Einfach mal die Schnauze halten! - Rick ; Bd.3
das Gespräch
mit Frau Püttelmeyer. Zumindest habe ich ihr die Sache
mit dem Schulverweis gestern Abend am Telefon ausreden
können.«
Ich schluckte und verließ wortlos die Wohnung.
Noch nie hatte ich so viel Zeit für den Schulweg gebraucht.
Selbst eine fette schleimige Weinbergschnecke hätte mich
abgehängt.
»Rick!«
Das war Vladi. Ohne aufzuschauen, schlich ich weiter,
aber er hatte mich bald eingeholt – na ja, war ja auch kein
Wunder.
»Du kannst ruhig schneller gehen.« Er klopfte mir kurz
auf den Rücken. »Die Püttelmeyer ist krank.«
Ich packte ihn an den Schultern und starrte ihm in die
Augen. »Vergackeier mich nicht! Echt?«
Vladi nickte und schüttelte meine Hände ab. »Klaro.
Hat meine Mutter mir gesagt. Die kommt die ganze Woche
nicht mehr. Irgend so 'ne Nervensache.« Er grinste wissend.
»Das hat man davon, wenn man zu viel Radio hört,
nicht wahr?!«
Vladis Mutter war zwar die Sekretärin an unserer
Schule, trotzdem traute ich mich noch nicht, erleichtert
aufzuatmen.
Aber ein Blick ins Klassenzimmer genügte, und ich
wusste, dass Vladi keinen Mist erzählt hatte: Alle strahlten
von einem Ohr zum anderen!
Der Schulvormittag ging dann auch schnell herum.
Was unter anderem daran lag, dass mir so ziemlich jeder
Schüler der Tucholsky-Gesamtschule anerkennend auf die
Schulter klopfte. Mein unfreiwilliger Radioauftritt hatte
sich wie ein Lauffeuer verbreitet, und das, was ich über die
Püttelmeyer abgelassen hatte, schien fast schon so etwas
wie Kultstatus erreicht zu haben.
Die Einzige, die mich mit kompletter Nichtachtung
strafte, war Nelly. Und daran änderte sich auch in den
nächsten Tagen nichts. In der Schule war ich Luft für sie
und beim Eishockeytraining konnte sie mich nicht sehen. Mein scheinheiliger Vater hatte zwar vor Linda voll so
getan, als ob er ihren Wir-verstehen-und-hören-dich-Psycho-
Quatsch mitmachen wollte, mir aber anschließend
drei Wochen Eishockeyverbot aufgebrummt.
Und das nur, weil ich nichts als die Wahrheit gesagt
hatte! So sind Eltern eben. Sie wollen belogen werden.
Die Sache mit dem Haus war nun endgültig beschlossene
Sache und dank Wutz (meinem ehemaligen dicksten
WG-Kumpel) gingen die Renovierungsarbeiten in Mordsgeschwindigkeit
voran. Er feuerte die Bauarbeiter an,
als ob sein Leben davon abhinge. Angeblich hatte er so
viele Überstunden und deshalb Zeit, sich zu kümmern. Er
nannte es einen »Freundschaftsdienst«.
Von wegen. Der wollte uns loswerden. Und zwar so
schnell wie möglich.
Während Linda und Pa sich über lila Retro-Tapeten im
Schlafzimmer und malvefarbene Teppiche im Wohnzimmer
stritten, hing ich mega-angeödet in meinem Zimmer
herum. Mir war sogar so langweilig, dass ich heimlich
eines von Finns Büchern las, das er bei uns vergessen hatte.
Die Tage zogen allesamt in einem eintönigen Grau an
mir vorbei. Noch nicht mal Lindas angeekeltes Gekreische
konnte mich aufbauen, als sie mit nackten Füßen in ihre
Öko-Clogs schlüpfte. Das Gekreische nervte mich nur, und
deshalb beschloss ich, die Flucht zu ergreifen. Zum Maschsee.
Auf meiner Lieblingsbank 'ne Runde chillen.
Doch Finn hinderte mich daran. Als ich die Wohnungstür
aufzog, stand er auf einmal direkt vor mir.
»Kommst du mit zum Wing Tsun?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nö. Hab doch drei Wochen
Sportverbot!«
Linda, die gerade dabei war, sich Pas Superweiß-Mach-Zahnpasta von den Zehen zu wischen, horchte auf. »Aber,
Philipp, ich habe dir doch gesagt, was ich davon halte. Der
entwickelt sich völlig falsch, wenn man ihn so maßregelt.«
Pa grummelte irgendwas von Argumenten für solche
Strafen, aber Linda hatte kein Erbarmen.
»Nein, das kann ich nicht gutheißen«, erklärte sie streng.
»So etwas kann sich extrem negativ auf das Ökosystem unserer
gemeinsamen Familie auswirken.«
Ach so, wir waren also ein Ökosystem. Gut zu wissen.
Pa machte den Mund auf. Klappte ihn aber gleich wieder
zu, weil er wohl kapiert hatte, dass er gegen Linda-Schatzi
eh keine Chance hatte. Und so trabte ich kurz darauf mit
Finn zum Wing Tsun.
Tobi begrüßte uns mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Dachte schon, ihr kommt nicht mehr.«
Finn schüttelte wie verrückt den Kopf. »Wir waren beide
krank«, behauptete er und Tobis Miene wurde schlagartig
freundlicher.
Sag ich doch: Erwachsene wollen belogen werden!
»Okay, dann zieht euch um. In fünf Minuten geht's los.«
In der Umkleidekabine wurden wir von den anderen
eindeutig ehrfürchtig empfangen.
Na guuut! Finn wurde
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