Einfach mal die Schnauze halten! - Rick ; Bd.3
verpasst
hätte.
Aus dem Billardzimmer drang aufgeregtes Stimmengemurmel
zu mir herüber. Irritiert warf ich einen Blick auf
die Uhr.
Shit, schon wieder das Eishockeytraining verpasst! Unser
Trainer Johann wird mich in der Luft zerreißen und
anschließend meine eigenen Schnipsel aufsammeln lassen.
Gestern nicht, heute nicht und das alles, ohne mich vorher
abzumelden. Darauf steht bei Johann die Höchststrafe: Laufstiltraining mit Eiskunstläuferin Susanna! Als ob ich
nicht schon genug Ärger hätte.
Ich schleppte mich zur Tür und zog sie langsam auf. Linda hockte auf dem Sofa. Gismo lag zusammengerollt daneben.
Und Pa rannte mit eigenartig verschränkten Armen
vor ihnen auf und ab. Sein Gesicht glühte in den wildesten
Rottönen.
Als er mich entdeckte, blieb er abrupt stehen. Ich zog
den Kopf ein und machte mich auf das Allerschlimmste gefasst.
Doch das erwartete Donnerwetter blieb aus.
»Oh, Rick, haben wir dich geweckt?«, fragte er mit seltsam
hoher Stimme.
»Schon okay«, murmelte ich vorsichtig. »Blöd nur, dass
ich jetzt schon wieder das Training verpasst habe.«
Pa nickte verständnisvoll und ich raffte überhaupt nichts
mehr. Was ging denn hier gerade ab? Warum kochte der
nicht vor Wut? Weshalb wurde ich nicht auf der Stelle ungespitzt
in den Boden gerammt?
Auch Linda meckerte nicht. Sie lächelte selig und klopfte
auf den freien Platz zu ihrer Linken. »Wir haben gerade
über deinen kleinen Radioauftritt gesprochen.«
Aha, jetzt ging es los! Ich rührte mich nicht von der Stelle.
Linda hingegen sprang auf einmal auf und nahm mich in
den Arm. »Rick, was macht dich nur so wütend?«
»Ähm … weiß nich' …«, krächzte ich verdattert und befreite
mich vorsichtig aus ihren Fängen.
Doch kaum war ich den einen Klammeraffen los, da hing
auch schon der nächste an mir. Pa presste mich an sich, als
ob er eine Briefmarke aus mir machen wollte. »Wir wollen
doch nur das Beste für dich und Finn.«
»Also ziehen wir nicht in die Bruchbude um?«, fragte ich
hoffnungsvoll.
Pa holte ziemlich lange Luft, dafür, dass dann einfach
nur ein schlichtes »Nein!« folgte.
»Wie jetzt? Umziehen: nein, oder nicht umziehen: nein?«
Er ließ die Arme sinken. »Selbstverständlich ziehen wir
um!«, ranzte er mich an.
Alles klar. Das war's dann wohl mit der Schmusekaternummer.
Linda räusperte sich vorwurfsvoll und zog die Augenbrauen
hoch. »Bärchen, was hatten wir gerade besprochen?
«
Pas eben noch so stinkiges Gesicht verzog sich zu einem
gequält freundlichen.
»Ja, ja«, murmelte er wie in Trance, »wir gehen auf Rick
ein. Wir machen ihm keine Vorwürfe.«
Linda nickte zufrieden in seine Richtung. Dann war ich
wieder an der Reihe. »Du musst einfach mal alles rauslassen,
Rick. Die Feueratmung wird dir helfen, deine Gedanken
zu sortieren und dich zu öffnen. Pass auf, es ist ganz
einfach.«
Schon presste sie die Hände flach an ihre Rippen und begann,
mit geschlossenem Mund wie ein Hund zu hecheln.
Ich glotzte sie an. Fassungslos. Dann sah ich zu Pa, und
als auch er langsam seine Hände Richtung Brustkorb schob,
erwachte ich aus meiner Erstarrung.
»Ihr-ihr … seid doch total irre!«, stieß ich hervor und
wollte mich so schnell wie möglich vom Acker machen,
bevor die beiden noch tatsächlich Feuer spuckten.
»Rick, Weglaufen ist keine Lösung. Du musst dich deinen
Ängsten und Sorgen stellen«, hechelte Linda.
Aber da ließ ich schon meine Zimmertür geräuschvoll
hinter mir zuknallen. BAMM!
Am nächsten Morgen bebte das Billardzimmer von Wutz'
uralter Status-Quo -Mucke. Ich linste durch den Türspalt,
entdeckte aber nicht Wutz, sondern Pa, der zur Musik Gewichte
in die Höhe stemmte.
Als ich ins Zimmer trat, ließ er vor Schreck eine der Hanteln
auf seinen Fuß fallen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hüpfte er im Raum herum, dann warf er sich schnell aufs
Sofa und tat so, als ob er in der Tageszeitung lesen würde.
Mann, wie scheinheilig war das denn?! Vor Linda den in
sich ruhenden Yogi spielen und hinter ihrem Rücken einen
auf harten Muckimann machen.
»Ich geh jetzt mal zur Schule.«
Pa schaute überrascht auf. »Ach, Rick, ich hab dich gar
nicht bemerkt, ja … ähm, guten Morgen.«
Ich grinste breit. Meinem Pa war echt nicht mehr zu helfen.
Doch dann gab er mir noch einen hammerharten Seitenhieb
mit auf den Weg, indem er mich an das schlammschleimige
Donnerwetter erinnerte, was mich in der Schule
bestimmt gleich überrollen würde.
»Na ja, ich drücke dir mal die Daumen für
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