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Einfach losfahren

Einfach losfahren

Titel: Einfach losfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
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seltene Gelegenheiten, die man manchmal verpasst, weil man nicht dazu bereit ist oder weil man sie einfach nicht erkennt. Weil eine Liebesnacht häufig überbewertet wird. Jeder trägt mit sich herum, was noch war und was mal sein wird.
    An jenem Abend gab es keine Vergangenheit und keine Zukunft. Alles war da, wir lebten nur im Hier und Jetzt. Wir liebten uns auf einfache, keusche Weise. Keuschheit nicht im Sinne von Enthaltsamkeit, sondern als Fähigkeit, Erfahrungen ohne Hintergedanken zu machen. Wir ließen erst voneinander ab, als der Tag anbrach. Ich brauchte eine Pause. Wir lagen im Bett und sahen zu, wie das Licht der aufgehenden Sonne sich auf dem Meer spiegelte. Bei Tageslicht schien alles anders, unsere Körper, unsere Gesichter, das Schlafzimmer. Wir schliefen ein wenig. Danach blieben wir die ganze Zeit zusammen, bis ich sie Montagmorgen zum Flughafen brachte. Ein Service der Posada für ihre Gäste. Sie zum Flughafen zu fahren, meine ich. Den ganzen Sonntag über hatten wir uns geliebt. Wir wussten beide, dass wir uns all das Schöne nehmen mussten, das wir uns geben konnten. Jeder von uns war großzügig mit Empfindungen und Freuden für den anderen. Zwei Tage lang haben wir uns wirklich geliebt. Was für ein schöner Sonntag: Liebe, Essen, Duschen, Aufmerksamkeiten, Zärtlichkeiten, Hunger auf Augenblicke, bis wir nicht mehr konnten.
    Nachmittags, erinnere ich mich, sind wir, nachdem wir uns geliebt hatten, noch mal eingeschlafen. Mit dem Kopf am Fußende des Bettes und den Füßen auf den Kissen. Nach einer wunderbaren Nacht ist mir das schon oft passiert. Es gefällt mir, denn es bedeutet, dass man nicht mal mehr die Kraft hat, sich richtig hinzulegen. Manchmal passiert mir das heute noch mit Francesca, und nur an solchen Tagen sage ich vor dem Einschlafen nicht: »Gute Nacht, Federico.«
    Als ich an jenem Nachmittag die Augen öffnete, stand das Fenster, das aufs Meer ging, offen. Alles war ruhig. Die Sonne sah man nicht. Kleine Windstöße strichen über uns. Ringsum Stille. Nur hier und da ein kleines Vögelchen. Welch ein Friede! Ich betrachtete die schlafende Kate: Wie sie wohl lebte? Wie mochte ihr Schlafzimmer aussehen, wie die Gesichter ihrer Mutter und ihres Vaters? Hatte sie Geschwister? Welchen Gesichtsausdruck hatte sie, wenn sie weinte, wie war sie als Kind gewesen? Ich wusste von ihr nur, dass sie hübsch war, unheimlich sympathisch und gern lachte. Dass ihre Haut gut roch, dass sie abends lange bunte Röcke anzog und dass sie ihr Haar mir einem Band bändigte. Ich wusste von ihr, dass sie auf göttliche Art lieben konnte und dass sie keinerlei Hemmungen hatte. Sie war ein freier Mensch, zumindest sexuell. Zumindest mit mir.
    Ich bin einer Menge Frauen begegnet, die Situationen nicht spontan ausleben konnten, und seien sie auch noch so besonders gewesen. Sie taten alles, um solche Ereignisse alltäglich zu machen. Wiedererkennbar. Kontrollierbar. Am liebsten wären sie sofort mit mir ins Bett gegangen, denn das war es, was sie sich in diesem Augenblick wünschten, aber da sie es nicht gewohnt waren, sich so zu verhalten, modelten sie ihr Begehren so lange um, bis daraus »Lass uns doch was trinken gehen« wurde. Sie konnten nicht auf sich hören, sie hatten nicht den Mut, sich auszuleben, und was sie fühlten, verwandelten sie in etwas, was sie kannten.
    Wahrscheinlich denken diese Frauen, dass es sie am Ende noch auszeichnet, dass sie diese Gelegenheiten verstreichen lassen. Was für eine Auszeichnung mag das sein? Dass man sie für anständige Mädchen hält? Na ja.
    Es gibt Menschen, die denken, man müsse jemanden gut kennen, um mit ihm zu schlafen, weil es sonst nur um Sex gehe. Ein Fick. Ich und Kate, wir haben uns geliebt.
    Ist jemand nicht so frei, dass er gleich mit einem anderen intim werden und mit ihm schlafen kann, so darf er daraus nicht schließen, dass das prinzipiell nicht geschehen kann. Vielmehr sollte er daraus schließen, dass es ihm persönlich nicht passieren kann.

Ein guter Grund, nicht arbeiten zu gehen
    Wenn das Ende einer Reise ansteht, bin ich schon am Tag vor der Rückfahrt zu Hause. Während ich noch die Koffer packe, bin ich innerlich schon abgefahren. Eine schlechte Angewohnheit, die ich einfach nicht loswerde. Wenn der Koffer gepackt ist, würde ich am liebsten sofort losfahren, deshalb packe ich ihn immer auf den letzten Drücker. Je weniger Tage bleiben, desto zahlreicher kommen sie mir vor, fünf Tage warten zu müssen erscheint mir länger als

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