Einfach sexy
jedoch nicht vorstellen können, dass es auch anders ging. Damals war Julia mit ihrer Familie in die Nachbarschaft gezogen, Chloe ein paar Monate später. Und Chloe hatte es auch nicht eben einfach gehabt.
Mrs. Boudreaux hatte Kate die Augen geöffnet. Die wundervoll ordnungsliebende Frau hatte ihr klar gemacht, dass Mütter
sich nicht tagelang im Bett herumfläzten. Und auf Julias hübschem Himmelbett waren immer frische Laken gewesen, ganz anders als bei Kate.
Mrs. Boudreaux trug elegante Hosenanzüge wie Nancy Reagan. Kates Mutter kleidete sich in fließende Gewänder, die wie duftige, windzerzauste Übergardinen flatterten. Mary Beth war immer schon eine Träumerin gewesen. Kate stellte die Verbindung zur Realität dar, motiviert durch die schillernde Persönlichkeit und Liebe ihrer Mutter, an der sie doch wiederholt zweifeln musste. Kate hasste die wechselnden Partnerschaften, trotzdem begriff sie letztlich, dass ein neuer Mann im Haus immer auch bedeutete, dass Mary Beth wieder jeden überschwänglich lieben würde.
Als sie älter wurde, kümmerte sich Kate um Suzanne, lernte Rechnungen zu bezahlen, Gerichtsvollzieher abzuwimmeln, wenn das Geld mal wieder nicht gereicht hatte, und den Scheidungsanwalt anzurufen, wenn wieder einmal ein »Dad« kapitulierte.
Nach all den Jahren der Erinnerungen war Kate jetzt richtig froh, als das Essen kam und sie an etwas anderes denken konnte.
»Du lieber Himmel, damit könntest du ganz China satt kriegen«, rief Julia. Was sie nicht daran hinderte, erbarmungslos zuzuschlagen – allerdings mit der ihr eigenen Eleganz und Etikette.
Bei Chloe und Julia und dem besten Barbecue der Stadt vergaß Kate Tier-Show und Psychologin. Emotional bewegt fasste sie die Hände ihrer beiden Freundinnen. »Ihr seid doch die Besten. Bin ich froh, dass ihr mich aufgespürt habt.«
»Wir würden dich doch nie hängen lassen«, sagte Chloe.
Julia lehnte sich zurück. »Kriegt ihr jetzt etwa euren Moralischen? Natürlich hätten wir dich wie die Stecknadel im Heuhaufen gesucht.«
»Erinnert ihr euch noch an meine Zöpfe?«, fragte Kate.
»Wie ich die Lachnummer war, weil meine Mutter darauf bestand, mir die Haare zu flechten?«
»Die anderen Kinder nannten dich Schwarzwaldmädel«, kicherte Julia.
Chloe nickte versonnen. »Kinder können echt gemein sein.«
»Deine Zöpfe hatte ich ganz vergessen«, sinnierte Julia, nachdem sie einen Bissen geschluckt hatte. »Deine Mutter gehörte wirklich erschossen. Das einzig Positive an ihren selbst inszenierten Dramen ist, dass du wenigstens nicht so geworden bist wie sie. Ihre Vorstellung vom Muttersein muss sie einem Ratgeber entnommen haben, den die alte Hexe aus Hänsel und Gretel verfasst hat. Hat Mary Beth etwa auch versucht, dich in den Ofen zu stecken?«
»Julia!« Chloe und Kate brüllten vor Lachen.
»Okay, okay, war nur so gedacht.«
»Jedenfalls«, fuhr Kate fort, »hast du meine grässliche Frisur und den gnadenlosen Spott der anderen wahrgenommen und bist dann am nächsten Tag auch mit Zöpfen zur Schule gekommen.«
Julia winkte ab. »Ich wollte einen neuen Stil kreieren.«
»Du wolltest damit demonstrieren, dass wir Freundinnen sind. Niemand hätte sich über Julia Boudreaux lustig gemacht – oder über mich, nachdem du dich auf meine Seite geschlagen hattest. Leider wissen die wenigsten, was für ein gro ßes Herz hinter deiner aufgebrezelten Fassade steckt.«
Leicht verlegen stocherte Julia mit dem Strohhalm in ihrer Cola herum. Nettigkeiten und Emotionen waren nicht ihre Sache. »Vielleicht spielen deine Hormone verrückt, oder deine Nerven sind überreizt, Kate.« Sie lächelte beinahe gerührt. »Trotzdem mag ich dich, wie du bist.«
Nach dem Essen gingen die drei gemeinsam zum Parkplatz. Julia nahm Kates Arm. »Bin ich froh, dass du wieder gut drauf bist, Süße. Fahr jetzt nach Hause, und erhol dich von dem Stress. Morgen sehen wir weiter.«
Chloe drückte ihre Freundin herzlich, dann stieg sie zu Julia in den Lexus.
Moralisch wieder aufgebaut, beschloss Kate, Parker in seinem Büro zu überraschen. Sie dachte an seinen zärtlichen Kuss und an das leichte Flattern im Bauch, als sie Händchen gehalten hatten.
Leider traf sie ihn nicht dort an, und da es bereits vier Uhr nachmittags war, fuhr sie kurz entschlossen nach Hause.
Als sie den Motor abstellte, bemerkte sie Travis’ gemietetes Schlägerset, das an der Hauswand lehnte. Vermutlich hockten der Junge und Jesse irgendwo in den alten Pappeln. Und richtig, sie
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