Einfach verrückt!: Roman (German Edition)
Selbstsicherheit und Kraft ausstrahlte. Und er war hier!
O nein, er ist hier!
Ihre Panik mischte sich mit einem jähen Gefühl: Sie wollte die Arme um ihn werfen, zugleich aber am liebsten im Boden versinken.
Chloe stöhnte leise auf und wollte sich abwenden, entschlossen, Lucy, der Empfangsdame, die Nachricht zukommen zu lassen, sie sei ganz plötzlich unabkömmlich. Doch sie hatte nicht leise genug gestöhnt. Julia sah sie streng an, packte sie am Arm und flüsterte ihr zu: »Jetzt gilt’s.«
Ist ja toll, toll, toll.
Also gut, dachte Chloe, nur keine Panik. Sie würde das schon hinkriegen. Außerdem trug sie das Haar heute glatt, die Sommersprossen auf ihrer Nase glänzten, und nirgends war auch nur ein Hauch von Make-up zu sehen. Wie standen die Chancen, dass er sie wiedererkannte?
Sie kramte in der Jackentasche nach ihrer übergroßen Brille, setzte sie auf, um auf Nummer sicher zu gehen, zog das Kinn ein und betrat hinter Julia und Kate den Raum. Dabei hielt sie sich den Notizblock schützend an die Brust und registrierte, dass ihre Haare gegen ihre Wangen schwangen – hoffentlich so, dass man nicht ihr Gesicht erkennen konnte.
Julia trat ans Kopfende des Konferenztisches. »Ich bin Julia Boudreaux, und das hier ist Kate Bloom Chapman von unserer ungeheuer erfolgreichen Sendung Live with Kate . Und dies ist Chloe Sinclair, unsere Geschäftsführerin.«
Der andere Mann, nicht der des Abends zuvor, schüttelte Julia die Hand. »Ich bin Ben«, sagte er schlicht.
Julia zuckte zurück, als ob seine Berührung sie überrascht hätte. Sie zwinkerte, dann noch einmal und schüttelte den Kopf. Aber dann war dieser merkwürdige Augenblick vorüber, und sie hatte sich wieder gefangen. Sie musterte den Mann von oben bis unten und sagte schließlich: »Ich hatte mir schon gedacht, dass Sie nicht Trey Tanner sind. Nach den Mails zu urteilen, die ich mit ihm gewechselt habe, konnte ich mir nicht vorstellen, dass er zu einer wichtigen Besprechung in Jeans erscheint.«
Ben lachte. Julias überraschend schroffe Bemerkung schien ihn überhaupt nicht zu beeindrucken.
Chloe nahm rasch Platz. Sie hätte schwören können, dass der andere Mann den Blick auf sie richtete und sich in diesem Moment vermutlich an sie erinnerte. Genauso, wie sie sich an ihn erinnerte. Trey Tanner. Wie standen die Chancen, dass der Mann, den Julia beauftragt hatte, dem Sender zu helfen, sich als der Mann aus der Toilette entpuppte?
Chloe murmelte eine Begrüßung.
»Hast du was mit deiner Stimme?«
Die Frage kam von Kate, die ihr – wie Chloe aus dem Augenwinkel sah – einen seltsamen Blick zuwarf.
»Ich glaube, ich bekomme eine Erkältung.« Chloe schniefte zur Bestätigung.
Kate blickte sie von der Seite an. »In den letzten fünf Minuten?«
Chloe betrachtete ihren Notizblock und tat so, als schriebe sie etwas.
Julia wandte sich an den anderen Mann. »Also, Sie müssen Trey Tanner sein.«
Er starrte Chloe noch immer an – und hob verwirrt die Brauen. Chloe wappnete sich gegen das, was er als Nächstes sagen würde.
»Sie sind’s!«
»Ich hätte nie geglaubt, dass ich Sie wiedersehe!«
»Ich war am Boden zerstört, als Sie einfach so von mir weggelaufen sind!«
»Sie sind die umwerfendste, schönste Frau, die ich je kennen gelernt habe, und ich kann keine Sekunde mehr ohne Sie weiterleben!!«
»Entschuldigen Sie, aber da scheint ein Missverständnis vorzuliegen«, sagte er, und wieder überflutete seine tiefe Stimme ihre Sinne. »Ich bin zwar von Prescott Media, aber ich -« Chloe reckte den Kopf. »Was?«, entfuhr es ihr.
Alle Blicke im Zimmer richteten sich auf sie. Sie warf ihren Schreiber auf den Notizblock. »Habe ich Sie da richtig verstanden? Sie sind von Prescott Media?«
Er würdigte sie kaum eines Blickes. Mehr noch, sie bemerkte plötzlich, dass er sie gar nicht angesehen hatte. Auch war er offenbar nicht glücklich darüber, dass man ihn unterbrochen hatte. Er war gar nicht kurz davor, ihr seine Bewunderung und seine Liebe kundzutun, sondern hatte sie – wie sich jetzt herausstellte – nicht einmal wiedererkannt!
Chloe stellte erleichtert fest, dass sie außer Gefahr war.
Er hatte sie nicht wiedererkannt!
Rasch gefolgt von einem mauligen Er hat mich nicht wiedererkannt!
Dennoch, sie konnte es einfach nicht fassen – War sie ohne Make-up denn so bemitleidenswert hässlich, dass er nicht einmal eine Ähnlichkeit feststellte?
Auf der einen Seite war ihr klar, dass sie völlig irrational reagierte. Dabei
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