Einfach verliebt!: Roman (German Edition)
Dieser Mann war es sicherlich gewohnt, zu bekommen, was er wollte.
Er trug ein gut sitzendes Maßhemd über breiten Schultern. Er hatte schmale Hüften und lange Beine. Während er so dastand, kümmerte es ihn offenbar überhaupt nicht, dass er sich bei verschlossener Tür auf einer Damentoilette befand – mit einer Frau, die er gar nicht kannte. Weder lächelte er, noch sagte er ein Wort, dennoch fühlte sie sich durch seinen Blick angezogen. Nach einem weiteren Moment verengten sich allerdings seine Augen ein wenig, und er schüttelte den Kopf, bis er sich schließlich auf Chloes Blessuren konzentrierte.
»Lassen Sie mich mal Ihre Hände ansehen.«
Er wartete ihre Einwilligung gar nicht erst ab, sondern fasste sie an den Handgelenken und zog ihr die zerrissenen Handschuhe aus. Dieses Mal hielt sie den Atem an, als er mit seinen großen, sonnengebräunten Händen ihre vergleichsweise blassen Hände umfasste.
Zum Glück hatten die Handschuhe ihre Handflächen geschützt. Ihre Unterarme hatten leider weniger Glück gehabt.
»Ihre Arme müssen ziemlich schmerzen«, sagte er, während er sie betrachtete.
Kaum hatte er das gesagt, bemerkte sie, wie Recht er damit hatte.
Er griff nach einem der Luxuspapierhandtücher und weichte es in warmem Wasser ein. Dann wischte er ihr sehr sanft das Blut und den Straßenschmutz ab. Das prickelnde Gefühl, das dieser energische Mann in ihr verursachte, ließ sie ihre stechenden Schmerzen vergessen. Er hingegen war ganz auf seine Aufgabe konzentriert, was sich daran zeigte, wie er den Kopf neigte, um alles besser sehen zu können. Sie beobachtete ihn.
Sie nahm seine Atemzüge wahr, die ihrem Ohr wie Liebkosungen klangen. Dabei hielt er sanft ihren Arm und säuberte ihre Wunden. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so berührt worden war – von irgendjemandem.
Er blickte auf. »Wie geht es Ihnen?«
»Gut«, flüsterte sie.
Besser als gut. Ihr war merkwürdig zumute, heiße Tränen der Sehnsucht brannten ihr in den Augen, als er zustimmend nickte und ihre Knie zu säubern begann.
Aber die zerrissenen Strümpfe waren im Weg. Umstandslos griff er ihr unter das Kleid. Ihr stockte der Atem. Er berührte ihre Beine wie die einer Geliebten. Empfindungen, die nichts mit Wunden und Heilen zu tun hatten, ergriffen Besitz von ihr, bis sie merkte, dass sie die Knie zusammenpressen musste. Aber sie konnte nicht, denn sein Unterarm und seine Hand waren im Weg. Ihr schwindelte, als er den Rand ihrer ruinierten Strümpfe ertastete – erst den einen, seine Hände so nahe an ihrem Dreieck, dann den anderen -, und schließlich die Strümpfe mit einem Ruck herabzog und in den Abfallkorb warf.
Dies war zwar keineswegs als sexuelle Handlung beabsichtigt gewesen, doch da die einzige körperliche Aufmerksamkeit ihr vor Ewigkeiten bei der Maniküre von jemandem entgegengebracht worden war, brachte die Berührung dieses Mannes sie umso mehr aus der Fassung. Ihr wurde klar, dass sie auf diese Art von Gefühl ein Leben lang gewartet hatte. Intensiv. Wie ein Traum, aus dem man nicht erwachen möchte.
Chloe hatte ihr Leben in eine strenge Form gegossen, die sie für akzeptabel hielt. Doch inzwischen fragte sie sich, ob der Preis, den sie dafür bezahlte, vielleicht doch zu hoch sei.
Als sie die Hände des Mannes auf ihren Schenkeln spürte, stieg etwas in ihr auf.
Widerstand gegen alles, was sie für anständig und richtig hielt.
War es Leichtsinn?
Nein, das nicht. Nichts derart Kompliziertes. Sondern einfach nur heiße, zügellose Begierde.
Aber sie hatte nicht vor, sich solchen Gefühlen hinzugeben, erst recht nicht bei einem Wildfremden. Sie war klug. Sie war vernünftig.
»Das hätte ich auch selbst erledigen können«, sagte sie, während sie ein wenig nervös hin und her sah und sich bemühte, den Blick auf etwas anderes zu heften als auf sein weiches Haar.
»Schon erledigt.«
Er konzentrierte sich auf ihr Knie. Sie bemühte sich, die alte Chloe wiederzufinden, die, die sie kannte, die, die verlangen würde, dass er seine Hände von ihr nähme.
»Ich habe versucht, einschüchternd zu klingen«, sagte sie.
Er blickte zu ihr auf; eine Braue gehoben. »Ich nehme an, es war das Kieksen in Ihrer Stimme, das mich umgehauen hat.«
»Ich habe nicht gekiekst!«
»Doch.«
Sie war fassungslos. »Die Sache hier läuft wirklich nicht so, wie sie sollte.«
»Ich wusste gar nicht, dass es eine vorgeschriebene Art gibt, nach der die Sache hier zu laufen hat.«
»Doch.«
»An
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