Einfach ein gutes Leben
Umgehen mit Pflanzen sie zufrieden macht« oder dass es »um das Bauen geht, nicht um Fahrräder«. Und die Arbeitssammlerinnen schätzen ihre »Freude an der Arbeit«, viele von ihnen halten die anstrengende Kleinselbständigkeit nur deshalb aufrecht, weil sie diese Freude auch durch schwierige Zeiten hindurchträgt. Die Entwertung des Faktors »Kontostand« geht bisweilen so weit, dass Menschen bewusst »aus dem Geld gehen«. Geld, so das Resümee, mag lebenswichtig erscheinen; Freude an der Sache aber ist Leben.
Was hat es also mit der intrinsischen Motivation auf sich? Edward L. Deci, US-amerikanischer Psychologe, hat sich mit dieser Frage ausführlich befasst und ihr ein ganzes Buch gewidmet. Er unterstreicht, »dass nicht äußere Anreize, sondern Selbst motivation den Kern von Kreativität, Verantwortlichkeit, gesundem Verhalten und nachhaltiger Veränderung ausmacht. Einem geschickt gesetzten extrinsischen Stimulus oder Druck (und seinem internalisierten Gegenstück) wird sicherlich bisweilen mit einem willfährigen Befolgen begegnet, dieses Nachgeben führt aber zu negativen Folgen wie Trotz und Unwillen.« 94
Jeder kennt vielleicht das Gefühl, in einer Sache völlig aufzugehen, buchstäblich Tag und Nacht darüber zu vergessen und nicht einmal mehr zu merken, dass man schon seit Stunden Hunger hat. Die Selbstvergessenheit bei einem Tun ist die unmittelbare Erfahrung von intrinsischer Motivation. Sie geht weit über das »Spaß daran haben« hinaus, einer Formulierung, der immer ein hedonistisches Geschmäckle anhaftet. Die Freude an der einen Sache, mit der man gerade beschäftigt ist, geht tiefer, weil sie auf einer grundlegenden Verbindung zwischen der Sache und der Persönlichkeit fußt. Künstlern wird dieses Gefühl am ehesten zugeschrieben, möglich ist es jedoch bei jeder Form von Tätigsein, solange der Inhalt der Tätigkeit als »mein Ding« empfunden wird. Das kann sein: ein Sandwich belegen, ein Dinosauriermodell aus gefabbten Blechstücken zusammenbauen oder seiner pflegebedürftigen Nachbarin die Tageszeitung vorlesen. Ist die Tätigkeit intrinsisch motiviert, bedarf es auch keines vorgegebenen Ziels mehr, weil das Interesse das Ziel ersetzt. Das Tun läuft von sich aus weiter und wird zu einem Resultat führen. Tun in Muße hat in der Regel genau diesen speziellen Charakter.
Intrinsisch motivierte Arbeit wird als besonders befriedigend empfunden. Das Wohlbefinden beim Tun hat vier Facetten, die alle zusammenwirken, wie Dahm und Scherhorn in ihrer Untersuchung über den informellen Sektor gesehen haben: Da ist zum einen ein Moment der Hinwendung, desstarken Interesses am Inhalt der Tätigkeit; zweitens wird ein Einsatz an Konzentration und Anstrengung geleistet, wodurch die Tätigkeit als herausfordernd und produktiv erlebt wird; drittens folgt aus dem Tun die Zufriedenheit mit dem Resultat, solange die Tätigkeit nicht als Überforderung, sondern als machbar, kontrollierbar und den Kompetenzen entsprechend empfunden wird; viertens durchzieht den ganzen Prozess ein Wohlgefühl, das mit Entspannung, Erfülltheit, Unterhaltung, Glück einhergehen kann. Die intrinsische Motivation bemisst sich nach diesen Faktoren.
»Sie ist stark, wenn sowohl Hinwendung als auch Einsatz hoch ausgeprägt sind; dann ist auch das Wohlgefühl am größten. Die Kombination von intensiver Hinwendung und hohem Einsatz tritt nur auf, wenn die handelnden Menschen das Arbeitsziel bejahen und selbstbestimmt mitarbeiten, weil sie sich frei fühlen, … sodass sie die Tätigkeit als sinnvoll erleben und sich aus eigenem Antrieb dafür einsetzen können.« 95
Intrinsische Motivation unterliegt mithin bestimmten Bedingungen, die sie befördern. Die erste Bedingung ist das oben schon angesprochene Gefühl der Kompetenz, der Eindruck, dass die Aufgabe von mir mit meinen gegebenen Fähigkeiten zu lösen ist. Dazu gehört, dass ich verstehe, wie ich mit den vorhandenen Mitteln zum Endresultat meiner Arbeit komme und wie ich die Mittel auf dem Weg dorthin benutzen muss. Mit anderen Worten: Ich muss mein eigenes Tun mit den Resultaten gedanklich in eine sinnvolle Verbindung bringen können. Das klingt banal, ist aber in entfremdeten Arbeitsprozessen eben nicht selbstverständlich. Die Tätigkeit darf meine Fähigkeiten durchaus stark beanspruchen, das ist sogar von Vorteil, wie der aristotelische Grundsatz (von John Rawls reformuliert) postuliert: In der Regel »möchten die Menschen gerne ihre (angeborenen oder erlernten)
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