Einfach verrückt!: Roman (German Edition)
zugewandt, die er bastelte. Ihre Großmutter hatte sich ein Lächeln verkniffen.
Aber heute Morgen hätte Ben niemanden zum Lächeln gebracht. Er sah müde und fertig aus. Sterling empfand echte Sorge, als er seinem Bruder die Hand schüttelte.
»Ben«, begrüßte er ihn.
»Sterling.« Ben schob die Hände in die Taschen seiner Jeans. »Was führt dich in die Stadt?« Er fragte mit scharfem Ton, als wollte er die Antwort gar nicht hören. »Ich habe Mutter gesagt, dass ich nicht nach Hause komme.«
»Ach so, du glaubst, dass sie mich hergeschickt hat.«
»Hat sie’s denn nicht?«
Sterling wich der Frage aus. »Ich hin hier, weil ich ein Geschäft abschließen muss.«
»Ich dachte, Trey Tanner wäre dein Handlanger.«
»Trey hat sich als zu nachgiebig erwiesen. Aber das müssen wir jetzt nicht vertiefen. In einer Stunde, um zehn, treffe ich mich mit den Leuten vom Sender. Komm doch mit.«
»Sterling, wie oft muss ich dir noch sagen, dass mich diese Branche nicht interessiert.«
»Das weiß ich. Aber ich dachte, wir könnten nach der Besprechung gemeinsam zu Mittag essen.«
»Wir können uns treffen, wo immer du willst.«
»Leider habe ich hier keinen Wagen.«
»Wie bitte? Gibt’s hier denn keine Mietwagen?«
»Komisch, aber ich wollte dich wirklich sehen. Kleiner Scherz! Wenn du zu der Besprechung mitkämst, könnte ich dir damit imponieren, wie bedeutend Prescott Media tatsächlich ist, dachte ich.«
»Zwei Rühreier bitte, Schinken, Bratkartoffeln und einen gro ßen Orangensaft.«
»Was für einen Toast?«
»Weizen. Nein, lieber Vollkorn.« Chloe zögerte. Sie überlegte, was sie sonst noch bestellen sollte, dann hatte sie sich entschieden. »Und dazu noch Pfannkuchen, bitte.«
»Was ist denn?«, fragte sie, als Kate und Julia grinsten.
»Das muss ja eine wirklich ernste Krise sein, wenn du das alles brauchst«, sagte Kate.
»Ich hab Hunger.«
»Wie man sieht«, witzelte Julia.
Da Chloe sich nach dem Debakel vom Vorabend geschworen hatte, mit keinem Mann jemals wieder auch nur ein Wort zu reden, spielten dicke Oberschenkel schließlich auch keine Rolle mehr.
Heute Morgen war von der Frau des vorangegangenen Abends keine Spur mehr zu erkennen. Die vernünftige Chloe war zurückgekehrt, mit ihrer konservativen Kleidung und dem straffen Haar, den Sommersprossen, die nicht mehr von Make-up bedeckt waren. Wenn sie doch nur das Techtelmechtel in der Damentoilette des Hotels ebenso leicht wegwischen könnte. Na ja, vielleicht nicht völlig wegwischen. Ihr Körper kribbelte immer noch ein wenig bei der Erinnerung daran, wie der Fremde sie berührt hatte. Seine Hände auf ihrer Haut. Aber ebenso erinnerte sie sich an die riesige Peinlichkeit, als der Hausmeister des Hotels und mehrere Frauen den Raum betraten. Frauen finden definitiv keinen Gefallen daran, von der Toilette ausgesperrt zu sein.
Sie schüttelte den Kopf.
Die Kellnerin nahm ihr die Speisekarte ab und klemmte sie sich in die Armbeuge. Dann nahm sie den Bestellblock zur Hand und zückte den kleinen Bleistift, um die Bestellung aufzunehmen.
Julia bestellte Toast und Kaffee; ihr goldenes Armband klirrte auf der Resopal-Tischplatte, ihre fast hüftlangen Haare waren zu einem eleganten Pferdeschwanz zusammengebunden.
Von den drei Freundinnen war Julia die Schönheit. Kate war hübsch mit ihren Locken und den haselnussbraunen Augen. Und sie selbst war, wie sie fand, auf eine respektable, quietschsaubere Weise unattraktiv.
Kate warf einen Blick auf die Speisekarte. »Ich nehme die herzförmigen Pfannkuchen, mit Erdbeersirup.«
»Von der Kinder-Speisekarte?«, fragte die Kellnerin erstaunt.
Julia lachte. »Nein, von der ›Sie ist irre verliebt‹-Karte«.
»Verklag mich doch«, gab Kate mit einem Sehr-verliebt-Lächeln zurück, als die Kellnerin den Tisch verließ.
Julia lachte. »Nicht nötig. Es ist erlaubt, irre verliebt zu sein.«
»Man wird sogar dazu ermuntert«, fügte Chloe hinzu.
Kate seufzte verträumt. »Doch genug von mir. Wir müssen einen Krisenfall besprechen. Also, Chloe, schieß los.«
Chloe atmete tief ein. Einen Moment lang fragte sie sich, ob sie den anderen beiden überhaupt von ihrer Begegnung mit dem Fremden erzählen sollte, obwohl es sich um ihre besten Freundinnen handelte. Aber dann schalt sie sich und ließ eine ausführliche, monotone und reportagehafte Schilderung und gründliche Analyse ihrer Gefühlszustände vom Stapel, nachdem sie bei dem Test durchgefallen war. Sie berichtete von ihrem Gefühl,
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