Einfach losfahren
Freunden. Es ist, wie wenn man sich unter Motorradfahrern grüßt oder wenn man auf einem Bergpfad einem anderen Wanderer begegnet. Vielleicht liegt es an der Gewissheit, sich nie wiederzusehen, dass man entspannter und freier ist, weniger befürchten muss, beurteilt zu werden, jedenfalls läuft alles lockerer. Ohne Strategie dahinter. Man kann sogar versuchen zu sein, was man gern wäre. Ein paar Tage lang klappt das.
Ich war schon lange nicht mehr mit einer Frau zusammen gewesen. Schon Monate vor meiner Abreise nicht mehr. Der Wunsch, mein Leben zu verändern, hatte meine sexuellen Gelüste teilweise gedämpft. Ich hatte kein besonderes Interesse mehr, mit jemandem zu schlafen, und legte auch nicht speziell Wert auf die Gesellschaft von Frauen. Doch an diesem Morgen mit Kate spürte ich sofort die Spannung zwischen uns. Schon nach wenigen Worten, nach wenigen Minuten hatte ich Lust, mit ihr zu schlafen. Etwas in mir erwachte zu neuem Leben. Ich konnte fast hören, wie mein Schwanz schrie: »Na endlich!« Ich hatte Sex schon immer schön gefunden und keine Gelegenheit ausgelassen. Vielleicht hatte es einfach nicht genug andere Dinge gegeben, die mich ähnlich befriedigten. Sex hatte ich an allen möglichen Orten, auf viele verschiedene Arten. Manchmal gab ich der Frau das Gefühl, sie sei ein Engel, ein zartes Geschöpf, ein andermal behandelte ich sie wie die letzte Nutte. Oft auch beides. Ich hatte Haare gestreichelt und ausgerissen, hatte süße Worte und unendliche Schweinereien geflüstert. Ich hatte Frauen gezwungen, nicht wiederzugebende Dinge zu sagen und zu schreien. Ich bin froh, dass ich das getan habe. Ich schäme mich nicht.
Als ich klein war, lief im Fernsehen die Serie Kung Fu. Bevor er die Schule, in der er ausgebildet wurde, verließ, musste der Protagonist mit den Unterarmen einen glühend heißen Kessel hochheben, damit sich das Zeichen der Schule für immer einbrannte. Seitdem trug er dort zwei Drachen. Die Frauen, mit denen ich zusammen war, tragen an den Innenseiten der Schenkel den Abdruck meiner Ohren, da unten hat es mir nämlich schon immer gut gefallen. Ich weiß, dass viele Männer das nur machen, wenn sie verliebt sind. Ich fast immer. Der einzige Unterschied für mich ist, dass ich, wenn ich verliebt bin, hin und wieder nach oben schiele, um zu sehen, ob ich es gut mache.
Ich lud Kate zum Abendessen ein, und wir gingen zu einer Frau, die zwar kein echtes Restaurant betrieb, aber draußen vor dem Haus ein paar Tische aufgestellt hatte und auf Wunsch auch ein Abendessen kochte. Man ging nachmittags auf einen Sprung vorbei, sagte, was man essen wollte, und wenn man wiederkam, war alles bereit. Ich war rechtzeitig da gewesen, um Salat, ein paar Langusten, Reis und eisgekühltes Bier zu bestellen. Es kostete ganz wenig, und die Meeresfrüchte waren frisch.
Wir ließen es uns gutgehen. Nach dem Essen machten wir einen Spaziergang und tranken irgendwo noch ein Bier. Dann gingen wir zur Posada zurück. Auf dem Rückweg küssten wir uns. Ich war nervös. Vielleicht weil ich es so lange nicht gemacht hatte. Es waren süße Küsse, die mit einer flüchtigen Rückkehr auf die Lippen enden, wie Vögel bei der Fütterung der Jungen. Später schliefen wir miteinander. In dieser Nacht lernte ich etwas Wunderschönes, nämlich mich aus Liebe hinzugeben. Aus Liebe zum Akt. Denn es ist schön, sich zu lieben, es ist schön, sich auf diese Weise zu begegnen und in dieser Sprache miteinander zu kommunizieren. Einen unbekannten Körper zu berühren, zu untersuchen, zu erforschen, zu beschnüffeln, zu betrachten, während er sich bewegt, einen anderen bei sich zu spüren, seine Wärme zu fühlen. Wir liebten uns, weil wir Liebe empfanden. Weil wir uns auch aus purem Egoismus begehrten, aber nicht nur. Es war die völlige Hingabe an einen Unbekannten, dem man sich nahe fühlt, ohne dass man dabei die Begierde dosierte, damit sie länger anhält. Wir nahmen uns alles und lebten alles aus, ohne an das Morgen zu denken. Auf großer Flamme kochen. Bei ihr habe ich übrigens auch manchmal nach oben geschaut, während ich sie da unten küsste. Unsere Begegnung war die Begegnung zweier Leben, die in diesem Augenblick perfekt zueinander passten. Die Umgebung spielte natürlich eine Rolle. Würden wir uns jetzt wiedersehen, wäre nicht gesagt, dass wir erneut zu solchem Einklang fänden. Aber damals, in jenem Augenblick, waren wir wie füreinander geschaffen, und das Leben hatte uns zueinandergeführt. Das sind
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