Einfach verrückt!: Roman (German Edition)
manikürten Fingernägel schimmerten wie hellrosa Juwelen. »Ich bemühe mich ja bloß, das alles zu verstehen. Willst du damit sagen, dass du fast Sex mit einem Fremden hattest, und zwar aus keinem anderen Grund als dem, dass du mit ihm schlafen wolltest?«
Chloe konnte einfach nicht lügen, egal, wie unangenehm eine Sache war. »Ja, ich meine, es hat mich einfach überkommen. Ich wollte Sex haben. Allerdings nicht mit einem x-beliebigen Mann. Sondern mit dem Mann. Die Art, wie er mich angesehen hat, vielleicht war es auch die Art, wie er mich vor dem Wind geschützt hat. Oder weil er mir die Arme und Knie vom Sand und von dem Straßenschmutz gesäubert hat.« Sie schob die langen Ärmel hoch und hielt die Arme in die Höhe, um ihre Schürfwunden zu zeigen.
Kate und Julia waren angemessen bestürzt.
»Es war, als hätte ich loslassen können und an nichts mehr denken müssen, weil ich ja seinen Namen nicht kannte und er meinen nicht und ich ihn nie wiedersehen würde.« Chloe senkte den Kopf. »So, nun wisst ihr Bescheid.«
»Gut gemacht. Allerdings hoffe ich, dass du vor dem Hauptereignis ein Kondom aus der Tasche ziehen wolltest.«
»Ich trage keine Kondome bei mir!«
»Dann solltest du besser damit anfangen, wenn solche Eskapaden bei dir zur Gewohnheit werden. Ach, und vielleicht solltest du dir ein paar von diesen reizenden Sexspielzeugen ausleihen, die Kate für die damalige Folge von Live with Kate benutzt hat, als auch sie beschlossen hatte, durchzudrehen und sexy zu sein.« Julia schaute nachdenklich. »Irgendetwas muss in der Luft liegen.«
Kate errötete. Dennoch wirkte sie mehr als zufrieden mit sich – vielleicht war sie aber auch einfach nur mit dem Ergebnis dieser desaströsen Show zufrieden. Was sie auch sein konnte. Denn am Ende hatte sie die Liebe ihres Lebens gefunden.
»Das wird nicht zur Gewohnheit werden!«, nölte Chloe. »Mehr noch, es wird nie, ich wiederhole, nie wieder passieren. Ich werde mir keine Sexspielzeuge zulegen, und ich werde diesen großen Fehler mit Sicherheit nicht wiederholen!«
Julia sah Chloe verschmitzt an. »Apropos groß … wie weit seid ihr beide denn gekommen, um herauszufinden, ob er, du weißt schon, groß war?«
Kate hätte beinahe losgeprustet. Chloe war nicht imstande, eine Antwort darauf zu geben.
Julia und Kate blickten einander an, dann lachten sie laut los. »Sie ist wieder da«, erklärten sie im Chor.
»Was soll das heißen?« Julia tätschelte ihr die Hand. »Nur dass unser süßer Tugendbold zurückgekehrt und jede Spur der verruchten Frau verschwunden ist.«
»Genau«, sagte Chloe. »Jede Spur davon ist verschwunden.«
Und das stimmte. Ihre wohl geordnete Welt war in ihre normale Umlaufbahn zurückgekehrt. Ordnung war ihr wichtig. Listen ebenso. Sie wusste gern, dass sie ihr Leben im Griff hatte. Und sie hatte nicht vor, dies alles wegen ein paar Minuten flüchtiger sexueller Befriedigung mit einem gut aussehenden Mann mit kräftigen Händen, die über ihre Haut geglitten waren, als hätte er sie schon viele Male zuvor berührt, einfach aufzugeben.
Bei dieser Erinnerung keimte ein Hauch Sehnsucht in ihr auf. Vielleicht, wenn sie sich noch einmal mit ihm traf, nur einmal … Nein, auf keinen Fall.
Sie nickte entschlossen, was ihr das Gefühl gab, sich wieder ein wenig im Griff zu haben.
So war es immer, wenn sie mit ihren Freundinnen beisammensaß. Kate und Julia hatten sie unter ihre Fittiche genommen, nachdem Chloes Mutter gestorben war. Der Staat hatte dafür gesorgt, dass sie bei ihrer Großmutter leben konnte, eine wunderbare, aber strenge Frau, die sie von ganzem Herzen geliebt hatte. Nach ihrem Tod hatte Regina Sinclair Chloe außer ihrem Haus ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl und unumstößliche Moralvorstellungen vermacht.
Das lag jetzt ein Jahr zurück, und der plötzliche Tod ihrer Großmutter hatte Chloe traurig zurückgelassen. Aber sie war nicht lange allein geblieben, denn ihr Vater, den sie nie richtig gekannt hatte, erlitt einen Herzinfarkt. Das Krankenhaus hatte auf seine Bitte hin bei ihr angerufen, und sobald er entlassen worden war, war er bei ihr eingezogen.
Während seiner Rekonvaleszenz im vergangenen halben Jahr hatte Chloe sich bemüht, eine gemeinsame Basis mit ihrem Vater zu finden. Er war ein reizender Mann, wunderbar und glücklich. Aber sie wusste nicht, wie sie die höfliche Distanz zwischen ihnen überwinden sollte. Sie machte sich Sorgen um ihn, und obwohl sie ihn nicht besonders gut kannte,
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