Einfach sueß, diese Janey
Menschen gebraucht hatte. Sie versuchte nicht, darüber nachzudenken, warum ausgerechnet ihn, sondern wusste nur, dass es so war. Langsam wählte sie seine Nummer und wartete sehnsüchtig auf den Klang. seiner Stimme, wie eine Ertrinkende auf einen Rettungsring.
"Hallo?" Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang atemlos und sehr weiblich.
"Ist Vic da?"
"Ja, aber er schläft." Es war das Schnurren einer zufriedenen Katze. "Soll ich ihm etwas ausrichten?"
"Nein. Doch. Würden Sie ihm sagen, dass Janey angerufen hat? Es hat einen Todesfall in meiner Familie gegeben, deshalb kann ich morgen früh nicht zur Arbeit kommen."
Er würde es wissen. Er würde wissen, dass es ihr Vater sei und dass sie ihn brauchte. Oft genug hatte sie Einblicke davon bekommen, wer Vic Hamilton wirklich war. Unter seiner stählernen Fassade verbarg sich ein Herz aus Gold. Er würde zu ihr kommen.
"Hi, Mel." Vic kam barfuß und ohne Hemd aus dem Schlafzimmer und reckte sich.
"Ich mag es nicht, wenn du mich Mel nennst", sagte sie eisig.
"Hab etwas Nachsicht, ja? Ich bin eben erst aufgewacht., Seit wann bist du hier?"
"Erst ein paar Minuten. Du hast auf mein Klopfen nicht geantwortet, deshalb habe ich aufgeschlossen. Mein Wagen stand draußen vor dem Haus, ich nahm also an, dass du da seist."
"Hmm." Vic ging zum Kühlschrank und warf einen Blick hinein Die angebrochene Dose Sardinen begann schon verdächtig zu riechen. Da blieb nur noch die Cola-Dose. Vic entschied sich dafür, öffnete sie und trank einen tiefen Schluck.
"Es passt gar nicht zu dir, tagsüber zu schlafen." Melanie sah ihn argwöhnisch an. "War es eine harte Nacht?"
"Yeah, ich habe den Kerl erwischt, der an meinem Bau sabotiert hat."
"Ach so." Die Erleichterung war nicht zu überhören.
Wem wollen wir etwas vormachen? dachte Vic. Melanie wusste es, dass er sich von ihr entfremdet hatte. Vielleicht hatte sie es schon vor ihm erkannt. Es hatte keinen Sinn, es unnötig hinauszuziehen.
"Melanie, wir müssen miteinander reden."
"Ach herrje! Es gefällt mir nicht, wie du das sagst."
"Ich mag dich, Melanie. Wir hatten eine sehr schöne Zeit zusammen. "
"Bitte, red nicht weiter."
"Es tut mir leid", sagte er sanft.
"Sie ist der Grund, nicht wahr?"
Gern hätte Vic den Arglosen gespielt und alles zornig abgestritten. Doch er war zu ehrlich dazu, deshalb sagte er lieber nichts.
"Tja, ich hatte große Hoffnungen für uns", sagte Melanie mühsam beherrscht.
"Wir haben nichts gemeinsam", gab er zu bedenken. "Wir haben versucht, uns in der Mitte zu treffen, und es nie geschafft."
"Oh, und ich dachte, in gewisser Hinsicht hätten wir sogar sehr gut zusammengepasst", widersprach sie mit einem leidenschaftlichen Aufleuchten in den Augen.
"Melanie, ich bin kein Teenager mehr. Ich erwarte von einer Beziehung mehr als nur das."
"Und bei dieser Kleinen in ihrer Zimmermannsschürze kannst du es finden? Sie kann dir etwas geben, was ich nicht kann?".
"Ich weiß es nicht. Bei unserer letzten Begegnung haben wir uns heftig gestritten. Vielleicht redet sie nie wieder mit mir. Aber sie hat mir zumindest bewusst gemacht, was für eine Beziehung wirklich wichtig ist."
"Und das wäre?"
"Es ist nur ein Gefühl, warm, lebendig, erregend. Zusammen mit Respekt und Zuneigung und der Fähigkeit, über die gleichen Dinge lachen zu können."
"Mit Verlaub, das klingt mir etwas langweilig."
"Ich sage ja, wir sind zu unterschiedlich, Melanie. Ich bin ein einfacher Mann. Ich mag Blue-Jeans, Pritschenlaster und Joe-Burgers, Sonne, Schweiß und den Geruch von Sägespänen."
"Wahrscheinlich hast du recht." Melanies Blick schweifte unschlüssig umher und richtete sich auf die Gemälde über dem Sofa. "Zum Beispiel diese beiden Bilder, die ich ausgesucht habe. Sie haben dir nie gefallen, nicht wahr?"
"Sie passen einfach nicht zu mir, Melanie."
"Tja, wir können nicht alle für Stierkämpfer auf schwarzem Samt schwärmen." Eine Spitze, die Vic überhörte, weil er spürte, dass Melanie verletzt war. "Hättest du etwas dagegen ..?"
"Nein, nimm sie mit."
"Danke. Ich hoffe, wir bleiben Freunde. Vic, wirklich. Falls es nicht so läuft, wie du es dir erhoffst. . ."
"Danke." Er nahm die Bilder von der Wand und trug sie ihr schweigend zum Wagen. Sie würde nicht weinen. Ahnte sie, dass ihre Beziehung vielleicht eher eine Chance gehabt hätte, wenn sie eine Frau gewesen wäre, die weinen konnte, wenn sie sich gekränkt fühlte?
Vic stellte die Gemälde auf den Rücksitz. Melanie stieg ein und
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