder erhielt, wartete eine Handvoll neuer Nachrichten auf mich, und ich ging sie durch, ehe ich losfuhr. In meiner Abwesenheit war nichts Wichtiges passiert – und wie oft ist das schon wirklich der Fall? Ich hatte erwartet, jetzt in mieser Stimmung zu sein, total in Eile, die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Aber in diesen Gerichtsräumen ohne digitale Verbindung herumzusitzen war so erfrischend gewesen wie ein langer Spaziergang im Wald. Ich hatte mir ein paar nützliche Gedanken gemacht, war über ein paar vielversprechende neue Ideen gestoßen und freute mich darauf, wieder an die Arbeit zu gehen.
    Erfahrungen wie diese sind unverzichtbar, und man sollte nicht erst Bundesvorschriften und bewaffnete Wachen brauchen, um sie zu entdecken. Da das Leben im digitalen Raum immer intensiver wird, sehe ich eine wachsende Sensibilisierung für diese Notwendigkeit. Bald nach diesem Tag bei Gericht bekam ich eine E-Mail von der befreundeten Universitätsdozentin – derjenigen, die sich beklagt hatte, ihr Hirn sei bereits direkt mit denen ihrer Kollegen verbunden –, in der sie mir eine Reportage über Kollegen von ihr schickte, die »technikfreie Introspektion unterstützen« 209 : Das Stephens College in Missouri hat die lange eingeschlafene Tradition der Vesper wieder belebt, eine Abendandacht, aber mit einem speziellen Dreh fürs digitale Zeitalter. Während die Vesperandachten früher natürlich religiöser Natur waren, waren die neuen säkular und ausdrücklich als Zeit der Kontemplation ohne elektronische Geräte

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